Schlägel&Eisen-Tango
Die marode Zechensiedlung „Schlägel und Eisen“ in Gladbeck-Zweckel.
In den amerikanischen Wild-West-Filmen kamen die sogenannten Geisterstädte häufig vor. Ein einsamer guter Cowboy ritt im Auftrag der Gerechtigkeit auf staubigen Pfaden in die verlassene ehemalige Goldgräberstadt. Die Türen knarrten und durch die Fenster pfiff der Wind. Ein letzter verbliebener alter, verhärmter Goldschürfer vor einer windschiefen Blechhütte erzählte dem Neuankömmling von der Gier der Menschen, von den Saloons, von den Spielhallen und von den jungen Mädchen, die sich fast alle nur prostituierten konnten, weil die Männer nur harte Arbeit, den Suff und das Zocken, aber keine Liebe kannten.
Mit dem Bau der bekannten „Schlägel und Eisen-Siedlung“ entlang der Bohnekampstraße in Gladbeck-Zweckel wurde genau vor hundert Jahren begonnen. Ziel war es, Arbeiter aus Deutschland und Europa für den Abbau des „Schwarzen Goldes“ für die Zechen „Zweckel und Scholven“ anzuwerben. Für die ungelernten, armen Zuwanderer mit ihren vielen Kindern wurde die Siedlung zum kleinen Paradies. Zwar war die Arbeit unter Tage damals unmenschlich und manchmal so heiß, wie die angebliche Hölle und auch schlecht bezahlt. Trotzdem war jeder Bergmann mächtig Stolz auf seine Arbeit. Als nach dem „Zweiten Weltkrieg“ das Wirtschaftswunder ungeahnte Höhen erreichte, konnten die Söhne der Siedlung, noch vor ihrem 14. Lebensjahr, also vor dem Abschluss der Volksschule, als Berglehrlinge anfangen zu arbeiten.
Zum Glück vermochten die meist kinderreichen Familien in den nach Haus-Nr. zugeteilten kleinen Gärten, Gemüse anpflanzen und in den Stallungen Hühner, Tauben, Kaninchen, Ziegen und Schweine halten und die Ratten jagen. Diese kleinbäuerliche Lebensform war ein typisches Merkmal der Zechensiedlungen im Ruhrgebiet.
Nachdem das Öl und der Billigexport der Kohle nach und nach den Zechen im Revier das Sterbeglöckchen um den Hals hingen, musste auch die Zeche Zweckel 1963 die Förderung einstellen. Mit der Schließung begann vor etwa 15 Jahren die Abwanderung der damaligen Bewohner und der schleichende Verfall der „Schlägel und Eisen – Siedlung“.
Wenn nicht gerade der Wind heult, kann jeder Besucher, falls er innehält, das Gras wachsen hören und die Vergänglichkeit der Zeit spüren.
Allen ehemaligen Bewohnerinnen und Bewohnern widme ich, den im Hintergrund zu hörenden, von mir vertonten und gespielten „Schlägel und Eisen-Tango“.
Glückauf!
Um den Tango zu hören und um die marode Siedlung zu sehen, klicken Sie
Autor:Robert Harler aus Gladbeck |
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