Halbe Sätze und viele Lacher
Gladbeck. Eine Autorenlesung sollte es werden. Zugegeben, der Gast, der im Rahmen der Reihe „InterMezzo“ in der Stadtbücherei erwartet wurde, hieß Piet Klocke und dieser Name steht für die meisten Gladbecker nun einmal eher für Kabarett und gute Unterhaltung.
Und die Damen und Herren unter den insgesamt 180 Zuhörer, die trotz Schmuddelwetters den Weg ins „Lesecafe“ gefunden hatten und dort auf einen eben doch eher unterhaltsamen Abend hofften, wurden nicht enttäuscht: Es gab eine Autorenlesung der ganz besonderen Art.
Schon das optische Erscheinungsbild von Klocke passte „wie die Faust aufs Auge“: Mit dem maßgeschneiderten Cord-Zweiteiler im - sicher gewöhnungsbedürftigen - Giftgrün und den purpurroten Haaren erinnerte der Essener eher an das „Sams“ aus der Augsburger Puppenkiste. Und welcher Autor plaziert vor sich schon eine „Eieruhr“, um bloß nicht nach 45 Minuten die eingeplante Pause zu versäumen?
Am Mikrofon jedenfalls zeigte der „Allrounder“ (Kabarettist, gelernter Gitarrist, Film- und Theatermusiker, Schauspieler, Autor und Komödiant) schnell seine vielen Talente. Nicht ohne Grund gilt Klocke ja ohnehin schon seit Jahren als „Meister der halben Sätze“.
Schon fast im Talkstil machte er den Gladbeckern seine zweite Buchveröffentlichung „madig“, ging lieber auf sein neustes Druckwerk und damit auch auf die Rätsel der Evolution ein, zeigte zum Beispiel Mitleid mit dem ersten Einzeller, der doch so einsam auf der Welt war. Auch die Quallen in den Weltmeeren hatten es, da war sich Klocke sicher, vor Jahrmillionen nicht einfach. Hart ins Gericht zog er mit den Hummeln, die ja nun einmal - wenn überhaupt - nun gar nicht die Voraussetzungen für das ...., wofür auch immer, mitbringen würden. Aber an den Vorfall, als der radfahrende Klocke einer ihm entgegenkommenden Hummel absolut nicht ausweichen wollte und das Betätigen der Fahrradklingel schließlich mit einem Frontalunfall endete - die Hummel landete in seinem linken Auge -, erinnerte sich Klocke sehr wohl. Indes - für die Schilderung des Vorfalls benötigte er im Lesecafe bestimmt fünf Minuten. Was den zahlreichen Lachern der Zuhörer geschuldet war.
Trefflich seine deutliche Vorliebe für den ausgeprägten Mutterwitz a la Ruhrgebiet und der damit verbundenen direkten und sich selbst immer gerne überforderten Revier-Sprache. Eine Sprache, die Klocke seit mehreren Jahren auch bei seinen TV-Auftritten (aktuell unter anderem in „Neues aus der Anstalt“) einem großen Publikum präsentiert. Und das gepaart mit einer Gestik, die von den riesig wirkenden Händen und den großen hinter einer Brille versteckten Augen lebt. Zudem von einem Zeitgenossen, dem es zwar nicht an Körperlänge, sehr wohl an der dazu passenden Fülle mangelt.
Ach ja, hin und wieder erinnerte sich Klocke dann doch daran, dass er sein neues Buch „Kann ich hier mal eine Sache zu Ende?!“ - offenbar ein Druckwerk mit einer Ansammlung von (mehr oder weniger sinnvollen) Satz- und Textbeiträgen des Autors - vorstellen wollte. Und schon waren sie wieder da, die großen die Menschheit betreffenden Fragen. Verbunden mit den geschickt aufgetischten Verwicklungen, durch die Piet Klocke auf das Wunderbarste durch die Weltgeschichte stolperte. Komisch und erhellend zugleich. Ja, manchmals schon sogar etwas weise.
Die - sicherlich durchaus berechtigte - Frage „Autorenlesung oder Kabarettabend?“ kam im „Lesecafe“ eigentlich nicht auf. Warum auch? Die Zuhörer ahnten wohl, was sie an der Friedrich-Ebert-Straße erwarten würde. Und sie fühlten sich bestens unterhalten, was die Lachmuskeln wohl schmerzhaft zur Kenntnis genommen haben dürften.
Für den Ruhrgebietsmenschen Piet Klocke war der Abend ja auch ein Heimspiel. Das merkte man ihm an. Auch nach mehr als zwei Stunden, als er der kleinen Bühne den Rücken zukehrte. Aber noch einmal zurückkehren musste, weil er seine „Eieruhr“ vergessen hatte. Was einen Zuhörer zu der Frage nach der Kochzeit der „Klock´schen Eier“ verleitete. Die Antwort fiel zunächst etwas ausweichend und dann eben doch sehr detailiert aus: „So mindestens sechs Minuten. Aber eben so, dass ich noch den Löffel hinein drücken kann.“ Es war übrigens absolut nicht der einzige Satz, den Klocke komplett von sich gab. Aber seine Fans hätten ihn auch ohne derart genaue Angaben bestens verstanden...
Autor:Uwe Rath aus Gladbeck |
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