Debatte um Merkel-Graffiti auf Zollverein
Gladbecker Künstler enttäuscht über SPD-Attacke
"Hömma, schön, datte hier bist!!!" - mit einem riesigen Graffiti hatte der Künstler Beni Veltum die Kanzlerin bei ihrem Besuch auf der Zeche Zollverein willkommen geheißen. Das bunte Kunstwerk hat für den Gladbecker nun ein unangenehmes Nachspiel: Nach einer Kleinen Anfrage der SPD im Landtag wurde der Preis nun stark kritisiert - sogar von Verschwendung von Steuergeldern ist die Rede.
von Oliver Borgwardt
Grund für den Disput sind offensichtlich politische Nadelstiche: Dass die CDU-Landesregierung die Kanzlerin im August im "angestammten sozialdemokratischen Revier" begrüßte, hatte die SPD im Landtag offenbar nicht kritiklos hinnehmen können. In einer Kleinen Anfrage bezeichneten die Sozialdemokraten das großformatige Bildnis als reine "Werbemaßnahme", um der Kanzlerin zu schmeicheln. Da kein "sozialkritisches Statement" erkennbar sei, wurde dem Werk sogar der künstlerische Wert abgesprochen. Der Ruch von Steuerverschwendung wehte durch den Landtag - offenbar genau der gewünschte Effekt, den die SPD beabsichtigt hatte.
"Wie man es macht, macht man es falsch", seufzte Beni Veltum im Gespräch mit dem Stadtspiegel Gladbeck. "Dieses Mal ist es mal kein religiöses Motiv, und trotzdem regen sich die Leute auf", sagte er in Anspielung an eine lokale Posse, in der ein Jesus-Graffiti zum Zankapfel geworden war (wir berichteten). Im Fall des Merkel-Bildes fühlt sich Veltum sehr ungerecht behandelt.
"Die SPD tut jetzt so, als hätte ich 4000 Euro als reinen Gewinn bekommen, und das sei natürlich viel zu viel", so Veltum. "Dass ich mehrere Tage Arbeit, Anfahrten, Material- und Arbeitskosten hatte, davon spricht keiner. Ich finde es auch nicht in Ordnung, dass jetzt öffentlich meine Preise diskutiert werden", betont der Gladbecker, der sich seit Jahren auch unentgeltlich für soziale Projekte engagiert.
"Auf dem Schwächsten rumhacken"
Auch das Signal, das von einer solchen Kritik ausgehe, hält Beni Veltum für verheerend - auch unabhängig von seiner Person. "Als Ruhrgebiet sind wir ohnehin schon gebeutelt - der Bergbau ist weg, wir haben keine Kohle mehr im Schacht und keine Kohle mehr in der Brieftasche. Die Zeche, wo früher Tausende malocht haben, ist nur noch ein Museum! Da ist es doch eine unserer Chancen, uns als bunte und vielfältige Kunst- und Kulturregion zu präsentieren - das ist doch ein Aushängeschild für den Pott", betont der Gladbecker. Und jetzt käme die SPD und mache das mit einer so kleinlichen Anfrage madig.
"Was glauben die denn, was zum Beispiel das Catering gekostet hat? Selbst wenn es keine Kunst wäre - jeder verantwortungsvolle selbstständige Handwerker hätte das bei einer so großen Fläche auch nicht für weniger Geld gemacht", so Veltum. Aber als Kunstschaffender, dessen Berufszweig ohnehin schon von Corona in die Krise gestürzt wurde, sei man offenbar der Schwächste, auf dem man gut herumhacken könne.
Tatsächlich habe sich der Graffitikünstler durch die Anfrage so geehrt gefühlt, dass er von vornherein einen niedrigen Preis veranschlagt habe. Die auch in den sozialen Medien nun angeheizte Stimmung hält Beni Veltum für verlogen. Aber über einige Kommentare habe er sich auch gefreut: "Einer hat geschrieben, man solle doch froh sein, dass etwas von ganz oben auch mal ganz unten ankommt. Und das finde ich gut." Denn schließlich, so Veltum, sei jede Straßenlaterne teurer als sein künstlerisches Aushängeschild.
Autor:Oliver Borgwardt aus Dorsten |
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