Der erste Gladbecker Arbeiterliteratur Abend war ein Volltreffer

v.l.n.r. Beatrix Petrikowski, Günter Petira, Ulrich Roland, Johannes Bossmeyer, Walter Hüßhoff, Rainer Migenda
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Bereits eine Stunde vor Beginn der Veranstaltung trafen die ersten freiwilligen Helfer ein, um Tische und Bänke vor dem Vereinsheim der Kleingartenanlage „Im Linnerott“ aufzustellen und das Grillfeuer zu entfachen. Rainer Migenda, der zwischen den Lesebeiträgen für die musikalische Unterhaltung sorgen sollte, warf einen kritischen Blick zum Himmel und konnte sich nicht entschließen, seine Technik auf der Bühne aufzubauen. Pünktlich mit der letzten aufgestellten Bank kam dann auch der Regen und so wurde die Veranstaltung kurzerhand in die Räume des Vereinsheims verlegt. Befürchtungen, das schlechte Wetter könnte einige Besucher abhalten, waren völlig unbegründet, denn das Publikum erschien so zahlreich, dass die Sitzplätze knapp wurden.

Nach der ersten Stärkung mit einer leckeren Bratwurst vom Grill eröffnete Walter Hüßhoff vom REVAG Geschichtskreis Zeche Graf Moltke den Literaturabend mit einigen Worten über den Ursprung der Arbeiterliteratur. Passend zum Thema Literatur begann Rainer Migenda mit einem Lied über ein leeres Blatt Papier, das darauf wartet gefüllt zu werden. Die Gladbecker Autorin Beatrix Petrikowski zitierte einen Text der Gruppe „Ton, Steine, Scherben“ aus den 1970er Jahren: „Ich will nicht werden, was mein Alter ist“. Anschließend hat sie aus dem Buch „Damals auf Graf Moltke“, in dem ehemalige Bergleute der Zeche ihre Geschichte(n) erzählen, die Kapitel „Ramona, die erste Schrämmaschine auf Graf Moltke“ und „Mit Zündmaschine und Schießkasten“ gelesen.

Auch Bürgermeister Ulrich Roland hat sich ausgiebig mit der Arbeiterliteratur auseinandergesetzt, und nachdem er zunächst eigene Texte zum Thema Heimat vorgetragen hat, las er die Gedichte „Meine Stadt“ und „Dies Haus“ von Ilse Kibgis, die als gebürtige Ilse Tomczak selbst einer Bergmannsfamilie entstammte und für längere Zeit in Gladbeck gewohnt hat. Es folgten die Gedichte „Der Nachbar“ von Helmuth Schönig sowie „Stiel und Blüte“ von Vera Schlöder. Der Bürgermeister schloss mit drei Gedichten von Heinrich Kämpchen, einem Bergarbeiter und sozialkritischen Dichter. Von dem bereits 1912 Verstorbenen hörten die Besucher die Verse „Ein Bild“, „Arbeitsbrüder“ und die „Klage der Toten“, wobei gerade das letzte Gedicht vor dem Hintergrund des jüngsten Bergwerkunglücks in der Türkei nichts von seiner Aktualität verloren hat.

Der bereits 86-jährige Johannes Bossmeyer erzählte dem Publikum zunächst von seinen Anfängen als Bergmann und von der schwierigen Arbeit mit dem Abbauhammer unter Tage, bevor er die Kurzgeschichte „Gedanken von einer Zechenbahnbrücke“ von Hans Dieter Baroth aus dem Buch „Das werde ich nie vergessen – Geschichten aus dem Ruhrgebiet“ gelesen hat. Kurt Küther war einer der letzten Vertreter der Arbeiterliteratur und einige seiner Texte, in denen er den Alltag im Bergbau des Ruhrgebiets schildert, brachte Walter Hüßhoff dem Publikum zu Gehör. Worauf eine autobiografische Kurzgeschichte von ihm aus den 1950er Jahren über Kohlenklau und Graupensuppe mit Schweineohr folgte. Aber auch darüber, wie sich das Gladbecker Regenwetter unter Tage auswirken und ob der Filter-Selbstretter der Bergleute auch gegen den Geruch von überreifem Limburger Käse eingesetzt werden kann, hat sich Walter Hüßhoff in zwei heiteren Geschichten, die beim Publikum enormen Anklang fanden, Gedanken gemacht. Am Ende konnten sich sowohl das Publikum, wie auch die Veranstalter, über einen gelungenen Abend freuen, dem hoffentlich eine Fortsetzung folgen wird.

Autor:

Michael Petrikowski aus Gladbeck

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