Caritas-"Kneipenabend" in Gladbeck: Mit dem Lieblingssong gegen dumpfe Stammtischparolen
Gladbeck. „Jetzt machen Sie doch einfach mal Ihren Lieblingssong auf dem Handy an und ganz laut“, sagt Schauspieler Jürgen Albrecht. Unterdessen schießt seine Kollegin Karin Kettling weiter fremdenfeindliche Parolen ins Publikum – mit immer weniger Erfolg. Denn die Musik der Handys ist mittlerweile so laut und ablenkend, dass sie aufgeben muss. „Sehen Sie, so leicht kann man irritieren“, fasst Albrecht zusammen.
„Sach wat! Tacheles für Toleranz“: Unter diesem Motto geht die Caritas mit einem Kneipenabend gegen Stammtischparolen gängigen Vorurteilen an den Kragen. Nun war das Schauspieler-Duo zu Gast im „Mundart“ in Gladbeck. Nach Essen, Gelsenkirchen und Schwelm war Gladbeck die vierte Station der Tour.
Der Abend soll das Mundwerkzeug vermitteln, um sachlich, rhetorisch geschickt und entschieden auf menschenverachtendes Gerede zu reagieren. Denn was tun, wenn der nette Arbeitskollege, die Freundin oder der Typ am Tresen über Ausländer herzieht und man sich als Zuhörer dabei immer unwohler fühlt?
„Parolen und populistische Äußerungen werden zunehmend zur Herausforderung für unsere Demokratie und damit für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft“, sagt Rainer Knubben, Vorstand der örtlichen Caritas. Mit dem Kneipenabend wolle die Caritas ein Zeichen für Toleranz und gesellschaftliche Solidarität setzen. „Wir wollen helfen, in solchen Situationen reaktionsfähiger zu sein“, so Caritasdirektor Propst André Müller.
Deshalb gab es gleich noch mehr Tipps des Duos: „Suchen Sie sich Verbündete“, war ein weiterer, ebenso wie humorvolle Ablenkung, beispielsweise fremdenfeindliche Mücken vertreiben. Anhand eines Wettkampfes im Schlagabtausch zwischen Parolen und Einmischung stellten die Schauspieler die Strategien negativer Stimmungsmache dar. Dazu gehören unter anderem Übertreibung, Verallgemeinerung, Unterstellungen, Schwarz-Weiß-Malerei und Horrorszenarien.
„Dagegen helfen persönliche, ehrliche Nachfragen und das Entkräften der Vorurteile. Auch Weichmacher-Sätze wie ‚Ich bin mir nicht ganz sicher, wie ich Sie verstehen soll.‘ nehmen den Druck aus der Situation“, erklärt Kettling. Doch ist das immer möglich? Was ist, wenn Chef und Azubi aufeinandertreffen – so eine Frage aus dem Publikum. Schließlich sei der Azubi in einem Abhängigkeitsverhältnis.
„Fragen Sie doch erstmal konkret nach, was der Chef meint und auf welchen Erfahrungen seine Meinung basiert“, antwortete Kettling. „Schätzen Sie Ihr Gegenüber wert und schauen Sie hinter die Maske aus Hass und Vorurteilen.“
Die Kneipentour ist Teil des bistumsweiten Caritas-Programms „Sach wat! Tacheles für Toleranz.“ Neben der Kneipentour fördert die Caritas mit Workshops gegen Hass im Netz und ganztägigen Argumentationstrainings gegen Vorurteile Zivilcourage im Ruhrgebiet. Die Aktion wird aus dem Programm „KOMM-AN NRW“ der Landesregierung finanziert. Alle Infos und Termine unter: www.caritas.ruhr/sachwat
Autor:Uwe Rath aus Gladbeck |
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