Auf Farbe verzichten
EU-Entscheidung schränkt auch Gelsenkirchener Tätowierer ein

Ernst Krepek von Ernst & Co. Tattoo blickt trotz Farbverbot optimistisch in die Zukunft.  | Foto: 45Acht Photografie
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  • Ernst Krepek von Ernst & Co. Tattoo blickt trotz Farbverbot optimistisch in die Zukunft.
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Auf neue bunte Tätowierungen müssen die Menschen ab dem 4. Januar 2022 erst einmal verzichten. Die EU hat Tausende Chemikalien, die in den Farben enthalten sind, verboten, und Ersatzfarben gibt es bislang noch nicht. Der Stadtspiegel hat sich bei einigen Tattoo-Studios in Gelsenkirchen umgehört, wie sich das Verbot auf ihre Arbeit auswirken wird. Die Einschätzungen fallen unterschiedlich aus.

Von Vera Demuth

In einem sind sich aber Maik Förster von G-Town Tattoo Area, Ernst Krepek von Ernst & Co. Tattoo sowie Joe Keller von Tattoo Factory Germany, die alle zwischen 20 und 30 Jahre Berufserfahrung haben, einig: Nie haben sie davon gehört, dass Kunden aufgrund der Farben gesundheitliche Probleme gehabt hätten.
Bei einer neu gestochenen Tätowierung sei die Pflege sehr wichtig, damit sie sich nicht durch Bakterien entzünde, erklärt Förster. „Aber an den Farben liegt es auf keinen Fall.“ Von den tausenden Menschen, die Krepek tätowiert habe, hätten seines Wissens nach drei oder vier auf Rot reagiert, weil gerade dabei direkt nach dem Stechen Sonnenlicht nicht gut sei. Grün und Blau gelten als die gefährlichsten Farben, so Krepek. „Schwierigkeiten habe ich damit aber nie gehabt.“ Falls es mit Grün und Blau jedoch Probleme gebe, handele die EU seiner Meinung nach richtig.

Verbot gilt ab dem 4. Januar 2022

Im Auftrag der EU hat die European Chemicals Agency (ECHA) Tätowierfarben überprüft. Die Einschätzung der ECHA lautet, dass die Chemikalien in den Farben gefährliche Stoffe enthalten können, die nicht nur Hautallergien, sondern genetische Mutationen und Krebs verursachen können. Die sogenannte REACH-Verordnung verbietet daher ab dem 4. Januar 2022 den Gebrauch der Chemikalien.
Joe Keller und Maik Förster können das Verbot nicht nachvollziehen. „Es gibt noch nicht mal eine Langzeitstudie“, kritisiert Förster die Ergebnisse der ECHA. Keller empfindet die EU-Entscheidung, die seit einigen Jahren im Raum stand, als nicht transparent genug. „Wenn die Farben so gefährlich sind, hätte man doch sofort reagieren müssen.“
Auf nicht absehbare Zeit müssen die Kunden ab dem 4. Januar 2022 auf neue bunte Tattoos verzichten, denn bislang sind die einzigen neuen REACH-konformen Farben Schwarz und Grau. Wann die Hersteller auch andere Farben produzieren und liefern, ist ungewiss. Ernst Krepek ist jedoch optimistisch, dass dies zügig der Fall sein wird. „Das ist wie bei der Corona-Impfung. Erst gab es gar keine, dann ganz viele.“ Seiner Information nach verfügt ein Hersteller auch bereits über neue Farben, die allerdings noch geprüft werden müssen.

Zunächst nur Tattoos in Schwarz und Grau

Für Joe Keller und die sechs Tätowierer in seinem Studio sieht die nahe Zukunft „schwarz aus“. Er stellt sich darauf ein, im kommenden Jahr seinen Kunden zunächst ausschließlich Tattoos in Schwarz und Grau anbieten zu können. Wegen Lieferschwierigkeiten hat er das neue Schwarz und Grau allerdings noch gar nicht erhalten. Auch Maik Förster spricht von „rarer Ware“, konnte sich jedoch ein Fläschchen sichern, um sich bereits jetzt auf die neue Farbe umstellen zu können. „Manche sind dickflüssiger, andere dünnflüssiger.“
Bis Jahresende zieht Keller die Termine der Kunden vor, die ein Farbtattoo haben möchten. Bei Ernst Krepek haben sich ebenfalls Kunden gemeldet, die sich schnell noch eine farbige Tätowierung stechen lassen wollten. „Aber ich habe gesagt: ,Entspann dich, lass uns warten'. Ich nutze die Angst der Kunden nicht aus“, so Krepek.

Unterschiedliche Prognosen

Seine eigene Gelassenheit ist es auch, die Krepek glauben lässt, dass er durch die Einschränkungen keine finanziellen Einbußen haben wird. „Ich werde eher Zulauf haben, weil die Leute sich wohler fühlen, als wenn ich Angst hätte.“ Maik Förster und Joe Keller, die jeweils etwa zu einem Viertel Farbtattoos stechen, gehen von Einbußen aus, solange es noch keine REACH-konformen bunten Farben gibt. Keller rechnet damit, dass ihm etwa 25 bis 30 Prozent seiner Einnahmen wegbrechen werden. Förster vermutet zudem, dass es Kunden gibt, die zu Tätowierern abwandern, die zuhause arbeiten und dort auch künftig die verbotenen Farben nutzen werden. „Da gibt es gar keine Kontrolle.“

Autor:

Vera Demuth aus Bochum

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