Gala der Wirtschaftsinititative widmet sich dem motorisierten Gelsenkirchen
Das Auto von Au bis O in Gelsenkirchen
Die 15. Gala der Wirtschaftsinitiative stand unter dem Motto „Motown GE“ und wen wundert's: Es drehte sich alles um das Auto, das, wie der Gelsenkirchener Architekt und Auto-Sammler Dr. Christian Schramm erklärte, mit „Au anfängt und mit O endet.“
Mit einem Einspieler von Frank Bürgin, in dem das aus der TV-Serie bekannte Knight-Rider-Fahrzeug eine Rolle spielte, begaben sich die Besucher durch Gelsenkirchen auf den Weg zum Nordsternpark und hier in die altehrwürdigen Hallen der Vivawest-Zentrale der ehemaligen Zeche Nordstern.
Dort wurden sie begrüßt durch den Vorsitzenden der Wirtschaftsinitiative Roland Hundertmark und den Hausherren und Vivawest-Geschäftsführer Dr. Ralf Brauksiepe. Letzterer freute sich, die Gäste einmal mehr in einem Gebäude begrüßen zu können, das „von bergmännischer Vergangenheit und Tradition, aber auch der Zukunft und Innovation“ zeugt.
Unter dem Motto „Volle Fahrt voraus“ nahm Filmemacher Frank Bürgin die Gäste dann mit auf eine rasante Fahrt durch die Geschichte des Automobils in Gelsenkirchen. Von der Einführung innen-beleuchteter Straßenschilder in den 50er-Jahren, der ersten Tiefgarage Gelsenkirchens und dem autogerechten Umbau der Stadt, über Altwagen-Rennen auf dem Zeche-Alma-Gelände bis zur Ansiedlung namhafter Automobilzulieferer im Zuge des Strukturwandels spannte sich der Bogen. Und siehe da: Gelsenkirchen ist mehr Auto als man glaubt.
So eingestimmt ging es in die erste Talkrunde mit der einzigen Kfz-Meisterin in Gelsenkirchen Melanie Lipinski, Autoliebhaber und -sammler Dr. Christian Schramm und Rechtsanwalt und Verkehrsrechtsexperte Arndt Kempgens. Gefragt nach der Bedeutung des Autos für die Talkpartner, antwortete Melanie Lipinski „für mich ist es Lebensunterhalt“, Schramm antwortete „Kulturgut“ und Kempgens „Spaßfaktor“.
Die einzige Kfz-Meisterin schilderte, dass die Arbeit der freien Werkstätten durch die zunehmende Technik immer schwieriger wird, weil vieles nur noch durch die Hersteller selbst repariert werden kann. Der Sammler von Oldtimern und dabei vor allem Luxuskarossen berichtete von „Herrenabenden“, bei denen an den Fahrzeugen geschraubt, poliert und auch ein wenig herumgespielt wird. Der inzwischen überregional bekannte Verkehrsrechtsexperte berichtete über die Problematik der zunehmenden Unfallflucht, die inzwischen bei rund 20 Prozent liegt.
In zwei Live-Quiz konnten die Besucher ihr automobiles Wissen testen. Dabei stand im ersten Quiz natürlich Gelsenkirchen im Mittelpunkt und es gab sogar Preise zu gewinnen, im zweiten ging es um Wissen, wie es für die Führerscheinprüfung erforderlich wäre.
Ein weiterer Film warf die Frage auf, wohin der Weg der Mobilität geht. Ist die Zukunft elektrisch? Wird die Batterie oder die Brennstoffzelle der Antrieb der mobilen Zukunft? Um diese Frage zu beantworten, stand mit Prof. Dr. Michael Brodmann, dem Direktor des Westfälischen Energieinstitutes ET an der Westfälischen Hochschule, und Prof. Dr.-Ing. Michael Schugt, dem Leiter des Institutes für Elektromobilität an der Hochschule Bochum, eine Professoren-Runde bereit.
Die Professoren diskutierten ihre Standpunkte zu umweltfreundlichen Energien für umweltfreundliche Autos und blieben dabei ihren Energien, der Brennstoffzelle und der Elektrobatterie, treu. Was beide forderten ist, dass die Autoindustrie jetzt die Chance ergreift zu umweltfreundlichen Antrieben, weil der Weltmarkt bereits im Umbruch ist. Dabei sind sie sich der Tatsache bewusst, das sowohl Autobauer wie auch -fahrer am liebsten eine Technologie auf die nächste übertragen möchten. Diesem Wunsch erteilten aber beide eine deutliche Absage, weil er unerfüllbar ist.
Professor Schugt sieht hier einen klaren Vorteil des elektrischen Antriebs, denn „die Batterie ist reif, bewährt, einfach, günstig und zuverlässig.“ Daher kritisierte er die oft negative Berichterstattung über die Herstellung der Batterien, deren Entsorgung, das zu geringe Netz von Elektroladesäulen und die zu kurze Reichweite der Ladungen.
Professor Brodmann beklagte, dass „es jetzt heißt, schnell zu sein. Der Wasserstoff-Verbrennungsmotor ist in Deutschland entwickelt worden, aber jetzt rennen alle Autohersteller den Asiaten hinterher. Warum wurde der Hybrid, die Mischung aus Verbrenner und Batterie, zu schnell verworfen?“
Auch bei der Frage, ab wann es gar keine herkömmlichen Verbrennungsmotoren mehr geben werde, waren die Professoren uneins. Schugt tippte 2025 bis 2030, Brodmann rechnet erst 2030 bis 2040 damit.
Über den Verkehr in Gelsenkirchen sprachen Oberbürgermeister Frank Baranowski und Amevida-Vorstandssprecher Dr. Matthias Eickhoff. Dabei merkte Dr. Eickhoff an, dass viele der Amevida-Mitarbeiter Geringverdiener sind, die sich kein neues Dieselfahrzeug leisten können, obwohl sie teils aus ländlichen Gebieten kommen und eine weite Anreise nach Gelsenkirchen-Schalke haben. Gar nicht denken möchte der Geschäftsmann daran, dass die Kurt-Schumacher-Straße, die genau zu seinem Firmensitz in Gelsenkirchen führt, für Dieselfahrzeuge gesperrt werden könnte.
Hier ging er konform mit dem Oberbürgermeister, der aufgrund der Tatsache, dass sowieso nicht die gesamte Kurt-Schumacher-Straße von der erhöhten Feinstaubbelastung betroffen ist, auf die eingelegten Rechtsmittel hofft. Baranowski gab auch zu bedenken: „Die Kommunen sind nicht schuld an der Problematik, das ist Sache der Autoindustrie.“ Er erläuterte auch die Maßnahmen der Stadtverwaltung, um die Feinstaubbelastung einzudämmen.
Und weil auch Dr. Eickhoff zu bedenken gab, dass der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) in der Metropole Ruhr nicht ausreichend ist und darum der Individualverkehr weiterhin nötig bleibt, ging die Diskussion auch in diese Richtung. Dazu erläuterte Baranowski, dass der Nahverkehr eine teure Sache ist: „Allein die Umstellung der Linie 302 auf den Fünf-Minuten-Takt kostet 1,8 Millionen Euro. Darum fordere ich weiterhin die massive Förderung des ÖPNV durch den Bund, und zwar ruhrgebietsweit.“
Gefragt nach der Zukunft der Elektromobilität, antwortete Dr. Matthias Eickhoff: „Ich glaube nicht, dass Elektroautos so schnell aufholen werden. Die Akzeptanz ist einfach noch zu gering. Darum gehe ich davon aus, dass wir noch lange mit normalen Stinkern oder besser normal-stinkenden Autos rechnen müssen. Sie stinken dann vielleicht weniger als bisher, aber sie stinken.“
Eine humorvolle Sicht auf die Problematik brachte Kabarettist Matthias Machwerk, der die Vision einer Armada von Elektroautos herauf beschwor, deren Batterien im Stau den Geist aufgeben. „Deutschland ist das einzige Land mit Dieselfahrverbot und sorgt damit für ein gutes Weltklima. Die alten Diesel verkaufen wir dann nach Osteuropa und dort ist dann schlechtes Weltklima.“
Machwerk sprach über die tief verwurzelten Ängste der Deutsche, die dazu führen, dass aus Angst vor den Wölfen kaum noch einer wagt mit Brot, Kuchen und Wein in den Wald zu gehen. Darum forderte er mehr Gelassenheit, Ruhe und Humor, „denn Humor ist der Airbag des Lebens.“
Für die musikalische Untermalung des Abends sorgte die speziell dazu vom Gelsenkirchener Musiker Thomas Erkelenz zusammengestellte Motown Band „Rust never sleeps“. Durch das Programm führte wieder einmal ein gut gelaunter Lars Tottmann.
Autor:silke sobotta aus Gelsenkirchen |
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