Staatssekretär Klaus Kaiser besuchte Dokumentationsstätte in Gelsenkirchen
Wichtiger Ort für Gespräche
Arbeitsbesuch in Gelsenkirchen: Staatssekretär Klaus Kaiser vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen verschafft sich einen Eindruck von den Ausstellungen in der Dokumentationsstätte "Gelsenkirchen im Nationalsozialismus".
Der Besuch steht in einer Reihe von vielen anderen in Nordrhein-Westfalen, denn der Sekretär, so teilte Dr. Daniel Schmidt vom Institut für Stadtgeschichte mit, habe sich vorgenommen, alle Einrichtungen dieser Art in NRW kennen zu lernen. Mit dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft sei man eng verbunden, zumal man auch wegen der verlässlichen Zusagen für Fördergelder kooperiere. Kulturdezernentin Annette Berg sagte: "Wir freuen uns, dass sich der Staatssekretär für unsere Arbeit interessiert."
Schmidt ergänzte, dass beispielsweise verschiedene Projekt-Maßnahmen in der Dokumentationsstätte durch das Ministerium unterstützt worden seien, so etwa die Ausstellung zu den Edelweißpiraten. Eben auch die neue Ausstellung "Gelsenkirchen im Nationalsozialismus", die als Dauerausstellung 2015 fertig gestellt worden ist, sei aus Mitteln des Landes mitfinanziert worden.
Gerade hinsichtlich der Bedeutung, die den Dokumentationsstätten als außerschulische Lernorte zukommt, insbesondere in Gelsenkirchen, ist es wichtig, sich vor Ort einen Eindruck davon zu verschaffen. Dazu hatte nun Klaus Kaiser Gelegenheit.
Schon nach kurzer Zeit zeigte er sich sehr beeindruckt, beispielsweise angesichts der umfassend dargestellten Geschichte der Gelsenkirchener Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter - als einen Teil des Gesamten.
Er lobte die moderne Ausstellung, die dem Thema angemessen sehr attraktiv gehalten sei, und betonte, dass es sich auch um einen Täterort handele, der dementsprechend aufgemacht werden müsse. Für junge Leute sei es "interessant gestaltet, dass man an diesem Ort das Gespräch suchen muss." Der Appell sei: Redet darüber! Besucher sollten sich fragen: Wie hätte ich mich verhalten? Kenne ich jemanden, der von dem Thema direkt betroffen wäre?
Das Besondere sei an der Ausstellung, dass "Bilder" bei dieser inhaltlichen und mentalen Auseinandersetzung mithelfen, denn sobald "Täter und Opfer ein Gesicht haben", sagte Kaiser, mache es die Aufarbeitung für junge Leute leichter. Es zeige: Es sind menschliche Geschichten, die dahinter stecken.
Schmidt betonte: "Nationalsozialismus ist etwas, dass sich auch in Gelsenkirchen ganz konkret abgespielt hat. Viele Menschen hatten einen persönlichen Bezug dazu."
Annette Berg stellte zusätzlich und ergänzend noch einmal in den Mittelpunkt, dass auch die Kooperation der Dokumentationsstätte mit Schulen und Vereinen wie zum Beispiel den Schalke 04 für die politische Bildung in Gelsenkirchen einen wichtigen Rang einnehmen würde.
Dr. Hans Wupper-Tewes, Leiter des Referates Gedenkstättenförderung Erinnerungskultur in NRW, hat einen Überblick auch über andere Gedenkstätten in NRW und für den Staatssekretär Klaus Kaiser die entsprechenden Arbeitsbesuche geplant. Er betonte, dass in NRW zu beobachten sei, dass Gedenkstätten auf Arbeit von Ehrenamtlichen basiere. Das gelinge immer dann, wenn politischer Wille und bürgerschaftliches Engagement zusammenkommen. Das wäre das Besondere in NRW. Bezogen auf Gelsenkirchen stellte er heraus: "Das in Gelsenkirchen ist eines der ersten Institute, die sich vor 20 Jahren schon, recht intensiv mit der Geschichte der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter beschäftigt haben."
Übrigens ist zur neuen Dauerausstellung "Gelsenkirchen im Nationalsozialismus" auch ein gleichnamiges Buch, beziehungsweise ein Katalog, erhältlich, den Daniel Schmidt als Herausgeber präsentierte, erschienen im Klartext Verlag und käuflich zu erwerben im Buchhandel.
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Katalog mit 280 Seiten zeichnet die NS-Geschichte nach
Zur grundlegend überarbeiteten Dauerausstellung ist ein Katalog mit dem gleichnamigen Titel "Gelsenkirchen im Nationalsozialismus" erschienen.
Er beschreibt die Geschichte von den Anfängen im ersten Weltkrieg über den Aufstieg in der Weimarer Republik zur Machtergreifung und Gleichschaltung 1933 bis hin zum nationalsozialistischen Krieg 1939 bis 1945. Auch die Befreiung und Nachkriegszeit sind ein Thema sowie die Vergangenheitsbewältigung.
Die Ausstellung selbst ist in der Cranger Straße 323 in Erle zu besichtigen. An jenem authentischen Ort, an dem sich einst eine Ortsgruppe der NSDAP breit machte und eine Wand mit dem 25-Punkte-Programm der NSDAP von 1920 verunstaltete, ist nach dem Ratsbeschluss von 1989 die Gelsenkirchener Dokumentationsstätte eingerichtet worden. Die erste vom eigens dafür gegründeten Institut für Stadtgeschichte entworfene Ausstellung wurde am 8. Mai 1994 eröffnet, die zweite überarbeitete am 8. Mai 2015 - am 70. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus.
Die Runderneuerung der Ausstellung unter dem Titel "Gelsenkirchen im Nationalsozialismus" war nicht nur wegen der Aktualisierung des Forschungsstandes notwendig, sondern auch um mit der Ausgestaltung der musealen Möglichkeiten den neuen Seh- und Lesegewohnheiten Rechnung zu tragen. Auch musste die Erwartungshaltung einer überwiegend jungen Zielgruppe, die durch moderne Medien geprägt ist, berücksichtigt werden. Das Buch mit 280 Seiten und zahlreichen Farbabbildungen und historischen Fotos aus dem Klartext-Verlag ist für 24,95 Euro im Buchhandel erhältlich. HL
Autor:Harald Landgraf aus Dinslaken |
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