Über Probleme reden
Rassismus ist ein Problem

Der VHS-Saal im Bildungszentrum war bis auf den letzten Platz besetzt und unter den Gästen befand sich auch viel Prominenz aus Sport und Politik. | Foto: Gerd Kaemper
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  • Der VHS-Saal im Bildungszentrum war bis auf den letzten Platz besetzt und unter den Gästen befand sich auch viel Prominenz aus Sport und Politik.
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Der Verein Anno 1904 hatte zum Thema „Wo beginnt Rassismus?“ in die Volkshochschule geladen. Anlass waren die Diskussionen um die Äußerungen des Schalker Aufsichtsratsvorsitzenden Clemens Tönnies, die gezeigt haben, wieviel Unklarheit darüber besteht, was Rassismus eigentlich ist.

Die Moderation der Veranstaltung oblag dem Journalisten Jörg Seveneick. Entsprechend gut besucht war die Veranstaltung und der 120 Personen fassende Saal der VHS war proppevoll.
Mit Jochen Dohm, dem Vorsitzenden des Schalker Ehrenrates, sowie den Ehrenratsmitgliedern Kornelia Toporzysek und Bernhard Terhorst, dem Vorsitzenden von Gelsensport Jürgen Deimel, dem Leiter des Schalker Fanprojektes Markus Mau, dem Vorsitzenden der Schalker Faninitiative Sven Schneider, der Landesvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen und bekennendem Fortuna Düsseldorf-Fan Mona Neubaur, dem Lokalpolitiker Klemens Wittebur und dem Geschäfsführer der Demokratischen Initiative Michael Hannrath-Hannasek und Weiteren war reichlich Prominenz anwesend.

Bielefelder Professor referierte

Referent des Abends war der Bielefelder Prof. Wilhelm Heitmeyer, Gründungsdirektor des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld und Vater der Fanprojekte in Deutschland, der sich nach der Tönnies-Rede in Paderborn öffentlich nicht nur über Clemens Tönnies‘ Aussage, sondern auch über die fehlende Reaktion des Publikums kritisch geäußert hatte.
Heitmeyer führte aus, dass der Begriff „Rasse“ ein faschistischer sei. Wissenschaftler würden von „gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“ sprechen, wobei egal sei, ob die Gruppen über Hautfarbe, Glauben, sexuelle Orientierung oder was immer definiert würden.
Er erläuterte auch, dass die Frage, ab wann man ein Rassist sei, müßig ist. Es sei fatal, wenn die Angehörigen von Eliten rassistisches Denken und Handeln fördern würden, indem sie selbst rassistische Äußerungen von sich geben.
Die Begründung des Schalker Ehrenrat für sein mildes Urteil, drei Monate Ruhenlassen der Ämter, die Äußerung Tönnies sei zwar diskriminierend gegenüber den Bewohnern eines Kontinents und damit ein Verstoß gegen das Schalker Leitbild, aber nicht rassistisch, hielte er für nicht nachvollziehbar und die DFB-Ethikkommission habe mit ihrer Einschätzung, Clemens Tönnies‘ Äußerungen seien zwar rassistisch gewesen, er sei aber kein Rassist, „die Glaubwürdigkeit des Deutschen Fußball-Bundes ruiniert“.
Im anschließenden Podiumsgespräch mit dem Schalker Vorstandsmitglied, DFB-Vizepräsident und Aufsichtratsvorsitzenden der DFL GmbH, Peter Peters, unter Einbezug des Publikums wurde die Gespaltenheit der Schalker deutlich: Während im Saal mehrheitlich die Kritiker vertreten waren, verteidigte Peter Peters Vorstand und Ehrenrat damit, dass man Clemens Tönnies und sein Engagement für Afrika lange genug kenne, um zu wissen, dass er kein Rassist sei. Aber auch im Publikum gab es Stimmen, dass sich Clemens Tönnies entschuldigt hätte, drei Monate die Ämter ruhen lasse und nun sei auch gut.

"Arbeit in die Steinzeit zurückgeworfen"

Viel beachtet war die Meinung des Vorsitzenden der Schalker Fan-Initiative Sven Schneider, die Äußerung Tönnies‘ hätte „die antirassistische Arbeit bei Schalke in die Steinzeit zurückgeworfen“.
Manni Beck, Vorsitzender des Anno 1904, zog folgende Bilanz des Abends: „Es ist zwar verständlich, dass Clemens Tönnies’ Aussagen die Gemüter besonders erregen, mir wäre aber lieber gewesen, wir hätten etwas intensiver über die Spaltung der Gesellschaft in der Frage, wo Rassismus beginnt, diskutiert. Die Fußball-Gemeinde ist ja ein Spiegelbild der Gesellschaft, was sich sowohl an Social Media-Kommentaren als auch an den jüngsten Wahlergebnissen ablesen lässt. Klar geworden ist aber auch, dass Clemens Tönnies dem Image des FC Gelsenkirchen-Schalke 04 national und international schweren Schaden zugefügt hat. Zudem hat er die Fangemeinde gespalten, was sich nicht nur in sozialen Medien, sondern auch auf der Schalker Meile oder an Ständen beim Schalke-Tag gezeigt hat und noch zeigt. Mir ist im Moment nicht klar, ob und wie es gelingen kann, die neu aufgerissenen Gräben wieder zu überwinden. Eine Bitte um Entschuldigung an die Adresse der Bewohner des afrikanischen Kontinents und eine deutliche Geste der Wiedergutmachung ist das Mindeste, was ich erwarten würde.“

Die Definition von "Rassismus"

Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz definiert Rassismus als „die Überzeugung, dass ein Beweggrund wie Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, Staatsangehörigkeit oder nationale oder ethnische Herkunft die Missachtung einer Person oder Personengruppe oder das Gefühl der Überlegenheit gegenüber einer Person oder Personengruppe rechtfertigt".

Autor:

Lokalkompass Gelsenkirchen aus Gelsenkirchen

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