Engagement für ein GElungenes Miteinander
Nachbarschaftslotsen geehrt

Die Schulungen fanden unter Corona-Bedingungen statt, stießen aber bei allen Beteiligten auf sehr gute Resonanz.
Foto: Admir Bulic 
  • Die Schulungen fanden unter Corona-Bedingungen statt, stießen aber bei allen Beteiligten auf sehr gute Resonanz.
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Müll trennen, Nachtruhe, Treppenhaus putzen oder die Corona-Regeln beachten: Als Nachbarschaftslotsen unterstützen 20 Ehrenamtler ihre Mitmenschen im eigenen Haus und Wohnumfeld.

Überall dort, wo Menschen miteinander leben, kann es auch zu herausfordernden Situationen kommen: von der falschen Mülltrennung, über die vielen Schuhe im Treppenhaus, das Falschparken, sprachlich bedingte Kommunikationsbarrieren, bis zur Treppenreinigung.
Aufgrund dessen kann die Situation schnell emotional werden und eskalieren. Daher haben die interkulturellen AWO–Fachdienste seit Ende 2020 mit entsprechenden Corona-Schutzmaßnahmen die ersten 20 interkulturellen Nachbarschaftslotsen ausgebildet. Sie sind oftmals selbst Zugewanderte, sprechen die Sprache ihrer Mitmenschen und wohnen im direkten Umfeld, meist im gleichen Haus.
Eine vierwöchige Ausbildung vermittelt den Ehrenamtlern das nötige Rüstzeug. Sie geben nützliche Informationen weiter und erinnern an die Rechte und Pflichten aller Bürger: Hausputz, funktionierende Beleuchtung und Name auf dem Klingelschild, aber auch die ordnungsgemäße Müllentsorgung. Sie sollen eine Brückenfunktion zwischen ihren Mitmenschen, Nachbarn sowie der Aufnahmegesellschaft übernehmen. In dieser Rolle sollen sie Alltägliches aus dem gesellschaftlichen Leben vermitteln und so zu einem funktionierenden Miteinander beitragen.
Der Vorteil dabei: Die Nachbarschaftslotsen leben vor Ort und haben mit der Zeit eine persönliche Beziehung zu ihrem nahen und nachbarschaftlichen Umfeld aufgebaut und können eine Vorbildfunktion übernehmen.
AWO Geschäftsführerin Gudrun Wischnewski erklärt: „In einer bunten Gesellschaft gibt es Herausforderungen, aber auch viele Chancen. Trotz aller Herausforderungen haben wir es hier in Gelsenkirchen gemeinsam geschafft, unsere demokratischen Grundwerte nie aus den Augen zu verlieren. In diesem Sinne werden die interkulturellen Nachbarschaftslotsen ihre Bekannten und Mitmenschen über die Voraussetzungen und Pflichten einer gelungenen Nachbarschaft aufklären und übernehmen die Funktion eines Brückenbauers.“
AWO Bereichsleiter Admir Bulic hat das Schulungskonzept entwickelt und betont: "Wir wollen Nachbarn in den Gelsenkirchener Quartieren zusammenzubringen, Isolation vorbeugen sowie ein gelungenes Miteinander im Gelsenkirchener Alltag unterstützen. Nachbarn sollen zu Nachbarn werden und sich gemeinsam, unter Beachtung aller Pflichten und Rechte, für ein erfolgreichen Zusammenzuleben in ihren Quartieren, Stadtteilen und ihrer Stadt engagieren.“

Die Fortbildung umfasst acht Module

Hilfreich sind dafür die Inhalte der bedarfsorientierten AWO Fortbildung, die in acht Modulen leicht verständlich, niederschwellig und praxisorientiert vermittelt wurden. Während der Einführung erklärten die AWO-Mitarbeiter, welche Aufgaben auf die Freiwilligen als Nachbarschaftslotsen in ihrer Brückenfunktion zukommen.
Die angehenden Ehrenamtler erarbeiteten die Voraussetzungen für ein gelungenes Zusammenleben, wie die Hausordnung sowie gemeinsame Absprachen einzuhalten, verbale und nonverbale Kommunikation richtig zu deuten und sich der Bedeutung von Sprache bewusst zu werden.
Konfliktbewältigung stand ebenfalls auf dem Stundenplan. Dabei ging es um den richtigen Umgang mit Konflikten, Strategien, wie sie deeskalierend eingreifen können und welche Maßnahmen getroffen werden können, um Konflikte gar nicht erst entstehen zu lassen und natürlich die gewaltfreie Kommunikation.
Der Bereich Sicherheit und Ordnung umfasste vielfältige Themen, wie den Umgang mit Corona-Schutzmaßnahmen, die sichere Teilnahme am Straßenverkehr, eine angemessene Müllentsorgung und die in Deutschland geltende Schulpflicht.
Einen nächsten Themenschwerpunkt bildeten die rechtlichen Grundlagen der Bundesrepublik in Sachen Grundgesetz und Zuwanderungsgesetz, aber das städtische Referat Integration bot auch eine Einführung in die Struktur und den Aufbau der Gelsenkirchener Stadtverwaltung. Diese umfasst einen Blick auf die Arbeit des Integrations-, Gesundheits-, Sozial- und Bildungswesens.
Das Ende der Ausbildung markiert eine Abschlussveranstaltung mit Zertifikatübergabe, die abhängig von der Corona-Situation kurzfristig nachgeholt wird. Dann bietet sich ebenfalls die Gelegenheit, ein Resümee zu ziehen und letzte Fragen zu klären.

Erfahrungsberichte von Nachbarschaftslotsen

Angelina Dumitru gehört zu der 20-köpfigen Gruppe, die von der AWO zu Nachbarschaftslotsen ausgebildet wurde. Die Rumänin lebt seit 2014 mit ihrem Ehemann und der gesamten Familie im Erdgeschoss eines vierstöckigen Mehrfamilienhauses im Stadtteil Rotthausen. Sie erklärt: „Ich freue mich sehr, dass ich Nachbarschaftslotsin geworden bin, da ich dabei helfen möchte, dass sich meine Landsleute besser integrieren und wir alle gut zusammenleben.“

Die Polizei bietet sich an als Ansprechpartner

Das konstruktive Miteinander zwischen allen Mitbürgern und der Polizeibehörde zählte ebenso zu den inhaltlichen Schwerpunkten der Ausbildung. Daher gab Polizeihauptkommissar Axel Gloger den Zuhörern vertiefende Einblicke in den Tätigkeitsbereich der Polizei.
Er schaut voller Zufriedenheit auf den Ausbildungsabschnitt zurück: „Ich halte sehr viel von dem AWO Konzept der Nachbarschaftslotsen. Wir als Polizei möchten mit allen Menschen zusammenarbeiten. Wir sind schließlich nicht ausschließlich dafür da, um Personen zu bestrafen.“
Gloger hebt hervor, dass die Polizei als Institution in Deutschland anders funktioniere als in Teilen Südosteuropas. Eben dies betonte er auch vor der Gruppe der Nachbarschaftslotsen. „Wir möchten Gesprächspartner sein. Dafür braucht es aber ein gutes und gegenseitiges Vertrauensverhältnis. Die Nachbarschaftslotsen können uns helfen, die bereits erlangten Fortschritte weiter zu verbessern“, sagt er. "Daran müssen wir weiter gemeinsam arbeiten“, betont Gloger.

Wer ist wofür in der Stadt zuständig?

Mitarbeiter der Stadt Gelsenkirchen erzählten ebenfalls von ihrer Tätigkeit in der Stadtverwaltung: Vertreter der Gelsendienste beleuchteten das System der städtischen Müllentsorgung. Orhan Arlat vom Kommunale Ordnungsdienst (KOD) und Simone Schmidt vom Jugendamt informierten über ihre Arbeit.

Fortbildung stößt auf großes Interesse

Georgiana Abbas, aufsuchende Sozialarbeiterin der AWO akquirierte zahlreiche Teilnehmer und berichtet: „Das Interesse an dem Engagement als Nachbarschaftslotsen war sehr groß und alle Teilnehmer freuen sich auf ihre Einsätze. Sie wollen alle einen Beitrag für ihre Nachbarschaft und ein friedliches Miteinander leisten“.
Ihre Kollegin Mioara Boboc vom Diakoniewerk betont: „Die angehenden Nachbarschaftslotsen werden mit ihrem erworbenen Know -how kurzfristig viele neu zugezogene Mitbürger erreichen.“
Einige Nachbarschaftslotsen absolvierten ihren ersten Einsatz bereits vor der Zertifikatübergabe. Koordiniert von den zuständigen AWO-Quartierszentren verteilten sie in ihrem Umfeld Flyer, die über die mehrsprachige Corona-Hotline der Stadt Gelsenkirchen und AWO unter Telefon 1697000 informieren.
Auch Angelina Dumitru versorgte ihre Nachbarn über die Briefkästen des Rotthauser Mehrfamilienhauses und informierte ihre neuen Nachbarn über Treppenreinigung und rücksichtsvolles Zusammenleben, insbesondere in Pandemie-Zeiten, mit dem Appell: „Gemeinsam meistern wir die Corona-Krise und alle andern Schwierigkeiten. Ich freue mich schon auf Zeiten ohne Corona, damit wir alle gemeinsam ins Gespräch kommen können und uns besser kennenlernen.“

Autor:

Lokalkompass Gelsenkirchen aus Gelsenkirchen

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