Corona und die Auswirkungen auf Schule und Bildung - Verein Mentor steht im Herbst bereit
Leselernhelfer stehen bereit

Die Leselernhelfer des Vereins Mentor bringen den Kindern die Freude am Lesen nahe und eröffnen ihnen so neue Wege des Lernens und der Bildungsteilhabe.
Foto: Mentor - die Leselernhelfer Gelsenkirchen
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  • Die Leselernhelfer des Vereins Mentor bringen den Kindern die Freude am Lesen nahe und eröffnen ihnen so neue Wege des Lernens und der Bildungsteilhabe.
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Nach Angaben des Bundesbildungsministeriums haben pandemiebedingte Schulschließungen bei bis zu einem Viertel der Schülerinnen und Schüler zu deutlichen Lernrückständen geführt. Dabei zeichnet sich in besonders gravierender Weise ab, dass sich die ohnehin verfestigte Chancenungleichheit im Zusammenhang von Bildungserfolg und Ressourcen der Elternhäuser weiter verstärken wird. Das betrifft Kinder in Gelsenkirchen besonders hart. Dagegen wirkt der Verein Mentor – die Leselernhelfer Gelsenkirchen.

Wie im Brennglas wird durch die Einschränkungen in den Schulen deutlich, dass gerade die Lesekompetenz entscheidend für den Bildungserfolg ist. Verkürzt dargestellt, lesen Kinder, deren Eltern Bücher zu Hause haben, signifikant besser. Denn dies bedeutet auch, dass sie zuhause Anregung und Platz haben - ideell wie räumlich. Ihr Vorsprung bei grundlegenden Kompetenzen wie Lesevermögen, Textverständnis und sprachlichen Ausdrucksfähigkeiten beträgt schon in normalen Zeiten ein ganzes Lernjahr und wirkt sich auf die gesamte Bildungsbiografie aus.
Kontinuierliche Leseförderung ist für viele Kinder der Schlüssel zur Bildung, weil das Lesen die Basis für das Lernen in allen Fächern bildet. Die fehlende Förderung durch die Unterrichtstagnation in der Corona-Zeit wird bei sozial benachteiligten Grundschulkindern noch weitreichendere Folgen haben.

Leseförderung durch den Verein Mentor

Vor der Pandemie haben regelmäßig rund 200 Kinder mit Defiziten im Lesebereich in den Grundschulen eine kontinuierliche Leseförderung durch den Verein Mentor – die Leselernhelfer Gelsenkirchen erhalten. Das ehrenamtliche Prinzip lebte in ganz besonderer Weise von den Wirkungen der persönlichen Begegnung und der fürsorglichen Zuwendung.
150 Gelsenkirchener Leselern-Mentoren, ehrenamtliche Frauen und Männer, waren für die Kinder Bezugsperson, die ihnen beim Lesen halfen und auch dabei, ihre Stärken, Kompetenzen und Talente kennenzulernen, anzuwenden und auszubauen. Die Kinder profitierten sehr von der Förderung und machten Fortschritte, die ihnen niemand zugetraut hatte.
Für die Kinder aber auch für die Ehrenamtlichen war es teilweise ein persönliches Drama, als diese teils langjährigen Lesepatenschaften im Frühjahr 2020 durch die Pandemie eingestellt werden mussten. Die persönliche Begegnung in der Schule war während der Lockdown-Phasen und den Wechseln von Distanz- und Wechselunterricht nicht mehr möglich.

Alternative Leseförderung in der Pandemie

In wenigen Ausnahmefällen fanden Mentoren und Lesekinder auch während der Corona-Zeit Wege, einen Kontakt aufrecht zu erhalten. Telefonisch, durch Briefe, bei flüchtigen Begegnungen am Schultor. Die meisten Mentor-Partnerschaften endeten jedoch und werden voraussichtlich nach zwischenzeitlichen Schulwechseln nicht mehr fortgeführt werden können.
Zwischenzeitlich gab es kurze Möglichkeiten, die Leseförderung in den Schulen wiederaufzunehmen, die aber schon recht schnell durch wieder steigende Corona-Zahlen beendet werden mussten.Der in vielen Bereichen zu beobachtende Digitalisierungsschub während der Corona-Krise war auch eine naheliegende Option für die ehrenamtliche Leseförderung. Hier wurden von einigen Leselern-Vereinen in Deutschland unterschiedliche Instrumente getestet. So hatte der in Hamburg ansässige Mentor-Verein mit großem finanziellen und personellen Aufwand eigens eine eigene Plattform für Lesekinder, Mentoren und Schulen aufgebaut. Andere Vereine testeten unterschiedlichen Lösungen wie Zoom oder auch IServ für einzelne Lesetandems. Es zeigte sich, dass solche Videolesestunden in Coronazeiten tatsächlich eine Übergangslösungen sein können, wenn sich Lesekinder und Mentoren gleichermaßen mit digitalen Onlineplattformen auskennen und sich auch die Schulen als organisatorischer Vermittler engagieren.
In Gelsenkirchen zeigte sich aber schnell, dass die Resonanz bei allen Beteiligten zu gering war, um ein solches Projekt mit all seinen technischen, datenschutzrechtlichen und organisatorischen Herausforderungen anzugehen. Auch die Finanzierung etwa für Lizenzen und Endgeräte spielte eine Rolle.
Denn leider ist in der Pandemiezeit auch der Spendenzufluss für die Gelsenkirchener Leselernhelfer komplett eingebrochen. Nur dank der Förderung der Stadt Gelsenkirchen für den Verein als Träger der freien Jugendhilfe und den Rückgriff auf bestehende Rücklagen konnten die laufenden Kosten getragen werden. Letztlich war allen Beteiligten klar, dass Online-Lesestunden eine Übergangslösung aber kein Ersatz für das Mentor-Prinzip sein können.

Hoffnung auf ein Wiedersehen in der Schule

Die große Wirkung, die vom eigentlichen Mentor-Ansatz ausgeht, beruht auf der persönlichen Begegnung in den Lesepartnerschaften, die gerade für die förderbedürftigen Kinder eine so große Bedeutung hat. Mentor-Kinder freuen sich jede Woche auf ihre Lesestunde mit ihrem Leselernhelfer.
Nun, da die Corona-Zahlen sinken und die Zeit des Distanz- und Wechselunterrichts in den Schulen erstmal vorbei ist, ist natürlich die Hoffnung groß, dass auch wieder aktive Förderung für Kinder mit Defiziten angeboten werden kann.
Noch kann in den meisten Schulen kaum von einem regulären Schulbetrieb wie vor der Pandemie ausgegangen werden. Bevor die ehrenamtliche Leselernhilfe wieder im Schulbetrieb integriert werden kann, muss allen Schülerinnen und Schülern ein einigermaßen befriedigendes Ende des Schuljahres zu ermöglichen. Der Optimismus im Verein wächst, dass der Trend des Pandemierückganges und die Wirkungen des Impfschutzes anhalten, und spätestens im Herbst auch wieder Leselernstunden in den Schulen ermöglicht.
Bis dahin wird der Verein die Zeit nutzen, um vor allem mit den Schulen und Ehrenamtlichen abzuklären, wie und unter welchen Sicherheitsmaßnahmen und Hygienekonzepten wieder Leselernstunden durchgeführt werden können. Noch sind auch einige rechtliche Fragen zu klären. Dazu gehört etwa, ob für den Zugang in den Schulen ein Test oder gar eine vollständige Impfung nachgewiesen werden muss.
Der Verein geht davon aus, dass diese Fragen zum gesundheitlichen Schutze der Kinder und vor allem der Mentoren, die zumeist aufgrund ihres Alters als Corona-Risikogruppe einzustufen sind. geklärt werden können. Sicher ist, dass die Schulen, die vor der Pandemie an dem Leseförderungsprogramm teilgenommen haben, die Wiederaufnahme sicher begrüßen werden.

Der Verein bereitet sich vor – Neue Mentoren für den Neustart gesucht

Trotz der vielen Herausforderungen und Fragen entlang der Pandemieentwicklung freut sich der Verein sehr, den Neustart aktiv vorzubereiten. Die kurz vor der Pandemie eröffnete Geschäftsstelle an der Schalker Straße 65, die lange nur sporadischen Besuch hatte, soll dank einiger Investitionen in die Umsetzung eines Hygienekonzepts schon bald wieder ein Ort des Austausches für die Gelsenkirchener Leselernhilfe und die vielen ehrenamtlichen Beteiligten werden. Angesichts der Situation ist davon auszugehen, dass für den Neustart auch viele neue Ehrenamtler benötigt werden, die sich zukünftig ehrenamtlich als Leselernhelferin oder Leselernhelfer engagieren möchten. Diese können sich ab sofort unter kontakt@mentor-gelsenkirchen.de melden, und werden benachrichtigt, wenn nach der Sommerpause neue Einführungsworkshops durchgeführt werden können um dann gut vorbereitet Teil des Neustarts der Leselernförderung in Gelsenkirchen werden.

Die Leselernhelfer des Vereins Mentor bringen den Kindern die Freude am Lesen nahe und eröffnen ihnen so neue Wege des Lernens und der Bildungsteilhabe.
Foto: Mentor - die Leselernhelfer Gelsenkirchen
Der Vorstand des Vereins Mentor - Die Leselernhelfer Gelsenkirchen mit dem Vorsitzenden Reno Veit (rechts) und dem 2. Vorsitzenden Sebastian Gerlach. Foto: Mentor Gelsenkirchen
Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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