Von Werk aus sicher
Besuch bei der Werkfeuerwehr BP GE
Die Werkfeuerwehr BP stellt den Brandschutz für die Raffinerien Scholven und Horst sicher. Dabei steht ihr ein großer Fuhrpark mit Spezialfahrzeugen und -ausrüstung zur Verfügung. Der Stadtspiegel hat die Wache in Scholven besucht.
von Marco Wolf
Scholven. Mit festem Händedrück begrüßt Jürgen Mroß den Besucher. Mroß, ein kräftig gebauter Mann mit freundlichem Gesicht und gezwirbeltem Oberlippenbart, ist kommisarischer Leiter der Werkfeuerwehr BP in Gelsenkirchen und seit 1982 als Werkfeuerwehrmann tätig. Bei einem Gespräch in seinem Büro erläutert er einige Informationen über die Werkfeuerwehr.
So gehören nicht nur der Brandschutz und Rettungsdienst zu den Aufgaben des 48 Mann starken Löschzugs in Scholven, sondern auch die Absturzsicherung bei Arbeiten in großen Höhen und Tiefen. Teil dieser Aufgabe ist neben der Bereitstellung von Sicherungsmaßnahmen auch die regelmäßige Überprüfung der Ausrüstung und Beratung. So wurde die Werkfeuerwehr bereits an verschiedenen Standorten als Berater konsultiert. Sollte es trotz dieser Maßnahmen zu einem Unfall in der Höhe oder Tiefe kommen, ist für die Höhenrettung allerdings immer noch die Sondereinheit „Spezielle Rettung aus Höhen und Tiefen“ der Berufsfeuerwehr Gelsenkirchen verantwortlich.
Des Weiteren obliegt die Überprüfung der Brandmeldeanlagen sowie die Prüfung und Instandhaltung der Atemschutzgeräte, Gaswarngeräte und Feuerlöscher ebenfalls der Werkfeuerwehr. Von 12.000 Feuerlöschern im gesamten Werk wird aufgrund der Prüffrist von zwei Jahren jährlich gut die Hälfte geprüft. Aber auch für den Winterdienst auf dem Betriebsgelände ist die Werkfeuerwehr zuständig.
Dabei ist allerdings auch die Anzahl der Einsätze nicht unerheblich, rund 1800 waren es alleine im letzten Jahr. Der Großteil davon waren Bagatellfälle bzw. Probealarme, weil die Sicherheitsstandards insgesamt sehr hoch sind. Mroß betont: „Unsere Philosophie liegt auf einer sehr frühen Erkennung von Bränden, weshalb hohe Investitionen in die Brandfrüherkennung durch Leckageanzeiger und andere Einrichtungen fließen. Und es ist immerhin besser, einmal zu viel, als einmal zu wenig ausgerückt zu sein, denn gute Chancen bei einem Raffineriebrand haben wir, wenn wir schnell vor Ort sind“.
Die Kommunikation innerhalb der Werkfeuerwehr ist auf dem neuesten Stand der Technik. So ist der betriebliche Funk bereits seit längerer Zeit auf den Digitalstandard „TETRA“ umgestellt, lediglich der BOS-Funk (Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben) erfolgt noch über analoge Funkgeräte. Zudem besitzt jeder einzelne Feuerwehrmann neben seiner persönlichen Schutzausrüstung ein Funk- und Gasmessgerät, um höchste Sicherheit zu gewährleisten. Neben flammenhemmender Aramid-Kleidung (Nomex), wird mittlerweile auch Schutzkleidung aus Polybenzimidazol (PBI) und Aramidfasern in Kombination eingesetzt.
Eine weitere Besonderheit ist, dass der Werkarzt zu jedem rettungsdienstlichen Einsatz ausrückt und sämtliche Ärzte im Werk über eine notärztliche Ausbildung verfügen. In Abwägung der Gefahrensituation werden die Patienten dann entweder vom Rettungswagen der Werkfeuerwehr oder ab dem Werkausgang von der Feuerwehr Gelsenkirchen in das Krankenhaus transportiert.
Nachwuchs kommt bei der Werkfeuerwehr direkt aus der Ausbildung. Jeweils im Wechsel werden interessierte Industriemechaniker, Chemikanten und Elektroniker für Automatisierungstechnik nach ihrer Ausbildung zum Feuerwehrmann ausgebildet. Mroß sieht hier auch den Vorteil gegenüber der neuen Ausbildung zum Werkfeuerwehrmann: „Die Direktausbildung zum Werkfeuerwehrmann ist zu werkspezifisch. Das Problem dabei ist, dass die ausgebildeten Werkfeuerwehrmänner sich nicht ohne Weiteres bei einer Berufsfeuerwehr bewerben können. Das ist bei unseren Mitarbeitern dank ihrer vorherigen handwerklichen Ausbildung nicht der Fall“.
Als einer der größten Einsätze der Vergangenheit ist die Explosion eines Hydrocrackers (Anlage zur Produktion kurzkettiger Kohlenwasserstoffe, z.B. Motorenbenzin) am 10.12.1991 zu nennen. Mroß erinnert sich: „Die Besonderheit war damals, dass die Feuerwehr eher vor Ort war, als das große Schadensereignis. Zunächst rückte der Löschzug Scholven wegen eines Melderalarms aus, beim Eintreffen kam es dann erst zur Explosion“. Die Einsatzfahrzeuge wurden dabei erheblich beschädigt, sodass weitere Einsatzkräfte aus Horst nachgefordert wurden. Mroß befand sich damals auch unter den nachrückenden Einheiten, die zunächst von einer Großübung ausgingen: „Kurze Zeit zuvor hatte der damalige Werkleiter eine gemeinsame Übung angekündigt. Als dann der Alarm ertönte, gingen wir alle von dieser Übung aus. Einer meiner Kollegen merkte auf der Anfahrt sogar die vermeintlich täuschend echt realisierte Rauchsäule an, die wir ab Schaffrath sehen konnten“. Dass es sich keineswegs um eine Übung handelte, zeigte sich wenig später.
Da der Brand nicht gelöscht werden konnte, wurde ein kontrolliertes Ausbrennen des Hydrocrackers angestrebt. Der Einsatz in Zusammenarbeit mit Berufs- und Freiwilliger Feuerwehr dauerte damals mehrere Tage. Glücklicherweise wurde niemand ernsthaft verletzt.
Als Unternehmen der chemischen Industrie ist die Werkfeuerwehr auch in das Transport-Unfall-Informations- und Hilfeleistungssystem (TUIS) eingebunden, das einen Beratungsstandard bei außergewöhnlichen Einsatzlagen und der Großbrandbekämpfung in der Industrie darstellt. Die Werkfeuerwehr von BP berät hier insbesondere bei Tankbränden oder Einsätzen in Zusammenhang mit Kohlenwasserstoffen oder Rohölen. So wurde sowohl beim Großbrand im Ineos-Phenol-Werk in Köln im Jahre 2008, als auch 2012 bei einem Düngemittel-Brand in Krefeld-Stratum via TUIS unterstützt.
Besonders stolz ist die Werkfeuerwehr auf das neueste Einsatzfahrzeug, eine Teleskopmastbühne (TMB 44) des finnischen Herstellers Bronto-Skylift. In deren Korb kann beispielsweise eine Reanimation durchgeführt oder eine Person im Rollstuhl gerettet werden. Außerdem eignet sich das Hubrettungsfahrzeug zur Bekämpfung von Bränden in großen Höhen, wie sie im Werk auftreten können und verfügt auch über einen Vorrat des polymerbasierten Löschmitteladditivs „Firesorb“, das Löschwasser verdickt und zu einem haftfähigen Gel werden lässt. Auch die übrigen Fahrzeuge, z.B. das Sonderlöschfahrzeug (SLF) mit 6.000 Litern Schaummittel und 2.000 Litern Wasser oder das Universallöschfahrzeug (ULF) mit Wasser, Schaummittel, Pulver und Kohlenstoffdioxid als verschiedene Löschmittel und einem über die Fahrzeugkabine bedienbaren Sonderstrahlrohr (Monitor) auf dem Dach ermöglichen einen konsequenten Brandschutz und sorgen für Sicherheit in den beiden Raffinerien.
Autor:Lokalkompass Gelsenkirchen aus Gelsenkirchen |
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