Sie sind anders

Zahlreiche Helfer packten fleißig mit an. Alle Fotos: Kurt Gritzan
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  • Zahlreiche Helfer packten fleißig mit an. Alle Fotos: Kurt Gritzan
  • hochgeladen von Silke Heidenblut

Psychisch Erkrankte vom Nienhof beteiligen sich in Buer an der Aktion GEputzt

Sie sind mächtig aufgeregt, stehen erstmals in der Öffentlichkeit. Die Zeitung ist da, sogar ein Fotograf. Während die einen ihre Nervosität mit überlautem Reden überspielen, versteinern die anderen und beobachten angespannt die Szenerie.

Im Rahmen des stadtweiten GEputzt leistet auch der Nienhof seinen Beitrag. Der gemeinnützige Verein an der Nienhofstraße in Buer kümmert sich seit über 30 Jahren um Menschen mit psychischen Erkrankungen und Krisen. Es klingt so einfach: „Wir treffen uns, laufen dahin, räumen dort auf.“ Abfall aufsammeln, sich einbringen. Vor allem: Gemeinsam etwas tun.

„Raus vor die Tür“

Doch wenn Depression, Angststörung, Schizophrenie oder Persönlichkeitsstörung erwachsene Menschen davon abhalten, ihr Leben sorgenfrei zu leben, ist nichts einfach. Sozialpädagogin Regina Sommer betreut Klienten mit diesen psychischen Erkrankungen und zählt die Häupter ihrer Schützlinge: „Heute sind 15 Teilnehmer gekommen, so viele hatten wir noch nie. Dass sie sich überhaupt aufgerafft haben, ist schon eine große Leistung.“ Aus den Federn kommen, den Tag angehen, ihn bewältigen. Ein Problem. Überall Hürden. In der eigenen Wohnung klarkommen, Kontakte knüpfen, das fällt schwer, oft zu schwer. Genau hier hilft der Nienhof, bietet unterstützende ambulante Angebote wie die aufsuchende Begleitung, Betreutes Wohnen. Motivation zur Hausarbeit, Alltagsstrukturierung, soziales Kompetenztraining. Ganz oben auf der Agenda der etwa 80 Klienten steht die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben: „Raus vor die Tür“. Da gibt es wöchentliche Treffs, ins Kino gehen, gemeinsam kochen. Das Begegnungscafé, die Beratungsstelle. Sprechen über die Erkrankung, über die Sorgen, die Ängste. Das Projekt „Pusteblume“ unterstützt Kinder erkrankter Eltern und macht sie widerstandsfähig. Eine kindgerechte Aufklärung hilft, sich das „Anderssein“ der Eltern zu erklären.

Überraschende Fundstücke

Vom Nienhof aus marschiert die Gruppe durch die belebte Einkaufsstraße zum Michaelshaus. Dort wird der kleine Park auf Vordermann gebracht. Erstaunlich, was die Leute so an Dreck in die Büsche pfeffern. Die von der Stadt gestellten Werkzeuge werden verteilt, Handschuhe, Greifzangen, Mülltüten. Dann schwärmt die Truppe aus, durchkämmt den Grüngürtel. Schnell finden sich denkwürdige Objekte, die dann auch triumphierend bis verwirrt präsentiert werden: Kronkorken, zerdepperte Bierflaschen, Feuerzeuge, aber auch Kondome, sogar Spritzen. Überraschende Fundstücke. Gibt es im Alltag böse Überraschungen? Die Betreuer sind sturmerprobt, doch eine dunkle Wolke schwebt über der Arbeit mit psychisch Erkrankten. Das Schlimmste. Davor haben alle Angst. „Wenn ein Klient wirklich ernst macht und sich umbringt. Viele haben suizidale Gedanken, aber wir können helfen. Doch einer Kollegin in Essen ist es passiert, sie fand die Leiche, musste wechseln. Das bleibt uns hier hoffentlich erspart.“ Was wäre denn eine schöne Überraschung? „Man wird schnell bescheiden. Es sind die ganz kleinen Schritte. Ein Klient hat seine Wohnung aus eigenem Antrieb selbstständig gesaugt. Da weiß man, dass sich die Arbeit lohnt. Das motiviert unheimlich.“

Es hat sich gelohnt

Auch die Sammelaktion hat sich gelohnt, die Müllsäcke stapeln sich, die Truppe macht sich auf den Rückweg. Denn im Nienhof steht noch die Belohnung für die geleistete Arbeit an. Es gibt Kaffee und Kuchen, gemeinsam wird geschnippelt und gekocht. Fleisch und Zwiebeln werden angebraten. „Wir machen eine Reinschmeißsuppe. Da kommen nur leckeren Sachen rein…“ Guten Appetit.

Autor:

Daniel Henschke aus Essen-Werden

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