Schalke ist mein Leben
Mitten zwischen eingehender und ausgehender Post, einer riesigen Frankiermaschine, jeder Menge Bilder aus verschiedenen Epochen des FC Schalke 04 und immer mit dem Blick aus dem Fenster auf die Veltins-Arena, trifft man auch heute noch den einstigen Meisterspieler des Clubs, Willi Koslowski, in der Poststelle des Vereins an. Ein Leben ohne Schalke wäre für den 75-Jährigen einfach nicht denkbar.
Von Silke Sobotta
GE. Mit 16 Jahren kam Willi Koslowski vom Land, wohin ihn der Krieg verschlagen hatte, nach Gelsenkirchen und zu den Königsblauen, in deren A-Jugend er spielte.
„Ich kam hierher, um eine Ausbildung auf der Zeche Hugo als Berglehrling zu machen. Das war im Jahr 1952. Nach drei Jahren Ausbildung habe ich die Bergknappen-Prüfung abgelegt. Während der ganzen Zeit habe ich bei Schalke Fußball gespielt und mir damit schon damals einen Traum erfüllt“, erzählt der ehemalige Kicker.
Durchmarsch in die Erste Mannschaft
Von der A-Jugend wechselte er direkt in die erste Seniorenmannschaft und hatte - nun als Vertragsspieler - Ernst Kuzorra als Obmann. „Mein Vater war im Krieg gefallen und Ernst Kuzorra wurde so etwas wie mein Ziehvater für mich. Er war in allen Lebensfragen mein Ansprechpartner und hat mich beraten und ich habe alles so gemacht, wie er es vorgeschlagen hatte“, erinnert sich „der Schwatte“. Und die Hilfe von Kuzorra konnte er schon mit 18 Jahren gut gebrauchen. Denn damals wurde er zu Ostern zu einem FIFA-Turnier eingeladen, doch sein Fahrsteiger verweigerte ihm den Urlaub. „Ernst Kuzorra riet mir, diesen noch einmal aufzusuchen. Ich sollte ihm einen schönen Gruß von Kuzorra bestellen und ihn noch einmal um Urlaub bitten. ‚Wenn er dann immer noch nein sagt, dann kündigst Du auf der Zeche‘, meinte Kuzorra zu mir. Ich habe alles so gemacht, doch der Fahrsteiger meinte, er kennt keinen Kuzorra. Daraufhin habe ich ihm gesagt, er solle mir sofort einen Schein zum Rausfahren ausstellen, weil ich auf der Stelle kündigen müsse. Den Schein brauchte ich, damit der Förderkorb für den Personentransport genutzt werden konnte. Die Geschwindigkeit für die Materialien war ja viel schneller und für Personen gesundheitsgefährdend. Oben angekommen bin ich direkt in die Kaue, habe geduscht und das war es dann mit meiner Karriere auf der Zeche“, lacht Koslowski noch heute über diese Aktion.
Kuzorra sorgte für „das Leben“ neben Schalke
Er fuhr zu dem Auswahlturnier und bewies sein Können. Währenddessen regelte Ernst Kuzorra hier seine weitere berufliche Zukunft, denn damals musste ein Vertragsspieler dem DFB noch einen Nachweis über seine berufliche Tätigkeit erbringen. Und so kam Koslowski zu Glas & Spiegel an der Uechtingstraße in kurzer Entfernung zur Glückauf-Kampfbahn.
„Ich war über 29 Jahre in der Firma und war nicht der einzige Schalker. Denn der Direktor der Firma war ein Kollege von Ernst Kuzorra und ich hatte nie wieder Probleme damit, freigestellt zu werden“, schildert der Knappe.
80 bis 320 Mark waren der Verdienst der Spieler
Der Beruf war wichtig, da man als Vertragsspieler zu der Zeit nur zwischen 80 und 320 Mark im Monat verdiente, die natürlich zum eigentlichen Lohn dazu gerechnet und sozialversicherungspflichtig waren. „Geld verdient wurde nicht durch das Fußballspielen, sondern durch den Beruf.“
Willi Koslowski stand zwei Jahre in der A-Jugend, acht Jahre in der Oberliga West und zwei Jahre in der Bundesliga für die Königsblauen auf dem Platz. Mit seinen 21 Jahren war er der jüngste Spieler auf dem Platz, als der FC Schalke 04 die Deutsche Meisterschaft erlangte. „Das war ein Traum“, schwärmt Koslowski.
Mit Schalke nahm er 1958 auch an Europapokalspielen in Kopenhagen, Madrid und England teil, ehe die Königsblauen aus dem Pokal flogen. Als Nationalspieler reiste er 1962 zur Fußballweltmeisterschaft nach Chile.
Als Trainer der Amateure auf Schalke
Nach seiner aktiven Laufbahn hielt er Schalke als Trainer die Treue. So trainierte er die Amateure unter Manager Rudi Assauer, in dessen erster Managerzeit in Gelsenkirchen. Er unterstützte Klaus Fichtel, Klaus Fischer und Klaus Täuber beim Training der Amateure und stieg 1987 nachdem er bei Glas & Spiegel pensioniert war, voll bei Schalke ein und leitet seitdem die Poststelle des Clubs.
Ein Leben ohne Schalke wäre undenkbar
„Nur zu Hause zu sein, das wäre nichts für mich. Hier habe ich immer mit jungen Leuten zu tun, das hält jung und macht dazu noch Spaß. Ich atme jeden Morgen auf, wenn ich in Buer an der Post unsere Postfächer leere und dann hierher fahre“, gerät Willi Koslowski ins Schwärmen.
Seine tiefe Verbundenheit zum FC Schalke 04 hängt sicher auch mit den alten Traditionen zusammen. Denn früher galten noch andere Rituale: „Man traf sich am Haus Bosch und fuhr von dort mit dem Bus zu den Auswärtsspielen oder ging bei Heimspielen zur Glückauf-Kampfbahn rüber. Nach dem Spiel kehrte man wieder dorthin zurück, man speiste zusammen und wenn der Anlass gegeben war, feierte man gemeinsam. Wir haben aber auch oft lange beisammen gesessen, wenn wir schlecht gespielt und verloren hatten.“
Und natürlich hat er im Laufe der vielen Jahre auch so manche andere Schalker Legende kennen gelernt: „Die Zusammenarbeit mit Rudi Assauer war einfach einmalig. Er hat einem auch die Meinung gesagt, wenn er mit etwas nicht zufrieden war, aber er stand immer zu seinem Wort. Ihm war wichtig, dass man ihm die Wahrheit sagt, dann hat er jeden auch in Schutz genommen. Darum war er für alle hier immer ein guter Ansprechpartner, der Verständnis zeigte und half wo er nur konnte.“
Mit dem früheren Schalke-Kicker und Präsidenten Günter Siebert stand Willi Koslowski nicht nur bei der Meisterschaft 1958 gemeinsam auf dem Platz, ihn erlebte er eben auch als Präsident. „Günter war Mittelstürmer, ich war Rechtsaußen und Berni Klodt war der Linksaußen, wir waren ein gutes Gespann“, weiß „der Schwatte“ und belegen auch die Erfolge.
Erstaunlicherweise hat sich keines seiner Kinder, drei Mädchen und ein Sohn, dem Fußball verschrieben. Allerdings hat seine älteste Tochter als Leichtathletin bei der Olympiade in München eine Bronzemedaille in der 4 mal 100 Meter-Staffel errungen und trainiert noch heute den Leichtathleten-Nachwuchs, wenn sie nicht gerade in der Schalker Presseabteilung arbeitet.
Ein Blick auf die Tochter musste reichen
„Meine Tochter war gerade einen Tag alt, als ich nach Amerika geflogen bin, um dort einen Freund von Ernst Kuzorra zu besuchen. Das Krankenhaus hat es mir ermöglicht, sie wenigstens kurz zu sehen, ehe ich zum Flieger los musste“, lacht Koslowski in Erinnerung an diese aufregende Zeit mit dem FC Schalke 04.
Autor:silke sobotta aus Gelsenkirchen |
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