Reiner Calmund: Ein „positiv Bekloppter“
Es gibt ja introvertierte Leute, die sind so eher zurückhaltend, in sich gekehrt und distanziert. Hier im Ruhrgebiet würde man sagen: zugeknöpft. Und dann gibt es da die Extrovertierten, die immer gesellig sind, weltoffen und besonders kommunikationsfähig. Genau so einer ist Reiner Calmund, der von seinen vielen Freunden und Fans liebevoll „Calli“ genannt wird.
Das ran Jahrhundertspiel in der Arena
Wenn am Sonntag, 17. Dezember, um 18 Uhr das „ran Jahrhundertspiel Deutschland gegen die Türkei“ angepfiffen wird, dann ist Reiner Calmund nicht nur dabei, sondern mittendrin, denn er hat gemeinsam mit Felix Magath den deutschen Kader zusammengestellt und stellt sich damit dem türkischen Team, das Christoph Daum zum Trainer hat. Nach der Pfeife der drei Herren tanzen dann in der Veltins-Arena die alten Recken des deutschen und türkischen Fußballgeschäfts.
Das Interview mit Reiner Calmund
Im Vorfeld des Jahrhundertspiels sprach der Stadtspiegel mit Reiner Calmund über seine eigene Fußball-Karriere, seinen Weg in die Bundesliga und weitere Stationen seines Lebens.
Callis Anfänge als Kicker
Stadtspiegel: Herr Calmund, Sie haben ja selbst auch mal gegen das runde Leder getreten. Das liegt aber lange zurück und ist kaum noch bekannt. Erzählen Sie doch mal!
Reiner Calmund: „Ich war ein recht ordentlicher Spieler in der Jugend. Nicht der beste auf dem Platz, aber ein solider Spieler. Ich habe im Mittelfeld gespielt als Arrangeur, so als verlängerter Arm des Trainers. Damals war ich schon für die dritte Halbzeit verantwortlich und habe mich um das Vergnügungsprogramm nach dem Spiel gekümmert.“
Und wie ging es nach der Jugend weiter?
„Ich war total stolz als ich mein erstes Spiel in der 1. Mannschaft von Frechen 20 absolvieren durfte. Die haben damals in der 3. Liga, also der Amateuroberliga gespielt. Doch es sollte nicht sein. Ich habe mir einen Knochenabriss im Sprunggelenk zugezogen und das war damals nicht so zu beheben wie das heute möglich wäre. Das war das Ende meiner aktiven Karriere. Als ich meine Riesenenttäuschung verwunden hatte, bedeutete dieses Aus aber für mich ein Glück, denn ich war frei für meine spätere Karriere. Ich habe meinen Trainerschein gemacht, war als Lokalsport-Journalist tätig und habe vom Bleisatz bis zum frühen PC-Zeitalter alles erlebt. Dann war ich Verbandsfunktionär, habe eine kaufmännische Ausbildung abgelegt und später ein Wirtschaftsstudium. Sportlich wäre ich nie über die 3. Liga hinausgekommen und so war es für mich ein Glück.“
Könnten Sie sich eine Rückkehr auf die Fußballbühne vorstellen?
„Ich war ja nie ganz weg, wie man ja an dem Jahrhundertspiel sieht. Aber ich würde nicht mehr bei einem Club auf der Bank sitzen wollen. Da ist man abhängig von den Jungs in kurzen Hosen und wenn die keinen Erfolg einfahren, bedeutet das für mich einen großen Verlust des Lebensgefühls. Das möchte ich heute nicht mehr riskieren. Ich bin und bleibe aber ein großer Fan von Bayer Leverkusen und fiebere mit all unseren Mannschaften mit, die in der Champions League antreten.“
Apropos Champions League. Wie sehen Sie Schalkes Chance auf die nächste Runde?
„Wenn Schalke in der Arena gegen Basel gewinnt, haben sie eine große Chance auf das Achtelfinale. Und trotz Krisen und vielen Verletzungen ist der Klub auch in der Bundesliga nah dran an den Champions League-Qualifikationsplätzen. Und wenn die Schalker die Hinrunde vernünftig beenden, dann ist auch in der Rückrunde alles möglich. Vielleicht bis auf die Meisterschaft. “
Man könnte meinen, dass Sie das Geschehen auf Schalke verfolgen?
„Zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich als kleiner Junge immer ein großer Fan von Schalke war. Ich habe sogar in meiner Zeit als Manager von Bayer Leverkusen mal ein Angebot von Schalke bekommen, aber das habe ich abgelehnt. Ansonsten fühle ich mich dem Club heute noch sehr verbunden, weil er durch die Malocher groß geworden ist. Ich stamme selbst aus einer Bergarbeiter-Familie, wenn auch aus dem offenen Tagebau. Es war das gleiche Milieau. Darum ist auch der Film „Das Wunder von Bern“ einer meiner Lieblingsfilme, weil dort genau meine Jugend beschrieben wird."
Magath auf Schalke
Sie haben als Manager des Jahrhundertspiels Felix Magath in der Trainer-Funktion zurück geholt nach Gelsenkirchen. Glauben Sie, dass das eine gute Wahl war?
"Er ist ein erfolgreicher Trainer, hat Stuttgart von der Intensivstation geholt und das wirtschaftlich wie auch sportlich. Mit den Bayern ist er zwei Mal Meister geworden und als er auch Schalke anfing, wurde er als großer Fisch gehandelt, den sich der Club da an Land gezogen hatte. Am Ende stimmte dann die Chemie nicht, aber daran hat keiner Schuld. Nur wenn die Chemie nicht stimmt, dann muss man sich trennen. Darüber sollte man auch nie vergessen, dass er auch positive Dinge bewirkt hat. Darum bin ich sicher, dass er hier gut empfangen wird.
Die Angst vor dem Muskelkater geht um
Von den deutschen Spielern weiß ich aber, dass der ein oder andere erst am Sonntagmorgen hier anreisen werden, aus Angst, dass Felix am Samstag schon ein Aufwärmtraining mit ihnen absolvieren könnte.“
Immer gern im Dienste der guten Sache
Bei dem Jahrhundertspiel geht es ja um den guten Zweck. Mit dem Erlös wird unter anderem die Aktion „Ein Herz für Kinder“ unterstützt und auch das Manna-Familienzentrum um Berlin-Neukölln, das von vielen deutschen und türkischen Familien besucht wird. Ist es Ihnen darum eine Herzensangelegenheit?
„Allerdings. Es ist mehr als nur ein Fußballspiel. Marc Wilmots zum Beispiel, das frühere Schalker Kampfschwein ist mittlerweile als belgischer Nationaltrainer gut ausgelastet. Er kommt aber trotzdem und sitzt neben Rudi Assauer auf der Ehrentribüne. Toni Schumacher wird als Torwarttrainer fungieren und auf Jens Lehmann und Jörg Butt treffen. Dabei sagt Toni: „Mein Herz schlägt für beide Teams“, weil er nie vergessen hat, dass er mit Fenerbahce Istanbul Meister geworden ist. Und wenn es um Integration geht, sollten wir mal an Mesut Özil denken. Der Gelsenkirchener Jung verbindet beide Nationalitäten in sich, ist ein Weltstar und ein echtes Zeichen der Integration.
Darum hoffe ich, dass viele Menschen zu dem Spiel kommen werden. Am Volkstrauertag ist sonst sowieso nichts los und die Preise sind auch sehr moderat. Und dann geht alles noch an den guten Zweck!“
Kein Ruhestand in Sicht
Sie werden noch diesen Monat 65. Ein Alter in dem andere den Ruhestand herbei sehnen. Wie steht es bei Ihnen damit?
„Ruhestand? Ich? Nee! Ich könnte Ihnen jetzt meinen Terminkalender für die nächsten zwei Wochen zeigen, dann wüssten Sie, dass ich mich eher im Unruhestand befinde. Und das kann auch ruhig noch so bleiben. Was ich mir gönne, dass sind ab Mitte Dezember drei Wochen Ferien, die ich dann mit meiner Familie und meinem thailändischen Adoptivkind verbringen werde. Ich hoffe, dass mich die Hängematte dann trägt.“
Eine Lieblingsspeise?
Sie sind ja auch in vielen Kochsendungen zu Gast. Haben Sie eine Lieblingsspeise?
„Wenn ich die alle aufzählen würde, dann bräuchten Sie eine Sonderausgabe. Das sind einfach zu viele. Es ist einfacher zu sagen, was ich nicht mag: Alle Innereien mit Ausnahme der Leber. Da gibt es auch ein Sprichwort: „Herz, Niere und Lunge sind nix für de Junge.“ Ansonsten esse ich auch kein Kaninchen. Wir hatten genau wie der Junge in das Wunder von Bern Kaninchen, die hießen Hansi und Fritz. Ich bin ja kein Kanibale und wenn ich Kaninchen essen würde, müsste ich immer an die beiden denken.“
Rampensau oder nicht?
Sie sind immer gut drauf und forsch dabei. Würden Sie sich selbst als eine Rampensau bezeichnen?
„Ja klar. Ich bin eine raue, aber herzliche Rampensau!“
Autor:silke sobotta aus Gelsenkirchen |
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