Purple Schulz: Mit rheinischem Humor in die Tiefe
Wenn von Purple Schulz die Rede ist, denkt man schnell an die Neue Deutsche Welle, „Verliebte Jungs“ und „Sehnsucht“. Doch seitdem sind mehr als 30 Jahre vergangen und dabei haben sich auch die Sehnsüchte verändert.
In diesem Jahr war der Musiker, der gern über Dinge singt, die andere als Tabu betrachten und die Probleme der Zeit in seinen Songs beleuchtet, zu Gast beim Open-Air-Konzert des RockOrchester Ruhrgebeat im Amphitheater.
Stadtspiegel: Sie sind ein echter Kölscher Jung und bekannt für ihren ureigenen rheinischen Humor. Sind Sie auch ein echter Karnevalist?
Purple Schulz: „Nicht wirklich. Ich habe mich viele Jahre im alternativen Kölner Karneval, der Stunksitzung, eingebracht. Damit sind wir bis nach Berlin getourt und ich sage Ihnen: Die Berliner haben keinen Humor und wir haben dort mit der Stunksitzung Missionsarbeit in Sachen rheinischer Humor betrieben.“ (lacht)
Dieses Engagement endete 2011. Wie kam es dazu? Ihren Humor haben Sie ja nicht verloren.
„Ich habe zusammen mit meiner Frau und Managerin Eri an einem neuen Album gearbeitet und bin dann damit auf Tour gegangen und habe 140 Konzerte in zwei Jahren gegeben.“
Sie sind schon seit langem karitativ engagiert. Aber sie engagieren sich auch musikalisch für den guten Zweck, etwa mit dem Song „Fragezeichen“. Wie kam es dazu?
„Mein Vater ist an Demenz erkrankt, das war der Auslöser zu „Fragezeichen“. Ich habe es dann beim Kongress der Deutschen Alzheimer Gesellschaft vorgestellt und auch ein Video dazu konzipiert. Inzwischen ist das Video Teil der Ausbildung in der Altenpflege, wird aber auch von Angehörigen dementiell veränderter Menschen sowie den Betroffenen selbst sehr geschätzt. Inzwischen bin ich auch Kuratoriumsmitglied der Alzheimer Gesellschaft.“
Sie haben sich nie gescheut, Tabus in ihren Songs anzusprechen. Fühlen Sie sich als ein Vorbild?
„Eher nicht. Was ich möchte ist, den Menschen neue Blickwinkel öffnen auf Dinge, die uns alle täglich beschäftigen. Mit dem Musikbusiness hatte ich nie viel am Hut. Ich wollte nur Musik machen und Geschichten erzählen. Ich bin keine 28 mehr und so haben sich auch meine Themen verändert, aber die Menschen gehen mit und nehmen das so an. Besonders freut es mich, dass auch die Kinder meiner Fans die Songs zu schätzen wissen. Die Menschen lechzen nach Themen, die jeden betreffen, damit sie wissen, dass sie nicht allein sind damit.“
Das hört sich gar nicht nach rheinischem Frohsinn an.
„Keine Angst: Ein Purple Schulz-Konzert ist keine todernste Sache. Darum trete ich auch gern in Theatern auf, weil es dort intimer ist und ich mehr Nähe zu den Menschen habe. Sonst fehlt mir der Kontakt zum Publikum.“
Sie haben auch ein Buch geschrieben mit dem Titel „Sehnsucht bleibt“. Bezieht sich der Titel auf den Song?
„Die Entstehung basiert auf einem Zufall. Bei mir um die Ecke wohnt ein Verleger, von dem ich nicht wusste, dass er das ist, bis er mich eines Tages bei einem Kaffee gefragt hat, warum ich nie ein Buch geschrieben habe? Ich meinte: Weil ich noch nie eins geschrieben habe. Ich male ja auch nicht. Aber so war die Idee geboren. Die Sehnsucht lag dabei als Thema nahe, weil ich den Song damals geschrieben habe als zorniger junger Mann, der keine Kinder in diese Welt setzen wollte. Dank meiner wunderbaren Frau Eri habe ich drei Kinder und inzwischen auch Enkel. Aber ich wollte eben auch keine Biographie schreiben, sondern eher dem nachgehen, wie sich Sehnsucht verändert hat im Laufe der Jahrzehnte. Wie sich die Zeit, die ich hier in diesem Land verändert hat und was das Land aus mir gemacht hat. Das Buch handelt von deutsch-deutscher Geschichte und geht der Frage nach: Was war Sehnsucht damals und was ist sie heute?“
Worauf darf man sich als nächstes von Ihnen freuen?
„Ich arbeite mit Eri gerade an einem neuen Album, auf dem Songs aus den letzten 38 Jahren für das neue Jahrtausend aufbereitet werden. Viele der Songs sind auch noch heute aktuell, aber sie sind auch in der Musik der 80er Jahre verhaftet. Dabei wird es auch die ein oder andere kleine Textänderung geben. Am Ende soll aber kein „Best of“ entstehen, sondern eher ein Potpourri gesellschaftlicher Themen, die nach wie vor aktuell sind. Das macht großen Spaß, weil man dabei sehr vieles ausprobieren kann.“
Autor:silke sobotta aus Gelsenkirchen |
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