Obdach für die StraßenFeuer-Gala

Markus Kiefer "lag die ganze Zeit herum", wie Moderator Frank Bürgin mit einem Lächeln kommentierte. Er präsentierte sich wie im Vorjahr als Vertreter der Wohnungslosen und seine Performance wurde von den Besuchern mit Wohlwollen betrachtet. Foto: Gerd Kaemper
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  • Markus Kiefer "lag die ganze Zeit herum", wie Moderator Frank Bürgin mit einem Lächeln kommentierte. Er präsentierte sich wie im Vorjahr als Vertreter der Wohnungslosen und seine Performance wurde von den Besuchern mit Wohlwollen betrachtet. Foto: Gerd Kaemper
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Zum dritten Mal hatte Norbert Labatzki zur StraßenFeuer-Spendengala für die Obdachlosenhilfe ins Hans-Sachs-Haus eingeladen und wieder folgten sehr viele Besucher der Einladung. Oberbürgermeister Frank Baranowski sprach gar vom „Sahnehäubchen, denn alles was an Stuhlreihen über das Bürgerforum hinaus geht, das bildet das Sahnehäubchen.“

Künstler im Einsatz für den guten Zweck

Wie in den Vorjahren traten alle beteiligten Künstler ohne Gage auf und stellten sich damit in den Dienst der guten Sache. Flamenco-Gitarrist Rafael Cortes spendete darüberhinaus auch noch einen Teil aus dem Verkauf seines CD-Verkaufs. Und so bot der Nachmittag weit mehr als das Sammeln von Spenden, denn den Zuschauern wurde ein kulturell hochwertiges Programm geboten.

OB Baranowski eröffnete die Veranstaltung

Oberbürgermeister Frank Baranowski sprach die Begrüßung und freute sich für die Stadt, „dieser Benefiz-Veranstaltung zugunsten Wohnungsloser nun schon zum dritten Mal ein Obdach in unserem Stadt- und Rathaus geben zu können!“
Stolz zeigte sich das Stadtoberhaupt darüber, dass es „der Mehrheit der Gelsenkirchener nicht egal ist, wenn andere Menschen an Wohnungs- und Heimatlosigkeit leiden. Menschen müssen in Sicherheit an einem Ort zu Hause sein können, sie haben das Recht auf eine Wohnung. Und da kann ich es nur begrüßen, wenn Künstler verschiedener Sparten sich des Themas annehmen, zugunsten Betroffener sammeln – und uns zudem noch unterhalten!“
Und dabei machen die Bürger keinen Unterschied zwischen Flüchtlingen, die vor Bomben fliehend hier Zuflucht suchen, und Menschen, die durch persönliche Notlagen auf der Straße leben.

MiR-Bass singt Hildegard Knef

Das Programm wurde eröffnet durch Joachim Gabriel Maaß, der den Moderator Frank Bürgin ankündigte als Mitglied des MiR-Ensembles seit 1988, das in mehr als 100 Produktionen mitgewirkt hat. Am Klavier begleitet wurde Maaß durch Wolfgang Wilger und gemeinsam präsentierten sie Chansons der großen Diva Hildegard Knef. So kamen „In dieser Stadt“, „Tapetenwechsel“ und „Eins und Eins macht Zwei“ zu Gehör.

Arzt Mobil und Gelsenkirchen packt an! Warm durch die Nacht"

Die Arbeit mit Wohnungslosen in Gelsenkirchen stellten Petra Bec von „Gelsenkirchen packt an! Warm durch die Nacht“ und Jennifer Wnuk von Arzt Mobil und Caritas vor. Die Sozialarbeiterin Jennifer Wnuk verdient ihren Lebensunterhalt zur einen Hälfte bei der Caritas im Wilhelm-Sternmann-Haus und zur anderen bei Arzt Mobil und zwar komplett finanziert durch Spenden wie die, die bei der Gala zusammen kommen.
„Warm durch die Nacht“ ist an mindestens fünf Tagen in der Woche im Einsatz und versorgt Wohnungslose vornehmlich im Bereich der Bahnhofstraße und des Bahnhofs mit warmen Getränken, Suppen, Hygieneartikeln, Schlafsäcken und mehr. Demnächst möchte sich die Bürgerinitiative als Verein aufstellen, um auch Spenden empfangen zu können.
„Bisher verbreiten wir auf facebook, was wir gerade benötigen und erhalten Sachspenden“, schildert Petra Beck. „Wir haben natürlich immer zu Essen und Trinken dabei, aber auch andere Dinge. Nur wir stellen immer wieder fest, dass den Menschen auf der Straße das Zuhören genau so wichtig ist. Wir helfen dann auch beim Ausfüllen von Anträgen und ähnliches. Uns ist es auch egal, wo Jemand her kommt, wenn er Hunger hat, hat er Hunger, egal ob er aus dem Irak kommt oder aus Gelsenkirchen.“
Die Kontaktpflege ist auch der größte Teil der Arbeit, den Jennifer Wnuk beschreibt. „Die Leute kennen uns und erzählen ihre Geschichte. Wir nehmen sie dann an die Hand und erledigen mit ihnen Wege durch Ämter und Institutionen. Ähnlich ist es auch mit dem Arzt Mobil. Die Ärztin versorgt natürlich auch körperliche Wunden, aber der Großteil ihrer Arbeit besteht darin Seelenbalsam zu bieten.“

Obdachloseneinrichtungen brauchen ehrenamtliche Unterstützung

Ein Anliegen hatte Wnuk noch an die versammelten Bürger: „Die Wohnungslosen-Einrichtungen, wie das Wilhelm-Sternemann-Haus oder das Weiße Haus, bieten den Menschen Frühstück, Mittagstisch und einen Raum zum Aufwärmen. Um dieses Angebot weiter bereit stellen zu können, benötigen wir die Hilfe von Ehrenamtlichen. Wenn Sie etwas Zeit erübrigen können, melden Sie sich bitte!“

Badeken di Kallah sorgt für jüdische Klänge

Die Klezmer-Formation Badeken di Kallah sorgte für musikalische Unterhaltung und nahm die Menschen mit ins Jahr 1880 und die Zeit der fahrenden Künstler. Für die Musik sorgten am Bandonium Toma Neill, an der Gitarre Thomas Spieß, am Kontrabaß Markus Grau und an der Klezmer-Klarinette Norbert Labatzki, der auch „A bissele Glück“ und „Bei mir bist Du schejn“ intonierte.

Versteigerung des Kunstwerkes Zeit-Geist von Ines Gauchel

Auch in diesem Jahr gab es eine Kunstversteigerung. Dazu hatte Ines Gauchel mit „Zeit-Geist“ ein aus zwei großformatigen Bildern bestehendes Kunstwerk zur Verfügung gestellt. Die im Hauptberuf als Erzieherin tätige Künstlerin hat sich der konstruktiven Kunst verschrieben und „bietet auf Basis geometrischer Figuren einen klaren Durchblick auf die Welt“, wie Moderator Frank Bürgin schilderte. Bei der Versteigerung boten sich zwei Herren ein starkes Kopf-an-Kopf-Rennen, das bei 700 Euro endete.

Rafael Cortes im Doppelpack

Auf Rafael Cortes und seinen Sohn Rafael Cortes junior freute sich nicht nur Frank Bürgin „wie bolle“, sondern auch das Publikum, wie der Applaus schnell verdeutlichte. Und der Meister an der Akkustik-Gitarre begeisterte nicht nur damit, dass er verriet gebürtiger Gelsenkirchener zu sein, sondern auch mit dem was er mit zehn Fingern den sechs Saiten seiner Gitarre entlockte.

Viele Wege führen zum Engagement für Obdachlose

Mit Tugce Savci und Alexandros Ahmed betraten zwei Beteiligte die Bühne, die sich mit Obdachlosigkeit auskennen. Tugce Savci durch ihr Studium des Mediendesigns und Ahmed weil er sechs Jahre lang in Griechenland, der Schweiz und Italien auf der Straße lebte. Die junge Frau musste für ihre Bewerbung zum Studium eine Kampagne entwerfen und entschied sich für das Thema Obdachlosigkeit, das sie auf Fotos bannte und mit Texten versah. Dabei kam eine Parkbank heraus, die sie als Lieblingsbett titulierte.
Alexandros Ahmed bedauerte als er nach Essen kam, dass es dort kein Obdachlosenmagazin gab, also gründete er den Paperboy und versucht damit den Menschen auf der Straße durch den Verkauf des Magazins eine kleine Arbeit als Hilfestellung zu bieten. „Die Leute kaufen das Magazin für 1 Euro und verkaufen es für 2.10 Euro. Damit verdienen sie ihr eigenes Geld“, schilderte Ahmed.
Frank Bürgins „persönlicher Lieblings-Dortmunder“ sorgte für den Abschluss des Programms und war kein Geringerer als Fritz Eckenga, der als Bademeister, Baumarktleiter und Fußballmanager immer die passenden Worte zum Tagesgeschehen findet.

Fritz Eckenga erfreute mit Frischem von der Halde

Eckenga gab Kostproben seines Programms „Frisch von der Halde“ zum besten und überraschte damit, wie aktuell doch so manches von der Halde sein konnte. Wie etwa Kurt Tucholskys „Heimat“ aus der Sammlung „Deutschland, Deutschland über alles“, die 1929 in Berlin erstmals veröffentlicht wurde.
Doch der Dortmunder konnte sich natürlich auch nicht verkneifen in einer Wunde zu rühren: „Wenn wir heute nicht gewonnen hätten, wären es nur noch 17 Punkte Abstand gewesen.“ Doch mit einem schnell gesprochenem „Freundschaft“ beruhigte er das Schalker-Publikum schnell wieder.
Er rief auf, sich von einem starken Stück Deutschland zu verabschieden, dem „Made in Germany“, und erläuterte, dass unser Wertesystem aus den Fugen gerät: „Ich habe mich dabei ertappt, dass ich Angela Merkel in Schutz nehmen möchte. Das ist ein völlig neuer Reflex für mich. Aber sie ist eine Frau in leitender Funktion, die ausspricht was eigentlich zivilisatorischer Standard sein sollte, wenn es anderen Menschen schlecht geht.“
Er sinnierte darüber, ob die NSDAP 1933 mehr als die 24% der Stimmen, die die AfD bei den Wahlen in Sachsen-Anhalt gerade geholt hat, hatte. Aber auch das Stippen von harten Sachen in Kaffee, das er von seinem „Oppa“ gelernt hat fand Raum. Und er verdeutlichte am Beispiel von Erwin, dessen Vorfahren mal aus Polen kamen, und Öner, dessen Wurzeln mal in der Türkei sprießten, was interkulturelle Kernkompetenz eigentlich meint. Alles in allem bot er Wortakrobatik vom Feinsten und bewies, zu was die deutsche Sprache alles mächtig ist.

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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