Nach der Migradonna ist vor der Migradonna

Eine überraschte und glückliche Migradonna 2015 wurde Nazmiye Uzunel, die jede freie Minute dem Ehrenamt und der Arbeit im Lalok Libre für Menschen mit Migrationshintergrund opfert. Ihr gratulierten Bürgermeisterin Martina Rudowitz, Venetia Harontzas und Gaby Schäfer. Foto: Kurt Gritzan
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  • Eine überraschte und glückliche Migradonna 2015 wurde Nazmiye Uzunel, die jede freie Minute dem Ehrenamt und der Arbeit im Lalok Libre für Menschen mit Migrationshintergrund opfert. Ihr gratulierten Bürgermeisterin Martina Rudowitz, Venetia Harontzas und Gaby Schäfer. Foto: Kurt Gritzan
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Die achte Migradonna-Verleihung wird auch die letzte sein, die aus einer privaten Inititiative heraus durch das Internationale Frauencafe am Lalok libre verliehen wurde. Doch die Migradonna wird es in Gelsenkirchen auch weiterhin geben, denn die Stadt Gelsenkirchen findet die Idee so hervorragend, dass sie sie fortführend wird.

Auch 2016 wird die Migradonna verliehen

Die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Gelsenkirchen, Gaby Schäfer, dankte der Ideengeberin und bisherigen Organisatorin Venetia Harontzas: „Wir sagen Danke für die Idee und Durchführung. Und wir mögen Dich wie Du bist und auch Dein manchmal chaotisches Wesen. Und wir bedauern das Ende der Migradonna in der bisherigen Form. Aber wir werden alle gemeinsam anpacken, damit Du in nächsten Jahr ganz gelassen und entspannt im Publikum sitzen kannst.“
Doch bis es zum Abschied kam, erlebten die anwesenden Frauen und Männer mit und ohne Migrationshintergrund ein volles Programm mit einem Rückblick auf acht Jahre Migradonna, Gesang, Tanz und Musik, Gedankenspielen einer Migrantin und natürlich der Preisverleihung der Migradonna 2015.

Ein buntes Programm in der "flora"

Durch das Programm führte Doris Harontzas, die locker-flockig die Ansagen machte, aber auch persönliche Worte an die Zuschauer richtete. Die Begrüßung erfolgte durch die Hausherrin der „flora“, Wiltrud Apfeld, die lobende und stolze Worte über die Migradonna fand.

"Hakuna Matata" mit Timon und Pumba

„Timon und Pumba“, die beiden Philosophen aus „König der Löwen“ ließen die bisherigen Migradonna-Veranstaltungen Revue passieren und gaben natürlich ihr „Hakuna Matata“ zum Besten.

Vor 50 Jahren die Türken - jetzt brauchen die Osteuropäer eine Chance

Melek Topapoglu, die Vorsitzende des Integrationsrates der Stadt Gelsenkirchen, erinnerte sich an ihre Ankunft hier in Deutschland und Gelsenkirchen. „Damals hatten die Frauen mindestens zwei bis drei Kinder und neben ihnen und dem Haushalt kaum Zeit für das Erlernen der Sprache oder Freizeitbeschäftigungen. Wir Kinder mussten unsere Mütter begleiten und dolmetschen. Das führte dazu, dass meine jüngste Schwester, die 16 Jahre jünger ist als ich, bei ihrer Einschulung zu mir sagte: Abla (große Schwester) eigentlich möchte ich, dass Du meine Mutter bist. Ich war für sie das Vorbild, weil meine Mutter mit ihren fünf Kindern zu tun hatte und nicht viel Zeit für sich und ihre Umgebung hatte.“

Die Not hautnah erlebt

Inzwischen weiß die Deutsch-Türkin zu schätzen, wie gut es der zweiten Generation der Migranten geht. Doch es gibt eine neue erste Generation, wie Melek Topapoglu schilderte. Eine Freundin von ihr hatte ihr eine Beobachtung geschildert, die sie zum Nachdenken brachte. Die Freundin hatte eine Roma-Frau mit zwei Kindern im Alter von vielleicht acht und eineinhalb jahren beobachtet, die in den Mülltonnen stöberte. Sie leerte Müllbeutel aus und wühlte. Dabei hatte trotz Regen und Kälte nur das Kleinkind eine dicke Jacke an, Mutter und größere Tochter trugen Strickjacken. Die Freundin wurde ärgerlich, weil der Müll in Unordnung geriet durch die Wühlerei, bis sie plötzlich ein glückliches Strahlen im Gesicht der Roma-Frau erblickte, die erst ein und dann noch ein Kissen aus dem Müll angelte und beide in die zuvor geleerte Mülltüte stopfte.
„Heute brauchen die Neuzuwanderer unsere Hilfe und eine Chance, damit sie teilhaben können an unserer Gesellschaft“, erbat sich Melek Topapoglu von den Anwesenden und den übrigen Gelsenkirchenern.

Musik und Tanz runden das Programm ab

Im musikalischen Teil präsentierte Rosalia Harontzas ein griechiches Lied in der Sprache ihrer Eltern und dann die Roma-Hymne „Gelem Gelem“. Dabei wurde sie auf der Gitarre begleitet von Andronik Yegiazaryan. Ihren ersten Tangos-Auftritt absolvierte in diesem Rahmen die jugne Chantal Esperanza Guisado Santana. Und zwar mit Bravour!

Und die Migradonna 2015 ist....

Die Laudatio für die Migradonna 2015 sprach Gaby Schäfer, die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Gelsenkirchen. Dabei erinnerte sie zunächst an die wenige Tage zuvor verstorbene Migradonna des Jahres 2009 Doris Tachojanni. „Liebe Doris, Du bist heute in unseren Gedanken und wirst immer in unseren Herzen sein“, waren die bewegten Worte von Gaby Schäfer.
„Freizeit bedeutet Ehrenamt für die diesjährige Migradonna. Sie ist schon als Jugendliche zum Lalok Libre gestoßen, als das noch gar nicht normal war für ein türkisches Mädchen. Sie begeisterte andere türkische Frauen und Mädchen und brachte sich selbst ein in Kursen, Veranstaltungen und Ferienfreizeiten. Wenn sie nicht gerade als Krankenpflegerin im Marienhospital arbeitet, widmet sie ihr Zeit dem Lalok Libre und war als eine der ersten dabei, als es darum ging die Osteuropäer zu integrieren“, schilderte Schäfer und überreichte schließlich die Migradonna 2015 an Nazmiye Uzunel.

Abschied nehmen von der Migradonna

„Ein ganz besonderer Moment“ stand auf dem Programm als Venetia Harontzas ihre „Abschiedsrunde“ drehte. Sie verkündete das Aus der Migradonna in der bisherigen Form und dankte den zahlreichen Mitstreitern, ohne die die acht Migradonnas nicht hätten vergeben werden können.
Wie es ihre Art ist, wollte die Lalok Libre-Chefin nicht zu sentimental werden und übergab neben Blumensträußen auch „Staubfänger“, kleine Skulpturen, an Stefanie Olbering von der Sparkasse, Gaby Schäfer, Waltraud Apfeld, Claudia Keuchel vom Referat Kultur, Manfred Fokkink als mit Ideengeber und Jesse Krauß als Filmemacher in Sachen Migradonna.

The Gipsy Vagabond lässt die Tanzbeine rotieren

Am Ende sorgte Rafael de Alcala auch bekannt als The Gipsy Vagabond für tanzbare Gitarrenmusik und heizte den Anwesenden richtig ein mit seinen flotten Klängen. Damit kam gar nicht erst eine traurige Abschiedsstimmung auf.

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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