Ich bleibe Pott!

Er hat es nicht anders gewollt! Bislang schlummerte das Engel-Foto im Stadtspiegel-Archiv, nun wird es offiziell. Entstanden ist es aber nicht für eine Stadtspiegel-Aktion, sondern bei einer kleinen Plauderei unter Freunden. | Foto: Anne Breilmann
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  • Er hat es nicht anders gewollt! Bislang schlummerte das Engel-Foto im Stadtspiegel-Archiv, nun wird es offiziell. Entstanden ist es aber nicht für eine Stadtspiegel-Aktion, sondern bei einer kleinen Plauderei unter Freunden.
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Olaf Henning hat das Lasso eingepackt und ist tiefer in den Westen geritten. Die Planwagen des Henning Trecks haben Anfang Oktober ihre neue Heimat in Borken erreicht. Ja, liebe Leser, sie haben richtig gelesen! „Unser Olaf“ ist weg.

Von Thilo Pasch

GE. Aber lassen sie mich die Geschichte ohne Wild-West-Floskeln erzählen, denn der Schlagersänger ist schon lange nicht mehr auf seinen Lasso Song zu reduzieren. Die Entwicklung der letzten Jahre, in unserem geliebten Gelsenkirchen, haben ihn zu einem der Top Stars der deutschsprachigen Musik werden lassen.
Der gebürtige Mülheimer ist 2002 nach Gelsenkirchen gezogen. Der Stadtspiegel hat seine steile Karriere aber bereits mehr als zehn Jahre lang regelmäßig dokumentiert und nach Hennings eigener Aussage, dafür gesorgt, dass der Sänger sofort als waschechter Gelsenkirchener anerkannt wurde. Das allein war Grund genug für die Redaktion dieser Zeitung zu sagen: „Moment, so einfach kommt der uns nicht davon!“
Also wurde ich, der Schreiber dieser Geschichte und ein sehr enger Freund der Hennings, kurzfristig von meiner Kolumnen-“Pflicht“(GE-sund und Top Fit) befreit, um dem Barden auf den Zahn zu fühlen.
Ich bewaffnete mich mit Stift und Block und ritt, äh, fuhr ihm hinterher. Gut eine Stunde habe ich gebraucht, obwohl Olaf mir immer etwas von 40 Minuten erzählt hatte. Wir rechnen die Kilometerzahl und die daraus resultierende Durchschnittsgeschwindigkeit eines Hennings besser nicht genau aus, denn er soll ja noch viel und vor allem lange Spaß an seinem Führerschein haben!
Ich parke vor einem schnuckeligen Haus am See. Es ist nicht protzig, aber chic. Nur die Lage verschlägt mir den Atem. Zwischen dem See und der neuen Terrasse liegen etwa zwanzig Meter, die mit feinstem Sandstrand bedeckt sind. Da ich als Gelsenkirchener Lokalpatriot dem Umzug eher negativ gegenüberstehe, suche ich natürlich den kleinsten Wurm im Apfel und kann ihn nicht finden. Wollen wir doch mal sehen, ob bei Hennings jetzt nicht doch die Dekadenz ausgebrochen ist?
Olaf öffnet die Tür, trägt abgewetzte Jeans, einen Schlabberpulli und hat gerade noch ein Rollo im Gästeklo angebracht. Die ganze Familie Henning, bestehend aus Olaf, seiner Frau Adriana und den beiden süßen Töchtern Simona und Isabella, begrüßen mich mit der üblichen Herzlichkeit. Keine Spur von Größenwahn, Olaf ist der Kumpel geblieben, wie ich ihn auch in Gelsenkirchen genießen durfte.

Thilo: Warum bist du aus Gelsenkirchen geflohen?
Olaf: Ich bin auf keinen Fall aus Gelsenkirchen geflohen! Der Umzug hatte sich einfach spontan ergeben. Ein guter Freund hat die Grundstücke um den Klostersee gekauft und bebaut. Ich bekam ein tolles Angebot von ihm.
Leicht ist mir die Entscheidung sicher nicht gefallen, aber sowohl meine Frau als auch meine Töchter waren schon bei der ersten Besichtigung hin und weg. Ich finde hier, nach meinen Auftritten, einfach mehr Ruhe. Am Zubringer der A40 in Gelsenkirchen war das nicht ganz so gut möglich. Hier in Borken kann ich die Natur, den See und die Ruhe genießen. Meine Kinder haben Schule und Kindergarten direkt um die Ecke, und ein großer Vorteil der dörflichen Idylle ist, dass es hier noch viele Lehrer für wenige Kinder gibt.

Was wirst du in Gelsenkirchen vermissen?
Na, ja, ich habe eigentlich das Wichtigste mitgenommen. Meine Familie ist hier. Meine Eltern sind direkt in das Haus hinter mir gezogen. Detlef Bruglemanns, mein Manager, hat schon vor mir ein Haus in direkter Nachbarschaft bezogen. Mein neues Büro befindet sich auch auf dem Seegrundstück. Trotzdem vermisse ich natürlich die Nähe zu meinen Freunden, aber es sind ja nur 40 Minuten von Gelsenkirchen zu mir. (Olaf grinst). Außerdem bin ich eingefleischter Schalke Fan, aber das wird auch so bleiben.

Wie bist du in Borken aufgenommen worden?
Die Leute hier sind super nett. Mein erstes Konzert in Bocholt, also um die Ecke, war komplett ausverkauft. Als ich mein neues Kennzeichen mit BOR vorgestellt habe, hat die Halle getobt. Einziger Punkt, den ich hier bemängeln könnte, sind die Zaungäste am Wochenende. Bei schönem Wetter wird mein Grundstück gerne mal als Fahrrad-Ausflugsziel genutzt. Ich denke aber, dass sich das im Laufe der Zeit einspielen wird und ein Gewöhnungsprozess einsetzt.

Eines deiner bekanntesten Motto T-Shirts lautete „Ich bin Pott“. Was machst du jetzt, als Westfale mit den Teilen?
Ach, im Herzen bleibe ich doch ein Potti. Das Ruhrgebiet hat mich geprägt, und das ist jetzt ja nicht einfach verschwunden. In den CD Regalen bleibe ich stehen, und ein echter Fan, auch wenn er aus Gelsenkirchen stammt, wird mir den Ortswechsel bestimmt nicht übel nehmen. Ich war eh häufiger unterwegs, als dass ich zuhause war. Wer als Gelsenkirchener ein Henning-Gut-Finder war, den werde ich auch in Zukunft nicht enttäuschen. Ich bleibe ja der gleiche Sänger.

Was passiert mit dem „Deluxe“?
Das Deluxe war eigentlich schon vor meinem Umzug verkauft. Es sieht so aus, als würde es nicht wieder belebt. In dem Ding haben wir schon eine Menge Spaß gehabt, und da stecken doch eine Menge gute Erinnerungen drin.
Hier ist nun deine Chance, dich bei einigen Gelsenkirchnern zu bedanken, wo du schon ohne „Tschüss-Sagen“ gegangen bist.
Ich habe immer sehr gerne mit Carsten Jahns von der Polizei Gelsenkirchen zusammen gearbeitet. Mein Bester, jederzeit und immer wieder!
Dem Stadtspiegel und speziell einer Person habe ich viel zu verdanken. Silke Sobotta hat mich in Gelsenkirchen mit einer wirklich ausdauernden, fundierten und guten Berichterstattung begleitet. Ich habe ihre Artikel sehr genossen. Da fällt mir sogar eine Geschichte zu ein: Für meinen ersten Auftritt im Stadtspiegel sollte ich, halt dich fest, ein Weihnachtsfoto machen und zwar als Engel verkleidet! Liebe Silke: Nur für Dich!“

Wie geht’s jetzt bei dir weiter nach dem Umzugsstress?
Den Umzugsstress musste ich nebenher bewältigen. Teilweise bin ich komplett ohne Schlaf ausgekommen. Irgendwie muss der Seeblick ja auch bezahlt werden. Ich habe meine Auftritte wie immer durchgezogen. An einer neuen CD arbeiten wir auch schon fleißig. Die wird im Frühjahr auf den Markt kommen. Ich wechsle ein wenig die Schiene. Natürlich bleibe ich beim Schlager, aber man muss schon aufpassen, dass man sich nicht in so einem
Einheitsbrei verliert. Eine neue Karnevalssingle erscheint in diesen Tagen. Also, ich war nicht faul!

Nachdem ich den Stift beiseite gelegt hatte, hat Olaf mir eines der neuen Stücke vorgespielt. Ich darf über den Titel nichts schreiben, aber so viel sei verraten: Auf der 60minütigen Rückfahrt ist mir der Ohrwurm nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Und das von einem Nicht-Schlager Fan!
Ich bin auf jeden Fall beruhigt. Olaf ist immer noch der authentische, freundliche Kumpeltyp mit Bodenhaftung. Ich bin traurig, dass er nicht mehr in Gelsenkirchen wohnt, aber verstehen kann ich ihn trotzdem ein bisschen. Der Lassoschwinger denkt fürsorglich an seine Familie und sammelt damit einen weiteren Sympathiepunkt in Gelsenkirchen. Versuchen wir, es mal positiv zu sehen. Gelsenkirchen hat keinen Star verloren, sondern einen prominenten Vertreter, unserer schönen Stadt in Westfalen gewonnen.

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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