Hinter Gittern
Der Besuch des nordrhein-westfälischen Justizministers Thomas Kutschaty bot die Gelegenheit, einmal einen Blick hinter die Kulissen der von hohen Mauern geschützten JVA an der Aldenhofstraße zu werfen.
Ein wenig Überwindung ist schon nötig
Okay es ist schon ein mulmiges Gefühl, wenn man ohne Handy als Kontakt zur Außenwelt und ohne Personalausweis, den man am Eingang abgeben muss, eine Tür nach der anderen passiert, die flugs wieder verschlossen wird, aber die Neugierde überwiegt.
Fragen über Fragen, die es nun zu klären galt
Was verbirgt sich wirklich hinter den hohen Mauern, dem Stacheldraht und mehr? Ist der oft zitierte "Luxusknast", von dem immer wieder mal erzählt wird, dass die Insassen dort zwar nicht raus dürfen, aber dafür in Saus und Braus leben? Verbringen sie wirklich ihre Zeit nur in der Mucki-Bude in der hochmodernen Sporthalle oder müssen sie auch arbeiten, um sich den ein oder anderen Luxus im Knast erlauben zu können? Büssen sie wirklich für ihre Vergehen oder genießen sie die Vorzüge der modernen Anstalt?
Wären nicht die vielen verschlossenen Türen, könnten man sich in einer Jugendherberge wähnen....
Da gab es die Räumlichkeit für Langzeitbesuche, das Schlafzimmer für Eheleute, die Krankenstation und vieles mehr einmal aus nächster Nähe zu betrachten.
In jeder Abteilung befindet sich ein Aufenthaltsraum, den die Insassen nach ihren Vorlieben gestalten können und in dem es einen Kicker, eine Tischtennisplatte und andere Unterhaltungsmöglichkeiten gibt. Im Männertrakt findet man hier bergmännische Symbole, während im Frauentrakt Topfpflanzen, Kaffeehausgardinen und gelungene Malereien an den Wänden.
Im Gang gibt es Aushänge mit Hinweisen zu den Terminen des mobilen Friseurs, der Sportgruppen oder der Einkaufsgelegenheiten. Gäbe es nicht die typischen Stahltüren mit den kleinen Spionen, könnte man sich an ein Kureinrichtung erinnert fühlen.
Sport dient auch dem seelischen Gleichgewicht
Der Sportplatz bietet eine 400-Meter-Laufstrecke, auf der die Insassen trainieren können, um das Sportabzeichen zu absolvieren. Allerdings wird vor dem Frauentrakt meist recht langsam gelaufen. „Der Fußballplatz ist stark frequentiert“, wie Anstaltsleiter Carsten Heim erklärt. Das Tor vor dem Frauentrakt dürfte wohl das Tor sein, bei dem am meisten Schüsse daneben gehen.“
Lesestoff, Videos und Musik zum Ausleihen
Sowohl bei den Frauen wie auch bei den Männern gibt es eine Bücherei, in der neben Büchern auch Videos und CDs ausgeliehen werden können. Während bei den Männern hier der Trend zu Rechtsbüchern und auch Biografien geht, leihen die Frauen sehr gern Liebesgedicht-Bände aus. In der Bücherei finden sich Bücher in 23 unterschiedlichen Sprachen, so dass wohl alle Insassen auf ihre Kosten kommen könnten.
Die Sporthalle bietet genügend Raum für verschiedene Mannschaftssportarten, aber auch individuelle Trainingsmöglichkeiten, wie die bei den Männern sehr beliebte „Mucki-Bude“. Die Sporthalle steht Männern wie Frauen gleichermaßen und gelegentlich auch gleichzeitig zur Verfügung. Denn es gibt auch eine kleine Tribüne, von der aus die Zuschauer bei Badminton oder anderen Turnieren zusehen können.
Gottesdienst und Meditation
Die Kapelle steht ebenfalls beiden Geschlechtern sowie auch beiden christlichen Religionen offen. Hier ziehen sich vor allem die Frauen auch zur Meditation zurück und genießen die Gelegenheit mit anderen Frauen zusammen zu kommen.
Nur auf den Boden sollte man nicht zu lange schauen. Dort wurde nämlich eine Spirale aufgezeichnet, die bei längerer Betrachtung förderlich wäre für epileptische Anfälle, wie einer der JVA-Mitarbeiter erfklärt. Ursprünglich sollte sie wohl bei der Meditation dienlich sein, doch der gute Vorsatz ging nicht auf und die Spirale wurde beinahe flächendeckend mit einem Teppich bedeckt. Sicher ist sicher!
Beschäftigung kommt auch der Gesellschaft zugute
In der Holzwerkstatt erstellen die Frauen Comicfiguren aus Holz, die später im Knastladen verkauft werden. Da gibt es die Diddle-Maus, Bob den Baumeister und vieles mehr. Später werden die kleinen Kunstwerke im Knast-Laden verkauft und halten so Einzug in die Wohnungen nicht nur in Gelsenkirchen.
In der Floristikwerkstatt erlernen die Frauen das Handwerk, in der Schlosserei setzen sie Türschlösser zusammen und in der Büro-Kommunikation erlernen sie den Umgang mit dem Computer.
Denn in NRW ist man der Ansicht, dass die Insassen vorbereitet werden sollten auf das Leben nach der Haft. Dazu müssen sie aber auch das Handwerkszeug mitbekommen, um in Brot und Arbeit zu kommen.
Ein gutes Gefühl, wenn man wieder raus darf
Der Einblick in das Leben hinter den Mauern war schon interessant und aufschlussreich. Tauschen möchte ich nicht, so viel ist klar.
Natürlich entspricht nicht mehr den Bildern, die man aus alten Filmen wie Jailhouse Rock oder Flucht von Alcatraz in Erinnerung hat, aber die Stimmung hinter Gittern ist schon bedrückend. Wenn man beobachtet, dass jeder Insasse, der innerhalb der Anstalt von A nach B muss von einem "Schlüsselmeister" begleitet wird, der für ihn die Türen aufschließt und hinter ihm auch sofort wieder abschließt.
Wohl dem der nie in die Verlegenheit kommt, ein Strafgeld nicht zahlen zu können und dafür in Ersatzhaft genommen zu werden! Ich werde mein Bestes geben. Versprochen!
Lesen Sie auch den Bericht über den Besuch des NRW-Justizministers in der JVA Gelsenkirchen
Autor:silke sobotta aus Gelsenkirchen |
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