Die singende Politesse
Politessen sind nicht gerade beliebt bei Autofahrern. Ganz böse Zungen behaupten gar, sie verdienen ihr Geld auf der Straße. Was andererseits wieder der Wahrheit entspricht, denn als Politesse bringt Sängerin Jennifer pro Tag zwischen zehn und zwölf Kilometer Fußweg hinter sich. Doch sie gehört, was die Beliebtheit betrifft, auf jeden Fall zu den Ausnahmen in ihrem Job.
Von Silke Sobotta
GE. Jennifer ist gebürtige Hertenerin und Wahl-Gelsenkirchenerin, denn sie ist vor einigen Jahren hierher gezogen. Ihren „Dienst“ versieht sie jedoch wieder in ihrer Geburtsstadt, während sie zum Singen in der gesamten Republik und auch auf der Deutschen Lieblingsinsel Mallorca unterwegs ist.
Dass sie Gesangstalent hat, entdeckten ihre Eltern bereits in ihrer Kindheit, weil sie immer schon gern sang. „Als ich dann in die weiterführende Schule kam, brachte eine Lehrerin meine Eltern auf die Idee, mich zu einer Gesangslehrerin zu schicken. So habe ich dann mehrere Jahre Gesangsunterricht genommen“, erinnert sich Jennifer.
Nach der Schule absolvierte die junge Frau eine Ausbildung zur Zahnarzthelferin, doch das Singen stand für sie eigentlich immer im Mittelpunkt, weil sie daran die größte Freude fand. Und so ist es nicht verwunderlich, dass Jennifer bereits 1997 ihre erste Single aufnahm.
Fortan war sie zu Gast auf Schützenfesten, Hochzeitsfeiern und und und.
Im Jahr 2004 gastierte sie mit dem „ABBA“-Musical in der Essener Weststadt und EMI Electrola wurde auf die junge Frau aufmerksam. Ein Jahr später erschien das Album „Teil von mir“ und der Erfolg ging weiter.
Und plötzlich kam alles ganz anders
Als sie 2008 gerade mitten in der Arbeit zum Album „Ich flieg mit Dir“, das sie mit Wolfgang Petry für Sony & BMG produzierte, fertig war und eigentlich auf Tour hätte gehen sollen mit den neuen Songs, geriet ihr Leben aus den Fugen. Ein Bandscheibenvorfall warf Jennifer regelrecht um. Sie musste ihren Job als Zahnarzthelferin aufgeben, weil sie das lange Stehen nicht mehr ertragen konnte und durfte nicht auf Tour, weil Schonung angesagt war. Trotzdem wurde das Album ein Erfolg und ein Jahr später von Universal Music in Österreich vermarktet.
Nun meldet sich Jennifer zurück. „Ich habe ein Jahr lang gewartet, ehe ich Herten eine Einladung zu einem Bewerbungsgespräch bekam. Doch dann wurde alles gut und nun bin ich als Politesse Teilzeit-Angestellte der Stadt und Oberbürgermeister Paetzel freut sich, dass ich die Knöllchen in der Stadt verteile, weil die Autofahrer die Strafen von mir gern entgegennehmen, weil ich dabei immer freundlich bin und lächele “, strahlt die quirlinge junge Frau und man merkt, dass sie es ernst meint.
Dabei lässt Jennifer längst nicht alles durchgehen: „Wenn da so ein junger Spund meint, dass er mal eben kurz auf dem Behindertenparkplatz stehen bleiben kann, hat er sich aber in mir getäuscht. Dafür reicht dann bei anderen oft einfach der erhobene Zeigefinger und ein mahnender Blick. Ich habe aber auch schon zu hören bekommen, dass der Herr, dem ich das Ticket geschrieben habe, für das Geld lieber mit mir einen Kaffee getrunken hätte“. Kein Wunder bei ein so netten und hübschen Politesse, der man das Ruhrgebietskind sofort anmerkt, denn sie trägt das Herz auf der Zunge.
Und was liegt da näher als ein Titel über den Teilzeitjob, der ihr so viel Spaß bereitet? Also ging es an die Arbeit zu „Ein Ticket für die Liebe“, das im Februar erschien.
Jennifer möchte den Menschen Mut machen
„Damit mache ich einen Neuanfang und möchte auch allen anderen Menschen Mut machen, nach einer schweren Zeit den Neuanfang zu wagen. Ich möchte mit meiner Musik die Menschen glücklich machen, das ist auch der Grund, warum ich deutsche Schlager singe. Die Menschen erkennen sich häufig in den Liedern wieder und lieben sie darum“, erzählt die hübsche Jennifer.
Natürlich weiß die Gelsenkirchenerin, dass sie nach ihrer Zwangspause nicht direkt von Null auf 100 durchstarten kann. Aber als Ruhrgebietskind lässt sie sich nicht so schnell unterkriegen. „Ich komm aussem Pott, bin ne Ruhrgebiets-Tante und gehöre einfach hierher“, sagt Jennifer im allerfeinsten Ruhrgebiets-Slang über sich selbst und man glaubt ihr, dass sie zu denen gehört, die ihren Weg finden.
Wer sich über Jennifer, ihre Termine und ihre Musik informieren möchte, der findet alles auf ihrer Homepage jennifer-schlager.de. Dort freut sie sich auch über Einträge ins gute alte Gästebuch.
Und weil die Sängerin „keinen Zauber-Kühlschrank zu Hause hat und ja leben muss“ bis ihre Musik wieder richtig erfolgreich wird, kann man sie noch weiterhin auf Hertens Straßen beim Knöllchen-Schreiben antreffen.
Autor:silke sobotta aus Gelsenkirchen |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.