Der Steiger unter den Schalker-Knappen

Auf Fotos wirkt Gerd Rehberg oft ernst und wie ein verschlossener Typ, doch das ist er ganz und gar nicht. Der Schalker Ehrenpräsident ist ein Mann, der gern und viel lacht und sehr viele Anekdoten zum Besten geben kann. Foto: Gerd Kamper
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  • Auf Fotos wirkt Gerd Rehberg oft ernst und wie ein verschlossener Typ, doch das ist er ganz und gar nicht. Der Schalker Ehrenpräsident ist ein Mann, der gern und viel lacht und sehr viele Anekdoten zum Besten geben kann. Foto: Gerd Kamper
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Wer einmal vom Schalke-Virus infiziert ist, den lässt es nicht mehr los. Und da ist es auch egal, ob man „nur“ normaler Fan oder der Präsident und heutige Ehrenpräsident der Königsblauen ist. Es gilt die Devise: Einmal Schalker - immer Schalker!

Einblicke und Anekdoten aus dem Leben Gerd Rehbergs

Im Stadtspiegel-Sommerinterview verrät das Gelsenkirchener und Schalker Urgestein, wie seine Liebe zum FC Schalke 04 entfacht wurde, warum er durch die Welt tingeln kann und auch wie er zu einem „Breakfast with the President“ gekommen ist. Und dahinter verbirgt sich nicht etwa „Kaiser“ Franz Beckenbauer als Präsident des FC Bayern Müchen, das wäre ja einfach. Gemeint ist Jimmy Carter, der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika!

Englisch-Unterricht folgt auf die Flucht

Um seinen Englisch-Unterricht bezahlen zu können, nutzte Gerd Rehbergs Mutter seine Waisenrente. Der Vater war im Zweiten Weltkrieg verstorben und der kleine Gerd sollte trotz der Flucht aus der Heimat in Ostpreußen und der Wirren der Nachkriegszeit die Aufnahme in die Mittelschule schaffen.

Friendship Force und das "Breakfast with the President"

„Mit Hängen und Würgen habe ich die Prüfung bestanden“, erinnert sich der 79-Jährige. Doch seine Englisch-Kenntnisse ließen immer zu wünschen übrigt. Was ihn aber nicht daran hinderte zu Reisen. „Ich war ja lange Zeit Präsident von Friendship Force in Gelsenkirchen. Wir waren in West-Virginna und Australien und ich habe auch an den jährlichen Treffen aller daran beteiligten Städte teilgenommen. In Eindhoven kam es dabei dann zu dem „Breakfast with the President“. Und das mit meinem Englisch“, lächelt Rehberg selbstironisch. Rosalie, die Frau von Jimmy Carter, war die Gründerin von Friendship Force und nahm an den jährlichen Treffen teil. In diesem Jahr wurde sie von ihrem Gatten begleitet.

Ehrenmitglied bei Galatasaray Istanbul

In der Türkei ist der Schalke-Ehrenpräsident schon lange ein häufiger und gern gesehener Gast. Das führte auch zu seiner Ehrenmitgliedschaft bei Galatasaray Istanbul. „Der Bürgermeister der Gelsenkirchener Partnerstadt Büyükcekmece in der Türkei, Dr. Hasan Akgün, ist ein großer Fan von Galatasaray, aber auch von Schalke. Durch ihn lernte ich Özhan Canaydin, den Präsidenten von Galatasaray Istanbul, kennen und wir wurden Freunde. Ich war auch bei der 100-Jahr-Feier des Clubs im Jahr 2005 dabei. Dazu wurde für die Westeuropäer im Hotel Nikko in Düsseldorf ein großes Fest veranstaltet. Bei der Gelegenheit hat mir Canaydin versprochen, dass es in dem neuen Stadion, das sein Club bauen wollte nach dem Vorbild unserer Arena, einen Raum mit meinem Namen geben sollte.“ Leider kam es nicht mehr dazu, weil Özhan Canaydin starb, ehe das Stadion fertig war.

Hohe Auszeichnungen für einen bescheidenen Mann

Für seine vielen und oftmals langjährigen Ehrenämter erhielt Gerd Rehberg das Bundesverdienstkreuz und der Verdienstkreuz 1. Klasse. Und dem Gelsenkirchener ist auch bewußt, dass seine politische Erfahrung ihm auf Schalke häufig hilfreich ist.
Und auch bei den Königsblauen war er lange Zeit ehrenamtlich tätig. Später erhielt er 500 D-Mark pro Monat als Aufwandsentschädigung.

Rehberg als Vermittler und Einstieler von Kompromissen

Im Vorfeld der diesjährigen Mitgliederversammlung, die ja nach der Saison 2014/15 einigen Zündstoff barg, gab Gerd Rehberg ein Interview, in dem er alle Beteiligten und hier vor allem die Fans zu Fairness aufrief. „Ich glaube, das hat geholfen. Man kann diskutieren und sich austauschen, aber dabei sollte man einander nie feindlich gesonnen werden. Kritik ist immer gut, wenn sie sachlich bleibt. In meiner politischen Laufbahn habe ich gelernt, immer offen zu sein für Kompromisse. Das kommt mir immer noch zugute.“

Der ewige Präsident auf Schalke

Dabei sollte seine Zeit auf Schalke eigentlich schon lange vorbei sein. Anlässlich seine 70.Geburtstages kündigte er vor neun Jahren an, dass er sich langsam zurückziehen wolle. Ein Jahr später war es dann so weit, aber drei Jahre später stieg er auch wieder ein und Gerd Rehberg repräsentiert auch heute noch den FC Schalke 04 bei Veranstaltungen außerhalb des Vereins, wenn andere Vorstandsmitglieder verhindert sind. „So lange ich geistig und körperlich fähig dazu bin, mache ich weiter.“

Sprechstunde im Bistro statt im Büro

Sein Büro in der Geschäftsstelle hat er inzwischen aufgegeben. Das war ihm zu unpersönlich, wenn man sich mit einem Schreibtisch dazuwischen gegenübersitzt. Heute trifft er sich mit allen Leuten, die mit ihm reden wollen oder er mit ihnen, einfach im Schalker.
Aus dem operativen Geschäft hält er sich raus: „Ich habe noch kein Training gesehen unter Andre Breitenreuter. Aber ich finde die Entscheidung gut, mal einen jungen, frischen Trainer zu holen. Fairerweise muss ich sagen, dass ich geglaubt habe, dass uns Di Matteo weiter bringen würde, aber es sollte nicht sein. Woran das alles lag, kann icht nicht beurteilen. Ich kann nur sagen, dass ich zuletzt eine leblose Mannschaft erlebt habe.“

Der Wille war da, aber nicht das Geld

Der Bau eines neuen Stadions und die Planung für das Berger Feld wurden im Rat der Stadt im Jahr 1992 beschlossen. Aber natürlich musste auch Geld her, ehe hier auch nur ein Stein bewegt werden konnte.
„Damals war Heinz Schleußer Finanzminister in NRW und für die Planung war eine Landesbürgschaft von 120 Millionen Mark vonnöten. Ohne die gäbe es die Arena nicht. Wir hatten einen Termin bei Schleußer und mussten uns einem mehrstündigen Verhör unterziehen. Vier Wochen später war der Finanzminister im Zuge des Wahlkampfes in Gelsenkirchen und ich habe ihn gefragt, wann er denn nun unterschreiben würde? Er hat mich wieder vertröstet und daraufhin bin ich ein paar Tage später einfach nach Düsseldorf gefahren, ins Finanzministerium hineinspaziert und in Schleußers Vorzimmer. Die Sekretärinnen fragten nach einem Termin, den hatte ich ja nicht, Darum bin ich einfach an ihnen vorbei und rein in sein Büro. Da saß gerade ein Ministeriumsmitarbeiter, das war mir egal, ich habe direkt gesagt: Ich will meine Unterschrift, die Du mir versprochen hast. Wir sitzen auf heißen Kohlen! Schleußer meinte: In 14 Tagen hast Du alles. Es dauerte dann aber doch nur zehn Tage“, lacht Rehberg heute.

Der erfinderische Gerd Rehberg

Rehberg ist aber nicht nur anhänglich, wenn er was will, er hat auch Ideen, wenn er was will. Im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 wurden natürlich auch die Arena und das Umfeld überprüft ehe es den Zuschlag der FIFA gab.
„Dazu wurde auf Luftbildern überprüft, ob es irgendwo noch Weltkriegsbomben geben könnte im Berger Feld. Und siehe da, es gab den Verdacht darauf. Als dann 2004 eine FIFA-Kommission nach Gelsenkirchen kam, habe ich meinen Freund Heinrich Becker aus Bottrop angerufen und ihn gebeten mit zwei Lastern und einem Bagger vorbeizukommen. Die standen dann vor dem Parkplatz 1 und es sah aus, als ob dort gearbeitet würde. Damit war klar, hier wird nach Bomben gesucht.“
Der Rest ist Geschichte: Gelsenkirchen wurde WM-Stadt und die Bombe, die tatsächlich dort lag, wurde kürzlich entschärft...

Wie mit Schalke 04 alles begann für Gerd Rehberg

Seine Liebe zum FC Schalke 04 verdankt Gerd Rehberg einem Jungen, den er auf der Flucht aus Ostpreußen über Dänemark nach Schleswig-Holstein kennenlernte.
„Wir sind mit meiner Mutter, mein Vater war 1942 gefallen, im Januar 1945 mit dem Pferdewagen geflüchtet. Eigentlich wollten wir nach Schleswig-Holstein, aber das klappte nicht und so kamen wir über Umwege nach Kopenhagen. Dort lernte ich in der Schule einen Jungen kennen, der hatte ein Album mit Zigarettenbildern und zwar mit der ganzen Mannschaft von Schalke 04. Sein Vater hatte selbst Fußball gespielt und zwar beim SV Hindenburg Allenstein. In der Saison 1935/36 waren Schalke und Hindenburg Gaumeister und spielten um die Deutsche Meisterschaft. Und obwohl die Mannschaft seines Vaters haushoch verloren hat, war er begeistert von Schalke und sein Sohn hat diese Begeisterung an mich weitergegeben.“

Stan Libudda und der gute alte Mockba

Gerd Rehberg ist auch einer, der Kontakte pflegt und dadurch auf ein seht gutes Netzwerk zurückgreifen kann. Im Vorfeld der Fußball-WM 2006 trafen sich Delegationen aller 12 Spielorte in Frankfurt, dabei traf Rehberg auf Horst Trimhold, der früher beim BVB an der Seite von Stan Libudda gespielt hatte.
„Horst erzählte mir bei der Gelegenheit eine typische Stan Libudda-Geschichte. Dortmund war zu einem Gastspiel bei Spartak Moskau. Auf der Anzeigetafel stand das Ergebnis in kyrillischen Buchstaben als: 1:0 Mockba, 2:0 Mockba, 3:0 Mockba. Stan meinte zu Horst: Wenn wir auf den Mockba nicht aufpassen, haut der uns noch mal drei rein!“

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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