Allein unter Damen...... Bernd Beszterda ist der einzige „Grüne Herr“ am EVK

Seit dem Jahr 1969 gibt es die sogenannten „Grünen Damen“. Seit rund 35 Jahren sind sie auch in Gelsenkirchen anzutreffen und seit etwa sechs Jahren kommen auch die Grünen Herren dazu.
Auf der Suche nach einer ehrenamtlichen Tätigkeit, die eine sinnvolle Freizeitgestaltung mit sich bringt, stieß der Gelsenkirchener Bernd Beszterda bei der Ehrenamtsagentur auf die „Grünen Damen und Herren“, die in den Evangelischen Kliniken Gelsenkirchen die Patienten besuchen. Foto: Gerd Kaemper
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  • Seit dem Jahr 1969 gibt es die sogenannten „Grünen Damen“. Seit rund 35 Jahren sind sie auch in Gelsenkirchen anzutreffen und seit etwa sechs Jahren kommen auch die Grünen Herren dazu.
    Auf der Suche nach einer ehrenamtlichen Tätigkeit, die eine sinnvolle Freizeitgestaltung mit sich bringt, stieß der Gelsenkirchener Bernd Beszterda bei der Ehrenamtsagentur auf die „Grünen Damen und Herren“, die in den Evangelischen Kliniken Gelsenkirchen die Patienten besuchen. Foto: Gerd Kaemper
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Wenn man hört: ein „Grüner Herr“, drängt sich der Ausspruch „Jemand, der noch grün hinter den Ohren ist“ auf. Doch Bernd Beszterda, der einzige Grüne Herr unter zwölf Grünen Damen, ist kein Jungspund, sondern ein gestandener Mann, der seinen Ruhestand sinnvoll nutzen möchte und im Ehrenamt eine Erfüllung findet.
Von Silke Sobotta

GE. Die Grünen Damen und Grünen Herren sind ehrenamtlich tätig in der stationären Krankenhauspflege. Ihr Name stammt von dem grünen Kittel, den die Damen tragen, um sie von den hauptberuflichen Mitarbeitern zu unterscheiden. Brigitte Schröder, die Gattin eines ehemaligen Verteidigungsministers, hatte diese ökumenische Krankenhaus- und Altenheim-Hilfe im Jahre 1969 begründet. Inspiriert wurde sie vom Volunteer-Service in den USA, dort tragen die Mitarbeiter pinkfarbene Kittel.
„Die Farbe der Pink-Ladys hat Frau Schroeder aber in Deutschland direkt in das Grün getauscht, wie man es hier kennt“, verrät Bernd Beszterda, der den grünen Kittel allerdings nicht trägt. Ihm reichen ab und an ein grüner Schal und stets sein Namensschild mit seiner Funktion als „Erkennungszeichen“.

10.000 Damen und nur
500 Grüne Herren

Im Jahr 2002 wurden in deutschen Krankenhäusern und Alteneinrichtungen mindestens 10.000 Grüne Damen gezählt, aber nur 518 Grüne Herren. An diesem Zahlenverhältnis scheint sich nicht viel geändert zu haben, denn der Gelsenkirchener ist quasi „Hahn im Korb“ bei den Grünen Herrschaften in den Evangelischen Kliniken Gelsenkirchen (EVK), denn er ist der einzige Mann neben zwölf Damen.
„Als ich angefangen habe, waren wir drei Herren. Die beiden anderen sind aber altersbedingt ausgeschieden und so bin ich nun ganz allein. Das bedaure ich sehr, denn es gibt doch Probleme, die ein männlicher Patient eben eher mit einem Grünen Herrn besprechen würde, als mit einer Dame. Darum würde ich mich sehr freuen, wenn vielleicht ein weiterer Herr oder auch gern mehrere Interesse an dieser erfüllenden ehrenamtlichen Aufgabe fänden“, hofft der Gelsenkirchener.
Er kam durch einen Besuch bei der Ehrenamtsagentur am Neumarkt zu seiner Tätigkeit. Dort fand er einen Flyer mit der Beschreibung der Aufgaben und war sofort begeistert. Inzwischen ist er seit mehreren Jahren nicht mehr aus den Fluren des EVK wegzudenken.
„Ich bin zwischen drei und acht Stunden in der Woche in den Kliniken im Einsatz, je nach Patientenzahl und den Problemen, die die Einzelnen haben. Man muss schon fit sein, um das Pensum zu erledigen, denn die Gänge sind lang und man hat eine Menge zu laufen“, lacht der 61-Jährige.
Dabei hat er viel Spaß bei seiner Tätigkeit, denn für ihn ist die Station wie ein Adventskalender: „Es gibt 16 Türen und ich weiß nie, was sich dahinter verbirgt. Mal ist es ein Frauenzimmer, mal ein Herrenzimmer. Aber immer betrete ich das Zimmer mit den Worten ‚Kann ich Ihnen helfen?‘ Und auch wenn die Antwort ein spontanes ‚Nein‘ ist, habe ich die Erfahrung gemacht, dass sich das nach wenigen Minuten ändert, und plötzlich befindet man sich mitten im Gespräch.“
Wer nun glaubt, dass es dabei um Krankheiten geht, täuscht sich gewaltig. Vielmehr schüttet der Patient dem Grünen Herrn gern einmal sein Herz aus und schildert seine Alltagsprobleme im Krankenhaus oder Zuhause.

Krankheiten treten in den Hintergrund

„So gibt es die Patienten, die aus dem Altenheim ins Krankenhaus kommen. Sie bekommen oftmals keine Besuche. Das erkennt man relativ schnell daran, dass es keine kleinen Aufmerksamkeiten auf dem Bettschrank gibt, keine Blumen und keine Bilder“, weiß der Fachmann, der seine Hauptaufgabe im Zuhören sieht.
„Nicht der Grüne redet, sondern der Patient, das ist wichtig. Darum muss man ein guter Zuhörer sein. Aber wir machen auch kleine Besorgungen. Das können mal Toiletteartikel sein, die vergessen wurden, ein Buch, eine Zeitung oder ein Schlafanzug. Es kommt aber auch mal vor, dass wir zur Bank geschickt werden, das ist dann aufwendiger, weil eine Vollmacht erstellt werden muss und einiges mehr“, erzählt Bernd Beszterda.
Manchmal werden auch Obdachlose eingeliefert, denen die Kleidung und alles andere direkt weggenommen wird. Ihnen helfen die Grünen Damen und der Herr dann aus dem „Fundus“, der Schlafanzüge und andere Notwendigkeiten enthält. „Einmal wurde ein spindeldürrer Mann eingeliefert, dem kein einziger Schlafanzug aus dem Fundus passte. Da mache ich mir auch nicht ins Hemd und habe ihm was bei KiK gekauft, das ihm auch passte. Ein Saft ist ebenso mal drin, denn immer nur Wasser, das schmeckt doch auch nicht, und ich werde davon nicht ärmer“, berichtet der Gelsenkirchener, der in seiner Tätigkeit voll aufgeht.
Einmal schüttete ihm eine krebskranke ältere Dame ihr Herz aus und verriet ihm, dass sie so gern noch einmal ihr Enkelkind sehen würde, aber keinen Kontakt mehr zu ihrem Sohn hätte. Die Frau war in zweiter Ehe verheiratet und die Kinder hatten sich daraufhin losgesagt. Beszterda schaltete das Krankenhaus ein, das sich um einen Kontakt zu dem Sohn kümmerte.
„Das schönste ist, wenn man helfen konnte und ein Dankeschön dafür erhält. Das geht runter wie Öl. Und ich kann nur sagen, die Patienten sind in der Regel immer dankbar. Man wird von ihnen herzlich aufgenommen und sie freuen sich über die Zeit, die man ihnen schenkt“, freut sich der Gelsenkirchener, der seine Aufgabe mit dem guten Gewissen erfüllt, dass er niemandem den Arbeitsplatz wegnimmt. Denn die Grünen Herrschaften dürfen keine Aufgaben des Pflegepersonals erledigen.

Dank eines Patienten ist durch nichts zu ersetzen

Auch das Zusammenspiel zwischen den zwölf Damen und dem Herrn funktioniert sehr herzlich. „Die Arbeit geht zwischen uns Hand in Hand. Wenn ich das Gefühl habe, dass eine Patientin lieber mit einer Dame reden würde, dann gebe ich diesen Eindruck weiter und eine von den Damen besucht die Patientin. Aber auch das Krankenhaus ist sehr entgegenkommend. So sind wir bei Unfällen während unseres Dienstes versichert, wir können bei Bedarf einen Parkschein erhalten und in der Kantine zu Mittag essen. Einmal im Jahr werden wir zum Dank sogar zu einem Ausflug eingeladen. Außerdem brauchen wir keine Beiträge zu zahlen. Das ist auch für Ehrenamtler leider nicht selbstverständlich. Ich habe da so meine Erfahrungen gemacht, dass ich einer Institution beitreten und Beiträge zahlen sollte, obwohl ich mich doch nur ehrenamtlich engagieren wollte“, berichtet der 61-Jährige.
Ansonsten treibt Bernd Beszterda Sport, um fit zu sein für den Grünen Dienst, und pflegt seinen Garten. Er geht zu Fuß zum EVK, „das sind 15 Minuten Fußweg, und wenn ich dann zu Hause ankomme, ist mein Kopf wieder frei. Ich nehme die Probleme, die ich dann gehört habe, nicht mit nach Hause. Andererseits können die Geschichten, die man zum Beispiel von einem 100-jährigen Herrn, der beide Weltkriege überlebt hat, hört, einem niemand mehr nehmen.“
Sein sehnlichster Wunsch wäre Verstärkung für den Grünen Herrn im EVK: „Viele scheuen sich vor dem Ehrenamt, dabei ist die Dankbarkeit, die man dabei erfährt durch kein Geld der Welt zu überbieten. Noch dazu ist es eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung. Wer Interesse daran hat, sollte gut laufen können, gesund sein, ein guter Zuhörer sein, sich trauen, Rede und Antwort stehen zu können, zwischen 50 und 70 Jahre alt sein und Spaß am Umgang mit Menschen haben.“

Kontaktaufnahme
erwünscht!

Wer Interesse gefunden hat an der Tätigkeit der Grünen Damen und Herren, der kann gern Kontakt zu Frau Koll unter Tel. 1604653 aufnehmen.
Frau Koll ist seit 32 Jahren als Grüne Dame an den Evangelischen Kliniken Gelsenkirchen tätig und hat für dieses ehrenamtliche Engagement das Bundesverdienstkreuz erhalten.

Seit dem Jahr 1969 gibt es die sogenannten „Grünen Damen“. Seit rund 35 Jahren sind sie auch in Gelsenkirchen anzutreffen und seit etwa sechs Jahren kommen auch die Grünen Herren dazu.
Auf der Suche nach einer ehrenamtlichen Tätigkeit, die eine sinnvolle Freizeitgestaltung mit sich bringt, stieß der Gelsenkirchener Bernd Beszterda bei der Ehrenamtsagentur auf die „Grünen Damen und Herren“, die in den Evangelischen Kliniken Gelsenkirchen die Patienten besuchen. Foto: Gerd Kaemper
Bernd Beszterda ist ein guter Zuhörer – egal ob der Patient ans Bett gefesselt ist oder bequem am Tisch im Krankenzimmer Platz nehmen kann. Foto: Gerd Kaemper
Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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