U23-Manager Gerald Asamoah im Interview: „Ich war einige Male unerträglich!“

Gerald Asamoah lud für das Interview zu sich in sein Büro ein. Das Bild im Hintergrund ist nicht irgendeines. Es erinnert an seine eigene Stiftung für herzkranke Kinder.
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  • hochgeladen von Raphael Wiesweg

Sein Lachen hat Gerald Asamoah grundsätzlich nicht verloren. Trotz dessen, dass er in seiner ersten Manager-Amtszeit einen Trainer entlassen musste und dennoch am Saisonende abstieg. Vor dem ersten Heimspiel in der Oberliga hat der Stadtspiegel Gelsenkirchen „Asa“ in seinem Büro besucht.

Dass Asamoah sein Lachen nicht verlieren kann, unterstreicht er in dem Gespräch. Dennoch gab es einige Phasen in diesem Jahr, in denen es besser war, ihn alleine zu lassen. Als er vor kurzem Christian Heidel mal gefragt hat, wie er den ganzen Druck aushält, obwohl auf ihn noch viel mehr einprasselt, sagte der Sportvorstand: „Du darfst nicht alles in den Medien lesen!“

Stadtspiegel: „Herzlichen Glückwunsch zum Auftakt-Sieg, Herr Asamoah!“
Gerald Asamoah: „Danke, danke (lächelt).“

„Ihr fast schon berühmtes Lächeln haben Sie nach wie vor nicht verloren.“
„Nein. Nur, weil ich jetzt mehr Verantwortung trage und schon mal auf den Tisch hauen muss, werde ich mich nicht ändern. Schließlich nehme ich genauso die Spieler auch mal in den Arm. Jeder weiß, wie ich bin und so werde ich auch bleiben.“

„Wie erleichtert sind Sie, dass der Start in die Oberliga-Saison geglückt ist?“
„Sehr erleichtert. Jedes Team will einen super Start hinlegen. Wir hatten eine sehr, sehr gute Vorbereitung, aber klar: Nach dem Abstieg haben wir uns Gedanken gemacht, wie wir ein schlagkräftiges Team zusammenstellen können, das den sofortigen Wiederaufstieg schafft. Dafür haben wir alle sehr hart gearbeitet und dann ist es umso schöner, wenn man vor so vielen Fans spielen darf und noch klar gewinnt.“

„Die Ultras waren bei dem Derby in Hassel dabei und haben dort sogleich einen neuen Fan-Gesang ausprobiert und präsentiert, der demnächst auch bei den Profis zu hören sein soll. Wussten Sie im Vorfeld davon?“
„Ich wusste, dass sie kommen, weil wir ein gutes Verhältnis zueinander haben. Aber ich wusste nichts von dem neuen Lied. Wir waren und sind sozusagen immer wieder die Versuchskaninchen (lächelt). Aber das ist sehr schön. Denn die Jungs freuen sich, wenn so viele Zuschauer ihr Interesse zeigen. Sie sollen ruhig noch häufiger bei uns etwas ausprobieren.“

„Die U23 hat unter anderem 4:0 in Hassel gewonnen, weil Muhamed Alawie zwei Tore geschossen hat. Der Regionalliga-Torschützenkönig, den Sie überzeugen konnten, zum S04 zu wechseln. Haben Sie sich für diesen Transfer auf die Schulter geklopft?“
„Nein, das habe ich nicht. Wir wussten von seinen Qualitäten. Es war nicht einfach, ihn zu bekommen, weil auch viele andere Teams ihn verpflichten wollten. Muhamed hätte auch höherklassiger spielen können, hat sich aber für unsere Idee begeistern können und zeigt nun seine Qualitäten.“

„Welche Idee steckt dahinter?“
„Wir wollen die U23 wieder nach vorne bringen und Spieler haben, die nicht des Geldes wegen zum S04 kommen, sondern wissen, für wen sie spielen dürfen. Spieler, die den Weg in der Oberliga mitgehen, obwohl jeder gerne mindestens eine Liga höher spielen möchte. Ich hatte vor der Saison einige Gespräche mit Kandidaten und ich habe gemerkt, wer für die Aufgabe brennt und wer nicht. Es gab einige Akteure, die auf demselben Stuhl wie Sie saßen, aber nicht noch einmal wiedergekommen sind.“

„Sie haben vor dem Saisonstart gesagt, dass jeder Gegner darauf brennen wird, auf Schalke zu treffen. Jede Partie hätte Pokal-Charakter. Wie empfanden Sie es in Hassel?“
„Es war sehr, sehr angenehm und nett. Wir hatten wegen der Nähe und der vielen eigenen Fans schon eher ein Heimspiel (lächelt). Aber diese Partie hat gezeigt, wie es oft in dieser Saison sein wird: Der Gegner stellt sich sehr defensiv ein und will uns auskontern. Wie der BFC Dynamo in der ersten Pokal-Runde gegen unsere Profis. Das versuchen wir jeden Tag unseren Jungs auch einzutrichtern. Davon ab freuen wir uns aber auf jedes fremde Stadion. Unser Trainer, weil er sie kennt und ich, weil ich sie nicht kenne (lacht).“

„Trotz des 4:0-Sieges war Trainer Onur Cinel nicht zufrieden. Warum nicht?“
„Er kennt aus den Testspielen und dem Training das Potential seiner Mannschaft. Das 4:0 war schön, aber nach dem frühen Tor für uns - das uns sehr geholfen hat - wurden wir etwas leichtsinniger und fahrlässiger. Das hat er klar angesprochen. Jeder weiß, wie schnell es im Fußball laufen und du wieder ins Hintertreffen geraten kannst. Wir werden diese Saison auf noch stärkere Gegner treffen und dann dürfen wir uns so eine Einstellung nicht erlauben.“

„Es heißt, Onur Cinel tickt ähnlich wie Domenico Tedesco. Wie tickt Ihr Trainer denn?“
„Er lebt den Fußball. Onur ist der Erste, der morgens kommt und der Letzte, der geht. Er ist einer dieser typisch jungen Trainer, die sehr gewillt sind, viel zu lernen, viel aufzunehmen und all’ das weiterzugeben. Mit den Spielern redet er sehr viel und von der Art und Weise, wie er das Training gestaltet, passt es sehr gut zur Mannschaft. Manchmal muss man ihn schon fast bremsen, aber er hat diese hohe Motivation, nie zufrieden zu sein und daher fordert er viel von den Jungs. Wenn sie das alles hinbekommen, was er verlangt, werden wir erfolgreich sein.“

„War dieser Sommer der schwierigste in Ihrer Karriere?“
„Da ich erst seit November das Amt inne habe: ja (lacht)!“

„Die Antwort lasse ich nicht durchgehen. Es ist natürlich auch der Vergleich mit der Spieler-Karriere gemeint.“
„Die Gesundheit ist enorm wichtig, daher würde ich schon sagen, dass es mit meiner Herz-Problematik schwieriger war. Jetzt ist es etwas ganz anderes. Jetzt bin ich für ein gesamtes Team verantwortlich. Ich bin besessen und ein Kämpfer und kann nicht verlieren. Daher habe ich dieses Jahr schon viel gelitten und war zu Hause sicherlich das ein oder andere Mal unerträglich.“

„Ist es dann für Ihre Frau schlimm, Sie zu ertragen?“
„Sie weiß, dass ich dann in Ruhe gelassen werden will. Ich setze mich dann angefressen ins Wohnzimmer und mache mir viele Gedanken. Da erkennt man den fröhlichen Asamoah nicht so schnell wieder (lacht). Scherz beiseite. Ich hoffe, dass diese Saison anders und besser wird als die vergangene. Als wir den Klassenerhalt nicht geschafft haben, habe ich mir viele Gedanken gemacht und mich selbst hinterfragt, ob man noch mehr hätte machen können. Aber wer mich kennt, weiß, dass ich daraus eine Motivation ziehe und lerne. Außerdem haben andere Verantwortliche genauso leiden müssen. Jetzt wollen wir es deswegen erst Recht schaffen.“

„Haben Sie Angst, um Ihren Job, wenn es mit dem Aufstieg nicht klappt?“
„Nein, ich habe keine Angst. Wenn es so passieren sollte, setzen wir uns zusammen und reden über die Zukunft. Aber so lange das nicht passiert ist, mache ich mir auch solche Gedanken nicht. Wer mich kennt, weiß, dass ich immer an das Positive denke. Ich bin sehr optimistisch, was den direkten Wiederaufstieg betrifft.“

„Könnte Luke Hemmerich mal von den Profis weiterhelfen und in Ihrem Team spielen?“
„Wir sind eine U23, um nicht nur junge Spieler auszubilden, sondern auch Profis spielen zu lassen, die Spielpraxis benötigen, wenngleich sie sicherlich nicht die Ambitionen haben, in der Oberliga aktiv zu sein. Jetzt haben wir aber diesen Betriebsunfall und gehen dann damit auch entsprechend um. Wenn Domenico Tedesco sagt, dass er bei uns spielen soll, dann werde wir ihn mit offenen Armen empfangen, weil er uns sofort mehr Qualität verleihen würde.“

„Stichwort Qualität: Rene Klingenburg und Alper Ademoglu sollten oder sollen auch mal bei den Profis spielen.“
„Rene habe ich gerne die Chance gegeben, noch einmal bei uns zu spielen und in Hassel hat er gezeigt, dass er unsere Erwartungen erfüllt und ein Führungsspieler ist. Domenico Tedesco und Christian Heidel werden sicherlich mal das eine oder andere Spiel von uns beobachten und wenn der Junge seine Leistung zeigt… wer weiß, ob er dann nicht mal eine Chance bekommt. Ähnlich verhält es sich bei Alper, der aber noch lernen muss, zielstrebiger zu arbeiten und zu spielen. Er hat eine starke Vorbereitung absolviert und der Trainer hält viel von ihm. Wenn er so weitermacht und hart an sich arbeitet, könnte er noch interessant werden.“

„Am morgigen Sonntag steigt am zweiten Spieltag das erste Heimspiel. In der Arena. Wie schätzen Sie den Gegner ein, der vor einer Woche überraschend deutlich mit 4:1 gegen den Regionalliga-Absteiger RW Ahlen gewonnen hat?“
„Wir wissen, dass Lippstadt gut ist und haben sie schon vor der Saison als Konkurrent für den Aufstieg angesehen. Ich weiß noch, als ich selbst gegen sie vor ein paar Jahren noch in der Regionalliga gespielt habe. Allerdings habe ich RW Ahlen auch weiter oben vermutet, weswegen die deutliche Niederlage schon überrascht hat. Es sollte eine Warnung für unsere Jungs sein. Dennoch gehe ich davon aus, dass wenn wir konzentriert spielen, gewinnen werden!“

„Wen erwarten Sie außerdem noch im Aufstiegskampf?“
„Alle Absteiger. Deswegen war ich überrascht, dass Sprockhövel vergangene Woche verloren hat. Herne kann vor allem wegen des Trainers im oberen Drittel landen. Ebenso wie TuS Haltern.“

„Am 2. September absolviert die U23 ein Testspiel bei der BSG Chemie Leipzig. Zum einen, weil eine Fan-Freundschaft besteht und die BSG vor vier Jahren in der Glückauf-Kampfbahn gespielt hat. Zum anderen, um finanziell zu helfen, damit die Leipziger Flutlichtmasten bauen können. Vor vier Jahren war die BSG Bezirksligist, jetzt Regionalligist. Verkehrt Welt?“
„(lacht) So schnell kann es gehen. Ich weiß noch, wie ich damals selbst zehn Minuten gespielt habe. Wir freuen uns auf das Duell. Wegen der Fans und weil wir helfen können. Das wird zwar hart für die Jungs, weil wir am Vorabend noch in Rheine spielen und am Samstag dann früh losfahren müssen. Aber es ist dann auch eine Chance für die Jungs, die in Rheine wenig oder gar nicht spielen konnten.“

„Es ist aber keine kleine Spitze gegen den anderen Leipziger Verein, der heute in der Arena auf die Profis trifft?“
„So weit habe ich gar nicht gedacht (lacht). Nein, nein. Ich weiß zwar um die Geschichte, aber Schalke war und ist schon immer sozial gewesen und unterstützt gerne kleinere Vereine. Mehr steckt da nicht hinter.“

Autor:

Raphael Wiesweg aus Gelsenkirchen

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