Steven Skrzybski über seinen Ex-Trainer Tim Bendzko, Tore gegen den BVB und eigene Schwächen
2001 schloss sich Steven Skrzybski als 8-Jähriger Union Berlin an und durchlief anschließend alle Jugendteams. Mit 17 gelang ihm das Profi-Debüt. Der Durchbruch blieb aber für mehr als drei Jahre verwehrt. Doch der Stürmer blieb hartnäckig und wechselte nun mit 25 zu dem Verein, für den er von klein auf schwärmt. Im Interview spricht Skrzybski über seine Lieben zu Union Berlin und Schalke 04, über den bekannten Musiker Tim Bendzko sowie die ärgerliche Abgabe eines Trikots und die Champions League.
Glück Auf, sagt man hier, Steven Skrzybski. Wie grüßt man in Berlin?
Steven Skrzybski: „Tach.“
Einfach nur ‚Tach‘?
„Bei Union Berlin hat man „Eisern“ gesagt, so wie man hier „Glück Auf“ sagt. Ansonsten aber gibt es keinen speziellen Gruß. In Berlin gibt es so viele unterschiedliche Kulturen, da kann jeder sagen, was er möchte.“
Hand aufs Herz: Ist die meist gestellte Frage die nach Ihrem Nachnamen?
„Auf jeden Fall sehr häufig (lächelt). Ich versuche dann zu empfehlen, sich das ‚Z‘ wegzudenken, dann ist es relativ einfach. Aber viele wollen das ‚Z‘ meist noch aussprechen. Die Nachfragen sind aber nicht nervig. Ich kann das nachvollziehen. Als Kind habe ich auch länger gebraucht, den Nachnamen richtig zu schreiben. Das war gar nicht so einfach (lacht).“
Der Nachname klingt polnisch!?
„Richtig. Die Eltern meiner Großeltern waren Polen und so wurde der Name von Generation zu Generation weitergegeben. Jetzt habe ich aber nur noch in Deutschland Verwandte.“
Sie gelten als freundlich, demütig und fleißig. Wie würden Sie sich selbst beschreiben?“
„Dankeschön, dass nur die netten Attribute aufgezählt wurden (lacht). Scherz beiseite. Ich finde es schwierig, über mich selbst zu reden. Ganz gleich, ob ich beruflich oder privat über mich reden soll. Ich versuche mich so zu verhalten, wie ich auch behandelt werden möchte.“
Geduldig dürften Sie aber auch sein, Stichwort Profi-Durchbruch.
„Ja, sehr geduldig sogar. Ich habe zwar mit 17 als Profi debütiert, danach gab es aber drei, vier Jahre lang eine Durststrecke. Viele haben mich damals schon abgeschrieben, dass ich noch die Kurve bekomme. Aber vor zwei, drei Jahren ist mir der Durchbruch gelungen. Mit 25 Jahren erstmals in die Bundesliga zu wechseln, ist aber schon relativ spät, das stimmt.“
Gab es Momente, in denen Sie selber nicht mehr an den Durchbruch geglaubt haben?
„Die Zeit war sicherlich nicht einfach. Aber es wäre das schlimmste Zeichen, den Glauben zu verlieren. Meine Familie und Freunde haben mir außerdem ständig geholfen, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen.“
Dirk Zingler, Präsident Ihres Ex-Klubs, hat kurz vor Ihrem Abschied Folgendes gesagt: „Selbst für 20 Mio. Euro würde ich höchstens einen sportlichen Ersatz für Steven Skrzybski bekommen. Als Persönlichkeit und Mensch dieser Region ist aber nicht zu ersetzen. Für kein Geld der Welt.“ War es das Schönste, was in Ihrem bisherigem Leben über Sie gesagt wurde?
„Das war ein Riesen-Kompliment vom Präsidenten. Damals habe ich viele Gespräche mit ihm über meine Zukunft geführt. Jeder wusste von meiner Verbundenheit zu Schalke. Als mein Entschluss feststand, war der Schritt logisch. Ein Kindheitstraum ist für mich in Erfüllung gegangen. Deswegen denken viele, dass mir der Schritt leicht gefallen ist. Aber ich habe mein Leben lang für Union gespielt und diesem Verein viel zu verdanken. Es hätte nicht viele Klubs gegeben, für dich ich das aufgegeben hätte. Über das Angebot des S04 war ich aber unheimlich glücklich. Die Chance wollte ich unbedingt nutzen.“
Was ist hier im Ruhrgebiet anders als in Berlin und was ist ähnlich?
„Berlin ist eine Großstadt, in der jeder Bezirk alles anbietet. Hier ist das Ruhrgebiet eine gefühlte Großstadt, hier zentrieren sich beispielsweise gleich mehrere Sportvereine auf höchstem Niveau wie in einem Art Ballungsraum. Privat habe ich bereits festgestellt, dass die Leute ähnlich ticken. Sie gehen offen auf dich zu, sind hilfsbereit. In Berlin kann man allerdings anonymer leben (lacht). Hier werde ich aber noch nicht so häufig erkannt. Falls doch, werde ich immer mit sehr viel Respekt behandelt!“
Stimmt es, dass sogar der bekannte Musiker Tim Bendzko einmal Ihr Trainer war?
„Ja, er war, meine ich, in der C2-Jugend mein Co-Trainer.“
Haben Sie noch Kontakt zu ihm?
„Wir haben keinen engen Kontakt. Wenn wir uns zufällig irgendwo sehen, dann unterhalten wir uns kurz. Und ich verfolge natürlich seine Karriere. Es freut mich sehr, dass er so durchgestartet ist.“
War damals schon abzusehen, dass Sie beide eine solche Karriere einschlagen?
„Bei mir war der Wunsch, Profi-Fußballer zu werden, von Anfang an klar und bekannt. Tim ist immer schon musikalisch gewesen, von daher zeichnete sich das wahrscheinlich auch schon früh ab. Denn man hört sofort, dass er singen kann. Ich finde seine Stimme überragend.“
Domenico Tedesco sagt man nach, dass er potentiellen Neuzugängen nicht nur sagt, wie toll sie sind, sondern, was sie auch verbessern müssen und wie er das angehen würde. Was hat er Ihnen damals mit auf den Weg gegeben?
„Er hat mir gesagt, was er von mir erwartet. Von der Position, auf der ich spielen soll und mir persönlich, da er Entwicklungspotential sieht.“
In welchen Bereichen können Sie sich denn noch entwickeln?
„Sind die nicht offenkundig (lacht)?“
Helfen Sie uns.
„Ich glaube, dass ich insbesondere am Defensivverhalten arbeiten muss und auch möchte. Da hilft es, wenn das Trainer-Team dich in die richtige Richtung steuert.“
Über welche Position haben Domenico Tedesco und Sie denn gesprochen?
„In der Vorbereitung habe ich häufig rechtsaußen gespielt. Ebenso aber auch hinter einem Stürmer. Als alleinige Spitze könnte es aufgrund meiner Körpergröße etwas schwieriger werden, falls wir mit längeren Bällen arbeiten würden (lacht).“
Wie sehr haben die Tore in China gegen Southampton und hier auf Schalke gegen Florenz bei der Eingewöhnung geholfen?
„Vor allem das erste Tor in China gegen Southampton hat geholfen. Es hat den Leuten gezeigt, dass da keiner aus der 2. Liga kommt, der das Fußballspielen erst neu lernen muss. Solche Aktionen helfen dir bei der Eingewöhnung. Wobei sie nicht entscheidend sind. Das Zwischenmenschliche ist noch wichtiger und das passt in der Truppe, sodass ich mich da sehr schnell sehr gut eingliedern konnte.“
Nach dem Spiel gegen Southampton (3:3) haben Sie sich im Nachhinein geärgert, das Trikot nicht behalten zu haben. Das dürfte nach dem Testspiel gegen Florenz (3:0) anders gewesen sein!?
„Ja (lächelt). Dieses Mal habe ich es behalten. Ein Tor auf Schalke im Schalke-Trikot zu erzielen war ein Moment, auf den ich lange gewartet habe. Das war sehr speziell. Wie und wo wir es zu Hause aufhängen oder -stellen, muss ich mir noch überlegen, wenn wir komplett eingerichtet sind.“
Sie sind nun knapp zwei Monate auf Schalke. Wie fällt Ihr erstes Zwischenfazit aus?
„Ich bereue zu keiner Sekunde, zum S04 gewechselt zu sein. Die Zeit bei Union Berlin war unfassbar schön und ich möchte keinen Moment von dort missen. Aber ich hoffe, dass die Union-Fans meinen Wechselwunsch nachvollziehen können. Ich wollte in der 1. Liga meine Grenzen ausloten und Schalke ist einfach mein zweiter Herzensklub. Mein Respekt war zwar sehr groß, von der 2. Liga zu einem Klub zu wechseln, der Champions League spielen wird. Aber ich bin der Auffassung, dass Menschen an ihren Aufgaben wachsen und ich hatte unfassbar Bock auf diese Herausforderung.“
Ein Tor in China gegen Southampton, ein Tor auf Schalke gegen Florenz. Sollte als nächstes ein Tor in Madrid gegen Real folgen?
„Darüber mache ich mir ehrlich gesagt keine großen Gedanken. Ich genieße jeden Moment auf dem Platz. Falls ich auf der Bank sitze, versuche ich die Jungs von dort zu unterstützen. Wenn die Stimmung Ende des Jahres immer noch so gut ist, wie sie jetzt ist, wäre das ein gutes Zeichen, weil wir dann Erfolg hätten.“
Haben Sie einen Wunschgegner in der Champions League oder ein Stadion, in dem Sie unbedingt einmal auflaufen wollen?
„Nein, da schwebt mir nichts Bestimmtes vor. Ich möchte in der Veltins-Arena auflaufen. Da werden wir mindestens drei Heimspiele in der Champions League haben - und vielleicht ja noch die eine oder andere Zugabe danach.“
Was würden Sie lieber tun: Im S04-Trikot ein Tor in Madrid gegen Real schießen oder eines in Dortmund gegen den BVB?
„Das Gefühl vor zwei Jahren, als ich für Union Berlin im DFB-Pokal kurz vor Schluss eingewechselt wurde, 60 Sekunden danach ausgleichen konnte und wir somit später bis ins Elfmeterschießen kamen, war nicht so verkehrt. Das würde ich gerne wiederholen (lächelt).“
Sie sind verlobt und Sie sind zu dem Klub gewechselt, von dem Sie seit Kindesbeinen an Fan sind. Erleben wir derzeit den glücklichsten Steven Skrzybski aller Zeiten?
„Bis jetzt bin ich auf jeden Fall der Glücklichste, ja. Ich hoffe, dass noch ein paar Momente dazukommen.“
Autor:Raphael Wiesweg aus Gelsenkirchen |
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