Leon Goretzka: „Ich bin in der Bringschuld!“
Gelingt ihm diese Saison der lang ersehnte Durchbruch? Leon Goretzka ist erst 20 Jahre jung, aber galt bei seiner Verpflichtung des S04 vor zwei Jahren als Jahrhunderttalent, verpasste aber bislang aufgrund diverser Verletzungen die Hälfte aller Pflichtspiele. Unter Schalkes neuem Trainer André Breitenreiter konnte der Mittelfeldspieler die Vorbereitung komplett absolvieren und ist so fit wie noch nie zuvor.
Zu dem vereinbarten Interview-Termin kommt Leon Goretzka sehr viel später. Der 20-Jährige entschuldigt sich allerdings sofort und hat zudem einen sehr guten Grund für die Verspätung: Er ließ sich nach dem Training noch behandeln, um möglichen Verletzungen vorzubeugen.
Stadtspiegel: Nach dem Training direkt zur Behandlung: Haben Sie im positiven Sinne aus der Vergangenheit gelernt, Herr Goretzka?
Leon Goretzka: Ja, natürlich. Ich war vor der Behandlung auch noch zusätzlich im Kraftraum. Man lernt von den vergangenen Verletzungen. Ich arbeite jetzt noch prophylaktischer als zuvor.
Goretzka: „Gerade als junger Spieler ist das schon nervig!“
Wie schnell droht man als junger Spieler, wie Sie es sind, die Lust zu verlieren, nach Verletzungen sich ständig neu wieder an das Team herankämpfen zu müssen?
Das ist schon nervig. Gerade als junger Spieler will man immer auf dem Platz stehen. Wobei das sicherlich nicht weniger nervig ist, wenn man auch älter ist (lacht). Trotzdem hat man einfach immer das Ziel vor Augen und das hilft dabei, sich beim Reha-Training voll reinzuhängen. Außerdem war ich während meiner Reha-Maßnahmen auch bei allen Heimspielen dabei und so bekommt man die tolle Atmosphäre auch mit, die man selbst wieder auf dem Platz erleben will. Das motiviert einen zusätzlich.
Sie besuchen nicht nur die Schalke-Spiele, sondern wie zum Beispiel am zweiten Spieltag der 2. Bundesliga auch den VfL Bochum, als er den MSV Duisburg zum Derby empfangen hat. Ihr Herz hängt wohl immer noch sehr an Ihrem Ex-Verein.
Das kann ich nicht abstreiten. Ich habe schließlich mein halbes Leben beim VfL verbracht, wenn nicht sogar noch mehr. Neben Schalke hängt mir der VfL immer noch sehr am Herzen.
Sie haben nach der vergangenen Saison Ihre Teilnahme an der U21-Europameisterschaft abgesagt. Um für Schalke fitter zu sein, als in der Vergangenheit?
Ich spüre bei meiner jetzigen Fitness einen Riesenunterschied im Vergleich zum Ende der Winter-Vorbereitung. Ich kann jetzt ganz andere Wege gehen. Nach der Absage bei der U21 habe ich die Zeit genutzt und habe unter anderem viel Leichtatlethik beim TV Wattenscheid gemacht. Ich habe eine super Unterstüzung von meinem Personal-Trainer bekommen, den ich auch in meinem Urlaub dabei hatte. Dadurch konnte ich sehr viel aufholen, was mich in meiner Entscheidung bestätigt, auch wenn ich natürlich gerne der U21 geholfen hätte. Aber ich brauchte einfach diese Zeit, um wieder auf 100 Prozent zu kommen.
Leon Goretzka schließt Wechsel kategorisch aus
Horst Heldt hat nach den aufkommenden Gerüchten aus England, dass Sie vom S04 losgeeist werden sollen, gesagt, dass selbst wenn es Angebote gegeben hätte, Sie und der Verein sofort abgesagt hätten. Heißt das, dass Sie selbst von vornherein gesagt haben, gar nicht wechseln zu wollen?
Für mich war es völlig klar zu bleiben. Ich bin beim S04 in der Bringschuld. Zuletzt konnte ich nicht weiterhelfen und daher fühle ich mich nun dazu verpflichtet. Dazu habe ich aber auch richtig Bock und wenn ich sehe, welche Mannschaft wir für die neue Saison zusammenhaben, habe ich auch eine riesige Vorfreude. Das Pokalspiel gegen den MSV Duisburg und das Spiel in Bremen waren schon ein erster Fingerzeig von uns, wie es in der Zukunft aussehen kann.
Sprich, selbst wenn bis zum Ende der Transferfrist (31. August) noch ein Angebot unterbreitet wird, bleiben Sie bei Schalke?
Richtig.
Unter André Breitenreiter gab es nach der Vorbereitung keinen einzigen Verletzten zu beklagen. Arbeitet er anders als seine Vorgänger?
Es gibt eine gute Mischung zwischen wirklich sehr, sehr harter Arbeit und kleinen Bonbons, die beim Arbeiten Spaß vermitteln. Wir haben wieder Spaß daran, über unsere Grenzen zu gehen, so dass wir die letzten paar Prozent aus uns herauskitzeln können. Das wird uns zum Ende eines Spiels und am Saisonende zugute kommen. Fest steht, dass alle fit sind und es bisher sehr gut klappt. Dazu hat der neue Trainer natürlich seinen Beitrag geleistet.
In der Vorbereitung haben Sie nur im rechten Mittelfeld gespielt. Zumindest bis zur Generalprobe gegen Twente. Seitdem spielen Sie in der Zentrale. War das vorher mit André Breitenreiter so abgesprochen oder hat Sie das überrascht?
Das hat mich schon ein bisschen überrascht, weil ich in der Vorbereitung häufig im rechten Mittelfeld gespielt habe. Ich glaube, dass der Trainer ohnehin wusste, dass ich in der Zentrale spielen kann und mich auf anderen Positionen testen wollte, da wir taktisch flexibel sein wollen und auch mal andere Systeme spielen. Den Part in der Zentrale habe ich in der Jugend und beim VfL Bochum schon gespielt. Diese Position liegt mir einfach, vor allem, wenn ich einen Mann neben mir weiß, der die Position hält, wenn ich nach vorrne stoße. So habe ich mehr Freiheiten. Ich spiele aber immer mit vollem Einsatz da, wo ich der Mannschaft am meisten helfen kann.
Goretzka: „Viel laufen war schon immer meine Stärke.“
Sie wirkten nach den vergangenen Spielen glücklich, aber auch geschafft. Das neue Schalke-Spiel ist schon sehr intensiv, oder?
Insgesamt ist die gesamte Mannschaft lauffreudiger. Das unterscheidet sich zur Vorsaison. Viel laufen war aber schon immer meine Stärke. In der Vergangenenheit ging es nicht. Jetzt fühle ich mich frei und fit und mache daher die Wege sehr gerne.
Was ist Ihr persönliches Ziel in der kommenden Saison?
Wir haben kein Saisonziel ausgegeben, das an eine Platzierung gebunden ist. Dabei sollten wir es belassen. Wichtig ist, dass sich etwas entwickelt, so dass man sagen kann: Das ist Schalke, da ist eine klare Linie zu erkennen, wie sie zum Erfolg kommen wollen. Mit der jungen Truppe ist einiges möglich und wenn das alles klappt und wir die Fans mit ins Boot holen, dann führt eines zum anderen und dann kann man auch über Ziele sprechen.
„Goretzka fährt mit zur EM 2016!“ Was würden Sie über so eine Überschrift nach der Saison denken?
Mission abgeschlossen.
Zur Person:
> Leon Goretzka ist am 6. Februar 1995 in Bochum geboren. Seine Fußball-Karriere begann er als Bambini beim Werner SV 06 Bochum.
> 2001 wechselte Goretzka mit sechs Jahren zum VfL Bochum. Am 4. August 2012 absolvierte Goretzka sein Profi-Debüt.
> 2013 wechselte er als zum S04.
Autor:Raphael Wiesweg aus Gelsenkirchen |
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