Gegnercheck Wolfsburg mit Wölfe-Experten: Neuanfang mit „Magath-Hügel“
Zweimal musste der VfL Wolfsburg zuletzt in die Relegation. Beide Mal konnten sich die „Wölfe“ retten und in der Bundesliga bleiben. Mit Jörg Schmadtke kam ein Geschäftsführer Sport. Trainer Bruno Labbadia durfte bleiben und soll den (nächsten) Neuanfang starten. Der Auftakt im DFB-Pokal ist geglückt. Es bleiben vor dem Bundesliga-Auftakt am Samstag (15.30 Uhr) gegen den FC Schalke 04 einige Fragezeichen. Die Saisonziele sind bescheiden.
Lars Vollmering (hier geht es zu seinem Twitter-Profil), der unter den VfL-Fans als „Lenny Nero“ besser bekannt ist und seinen Künstlernamen mittlerweile sogar im Personalausweis stehen hat, kennt sich beim VfL Wolfsburg bestens aus. Der 42-Jährige ist TV-Journalist, Buch-Autor („Gnadenschuss“, „111 Gründe den VfL Wolfsburg zu lieben“), betreibt den Blog „Wolfsgeheul“ sowie das „Wölferadio“ und schrieb für das „11 Freunde-Magazin“ die Vorschau im Sonderheft für die neue Saison. Das erste Spiel, das Vollmering live in der Volkswagen Arena kommentierte, war am 17. März diesen Jahres. Ein gutes Omen aus Schalke-Sicht? An dem Tag gewannen die „Knappen“ mit 1:0 in Wolfsburg.
Interessenten stehen für aufgeblähten Wölfe-Kader nicht Schlange
Fünf Spieler der damaligen „Wölfe“-Startelf standen nun auch in der Startelf am vergangenen Samstag, als der VfL im DFB-Pokal mit 1:0 beim Regionalligisten SV Elversberg gewann und trotz einer guten Vorbereitung nicht zu überzeugen wusste. Die Transferaktivitäten dürften für den neuen Manager beziehungsweise Geschäftsführer Sport, Jörg Schmadtke, noch nicht abgeschlossen sein. „Er versucht alles“, nimmt Vollmering den Ex-Kölner in Schutz. „Der Kader ist zu groß, das stimmt. Aber nach zwei solchen Jahren stehen die Interessenten für die Spieler nicht Schlange. Verschenken will man sie aber auch nicht“, bringt der Journalist die Problematik auf den Punkt.
Über 30 Spieler sind noch im „Wölfe“-Kader. Das wäre selbst für den S04, der noch international vertreten ist, viel zu groß. Schmatdke wird noch mindestens ein Jahr brauchen, um die Pläne, die er sich vorstellt, umsetzen zu können. Grundsätzlich, findet Vollmering, war die Verpflichtung von Schmatdke gut, wenngleich der Wunschkandidat Horst Heldt war. Der ehemalige Schalke- und jetzige Hannover-Manager bekam aber keine Freigabe. „Das halte ich aber für nicht weiter tragisch, sich mit weiteren Kandidaten zu beschäftigen“, so Vollmering. „Bislang hat sich Jörg Schmadtke bei den Fans, Sponsoren und den Medien gut präsentiert. Noch dazu hatten wir zuletzt von ehemals vier Geschäftsführern nur noch eineinhalb, so dass diese Position auch neu besetzt werden musste.“
Die Baustelle im Sturmzentrum, nachdem Mario Gomez Richtung Stuttgart ging und die Leihgeschäfte von Divock Origi und Landry Dimata endeten, wurde mit Daniel Ginczek (VfB Stuttgart) und dem niederländischen Nationalspieler Wout Weghorst (AZ Alkmaar) geschlossen. Das Duo kostete zusammen knapp 25 Millionen Euro. „Wout Weghorst könnte der neue Bas Dost werden. Er ist trotz seiner 2 Meter Körperlange technisch beschlagen. Zusammen füllen sie den Kader nicht nur auf, sondern verstärken ihn“, ist der VfL-Anhänger überzeugt.
Top-Scrorer Daniel Didavi ist weg
Dass mit Daniel Didavi der Top-Scorer und beste Spieler in einer schwachen Wolfsburg-Saison den Klub verlassen hat (VfB Stuttgart), mag auf den ersten Blick sportlich schmerzen. „Aber er wollte weg und ist seinem Herzen gefolgt. Außerdem gab es zwischenzeitlich Misstöne mit den Fans. Richtig angekommen ist er nie bei uns.“
Beinahe weg war der neue Kapitän Joshua Guilavogui. Der zentrale Mittelfeldspieler hatte
das Interesse von Benfica Lissabon geweckt. Die Portugiesen hatten allerdings weniger als 20 Millionen Euro geboten. Die Summe, die in der Ausstiegsklausel des französischen Spielers verankert ist. „Joshua kam damals von Atletico Madrid und hat sich sicherlich etwas anderes vorgestellt, als in Wolfsburg nur gegen den Abstieg zu spielen. Immerhin hat er mit dem VfL den DFB-Pokal gewonnen, so dass er schon Licht und Schatten und den Klub somit gut kennengelernt hat. Er identifiziert sich mit dem VfL und passt ideal zum Motto der Fans: Arbeit, Fußball und Leidenschaft. Außerdem ist er immer freundlich. Dazu kommt noch, dass die Spieler ihn zum Kapitän gewählt haben und nicht der Trainer. Das wollte Bruno Labbadia so.“
Testspiel-Siege gegen Ajax und Neapel
Labbadia lässt laut Vollmering gerne im 4-3-3 spielt. Die Formation verändert sich im Defensivverhalten zu einem 4-1-4-1. Laut Schalke-Manager Christian Heidel spielte der VfL eine starke Vorbereitung. Vollmering sieht diese mit gemischten Gefühlen. „Gegen Ajax und den SSC Neapel gab es Siege, gegen Lyon eine Niederlage. Viel wichtiger ist aber, dass die Mannschaft fitter wirkt als in den Jahren zuvor. Labbadia hat wohl auch den „Magath-Hügel“ reaktiviert und lässt härter trainieren.“
Für Vollmering hat der nicht als unumstritten geltende Labbadia auf jeden Fall noch eine Chance verdient. „Als er kam, sollte er den Klassenerhalt erreichen. Das hat spät, aber es hat geklappt. Die Rest-Skepsis ist vielleicht auch wegen der Vergangenheit da und weil ein Neuaufbau gestartet werden muss.“
Saisonziel: Einstelliger Tabellenplatz wäre ausreichend
Die Saisonziele rund um die Volkswagen Arena sind deswegen bescheiden. „Jörg Schmadtke will vor Schließung des Transferfensters am 31. August keine Saisonprognose wagen. Ich bin der Meinung, dass das Gros der Mannschaft schon da ist. Sehr viel kann sich da nicht mehr tun“, so der Journalist.
Der Wolfsburger Aufsichtsrat ruft einen einstelligen Tabellenplatz als Ziel aus, die Fans wären schon mit Platz Zwölf zufrieden, wenn das bedeutet, dass Wolfsburg nicht im Abstiegskampf steckt, erklärt Vollmering. Er selbst glaubt, dass die Liga zwischen Platz fünf und 16 extrem ausgeglichen ist und der VfB Stuttgart mit Tayfun Korkut in der vergangenen Rückrunde gezeigt hat, was möglich ist. „Ich glaube nicht, dass der VfL in die Europa League einzieht. Aber er könnte zu einer positiven Überraschung in dieser Saison werden.“
Autor:Raphael Wiesweg aus Gelsenkirchen |
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