Fabian Reese im Interview: „Ich bin Marc-Patrick Meister sehr dankbar!“
Mit dem Gedanken ein paar Wochen die Vorbereitung mit dem S04 zu absolvieren, ehe der passende Leihverein gefunden wird, kam Fabian Reese aus dem Urlaub wieder. Zuletzt war der 19-Jährige an den Zweitligisten Karlsruher SC verliehen und absolvierte dort trotz kurzer Verletzung und einem Trainerwechsel zehn von 13 möglichen Partien. Der Abstieg traf den gebürtigen Kieler, der nun aber dank Domenico Tedesco positiv in die neue Spielzeit blickt.
Im Interview mit dem Stadtspiegel Gelsenkirchen spricht Fabian Reese über seinen Charakter, die Unterschiede zweier KSC-Trainer und „gepushte“ Medien-Meldungen. Ginge es nach ihm, stünde in einer, dass er diese Saison sein erstes Tor für die Profis der Schalker schießt.
Stadtspiegel: „Nach 36 Jahren spielt Holstein Kiel wieder in der 2. Liga. Wie viel Kontakt haben Sie noch zu Ihrem Ex-Klub, Herr Reese?“
Fabian Reese: „Die eigenen Wurzeln vergisst man nicht. Ich habe sieben Jahre dort in der Jugend gespielt und der Verein hat sich sehr gut entwickelt. Dort wird bodenständige Arbeit geleistet und meiner Meinung nach ist der Verein verdient aufgestiegen, nachdem er vor zwei Jahren schon durch einen Gegentreffer in letzter Minute in der Relegation gegen TSV 1860 München den Kürzeren zog. Umso mehr hat es mich jetzt gefreut, dass der Aufstieg geklappt hat und man sieht nicht nur durch den Sieg in der ersten DFB-Pokal-Runde, dass das Potential für die 2. Liga vorhanden ist. Nach dem Aufstieg habe ich Glückwünsche an alte Trainer geschickt und der Verein und die ganze Stadt freuen sich über den Erfolg. Kiel ist im Aufwind und das ist klasse für den Norden. Nach Hamburg kam dort zuletzt nichts mehr.“
„Hat Kiel durch den Aufstieg die Chance gesehen, den verlorenen Sohn zurückzuholen?“
„Wenn es hier nicht geklappt hätte, wäre es sicherlich eine interessante Option für eine Leihe gewesen. Aber ich freue mich, dass ich auf Schalke bleiben kann, das steht an erster Stelle.“
„Ihr Auftreten wirkt immer sehr höflich, respektvoll, schon fast lieb. Ist das für einen Fußball-Profi gut oder schlecht?“
„Ich wurde neben dem Platz so erzogen. Höflichkeit, Respekt und Demut sollen an erster Stelle stehen und das bringt mich in meinem Leben auch weiter. Auf dem Platz gibt es sicherlich noch einen anderen Fabian Reese, das muss man trennen. Zwar spiele ich dann auch mit Respekt. Aber, wenn es zur Sache geht, schone ich die Gegenspieler nicht (lacht).“
„2016 war auf den ersten Blick ein sehr erfolgreiches Jahr für Sie: Sie haben Ihren ersten Profi-Vertrag unterschrieben, ihr Debüt in der Europa League sowie in der Bundesliga-Startelf gegeben und Ihr erstes Länderspiel-Tor (für die U20) erzielt. War das alles wie ein kleiner Traum?“
„Das waren alles tolle Momente, auf die ich viele Jahre hingearbeitet und für die ich einiges geopfert habe. Sicherlich hofft man, dass man dann direkt durchstartet und keinen Umweg machen muss oder sich auf der Ersatzbank wiederfindet. Aber alles in allem war es ein sehr positiver Weg.“
„Sie deuten es selbst an: Im Januar 2017 wurden Sie für die Rückrunde an den Karlsruher SC ausgeliehen. Warum und warum ausgerechnet an den KSC?“
„Es gab Gespräche mit dem S04 und ich wollte möglichst viel spielen, da ich - wie sicherlich viele andere auch - zu den Spielern zähle, die am liebsten jede Minute absolvieren möchten. Dann kam der KSC auf mich zu, der mich wegen seiner Vergangenheit interessierte und darüber hinaus gaben mir Trainer Mirko Slomka und Manager Oliver Kreuzer ein gutes Gefühl.“
„Sie haben in der Rückrunde zehn Spiele mit 491 Einsatzminuten absolviert. Waren Sie damit zufrieden?“
„Aufgrund einer Verletzung hätte ich „nur“ 13 absolvieren können, wovon ich zehn gemacht habe. Es fingt zunächst gut an und dann gab es ein Tal. Als Marc-Patrick Meister neuer Trainer wurde, habe ich noch einmal einen Schritt nach vorne machen können, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Darüber hinaus musste ich als junger Spieler auch noch gegen andere Widrigkeiten ankämpfen, so dass ich viel lernen konnte.“
„Was war der Unterschied zu dem Ex-Schalke-Trainer Slomka?“
„Mirko Slomka und Marc-Patrick Meister sind beides Trainer mit einer total unterschiedlichen Auffassung, Fußball spielen zu lassen. Meister kam im Sommer 2016 aus der U19-Jugend vom BVB und stand vielleicht auch deswegen auf junge Spielertypen. Er hat mir Vertrauen geschenkt, das ich ihm zurückzahlen konnte. Das passte vom ersten Tag an super und ich habe in den letzten Spielen der vergangenen Saison immer in der Startelf gestanden.“
„Der Abstieg in die 3. Liga konnte dennoch nicht verhindert werden. Wie sehr hat Sie das beschäftigt?“
„Ich bin ein Spieler oder Mensch, der, wenn er etwas beginnt, es zu 100 Prozent macht beziehungsweise sich zu 100 Prozent darauf einlässt. Deswegen war es total bitter und hart für jeden Einzelnen, da gibt es nichts schön zu reden. Auch für die zahlreichen Fans, die uns unterstützt haben und natürlich für den Verein selbst, der schon eine ganz andere Vergangenheit erlebt hat. Ich war zwar nur an den KSC ausgeliehen, aber mir ging der Abstieg schon sehr nah, das tat sehr weh. Aber vielleicht war es bei mir trotzdem noch eine andere Situation als bei anderen, weil mein Hauptverein sozusagen mit dem S04 ein anderer war. Nichtsdestotrotz hat es sehr geschmerzt.“
„Unmittelbar danach und auch lange Zeit darüber hinaus hat es geheißen, dass Sie sogar mit in die 3. Liga gehen würden. Konnten Sie sich das tatsächlich vorstellen?“
„Es gab Gespräche mit dem KSC für die Zeit nach diesem Sommer, als noch nicht klar war, ob wir den Klassenerhalt schaffen oder absteigen. Das haben die Medien dann etwas höher gepusht, als es war. Für mich war relativ schnell klar, dass ich ab diesem Sommer mindestens in der 2. Liga spielen will.“
„Das scheint Ihnen zu gelingen. Darf ich Sie als Gewinner der Vorbereitung beim S04 bezeichnen?“
„(lächelt) Auf jeden Fall als eine der Überraschungen wahrscheinlich. Ich kam zur Vorbereitung mit dem Ziel hier her, einen passenden Leihverein zu finden. So wurde es ja auch kommuniziert. Trotzdem wollte ich im Training Vollgas geben, weil ich mir immer sage ‚Sag niemals nie‘. Und dann ist es auch so eingetreten. Das ist das Beste, was einem jungen Spieler wie mir passieren kann, wenn der Trainer - der dich nicht kennt - auf dich baut, dir Vertrauen schenkt und dich nicht verleihen möchte. Das fing alles nach der China-Reise an. Ich habe mich sehr über das Vertrauen des Trainers gefreut. Wenn er mit dir plant und dir den Sprung hier zutraut, ist das ein schönes Gefühl.“
„Welcher Klub außer Holstein Kiel war noch an Ihnen interessiert?“
„(lächelt) Da gab es schon noch den einen oder anderen. Es war genügend Interesse vorhanden.“
„Domenico Tedesco hat überraschend gesagt, dass er Sie auch als Rechtsverteidiger sieht. Wie überrascht waren Sie selbst?“
„Ich habe in der Vorbereitung gegen Paderborn, Besiktas und Inter dort schon gespielt. Wenn, dann spiele ich in der Fünfer-Kette rechtsaußen und dann spiele ich sozusagen hinter der Offensive, so dass es kein klassischer Rechtsverteidiger ist. Nach den Spielen war es für mich also weniger überraschend, dass er mich auch da sieht (schmunzelt).“
„Dennoch eine ungewöhnliche Position oder haben Sie dort schon einmal gespielt?“
„In der Jugend war das mal, ansonsten nicht. Aber als rechter Mittelfeldspieler habe ich beim KSC und in der Junioren-Nationalmannschaft schon öfter agiert.“
„Hat der Trainer vorher mit Ihnen darüber gesprochen?“
„Nein. Er hat mich da erstmals in Paderborn aufgestellt und war anscheinend ganz zufrieden. Nach der China-Reise gab es ein erstes, längeres Gespräch, in dem er mir offen dargelegt hat, wo und wie er mich sieht.“
„Die Position Rechtsaußen ist aber sicherlich Ihre Lieblingsposition?“
„Ich fühle mich dort sicherlich am wohlsten, ja. In dem System, das wir spielen, könnte ich auch variabel alle offensiven Positionen spielen. Aber für mich ist es egal, wo ich eingesetzt werde. Hauptsache, ich bekomme meine Einsatzminuten. Als junger Spieler ist das wichtig. Da macht es dann defensiver genauso viel Spaß.“
„Wie viel Risiko birgt es, dass Sie jetzt auf Schalke bleiben, statt bei einem Zweitligisten zu sein und dort beispielsweise mehr als 20 Spiele à 90 Minuten absolvieren zu können?“
„Klar könnte man das denken. Aber ich sehe das Risiko nicht. Ich hatte mit dem Trainer sehr gute Gespräche. Ich vertraue ihm und auf meine Stärken, daher gehe ich davon aus, meine Chancen hier zu bekommen. Falls nicht, dann bin ich immer noch erst 19 Jahre jung und der Zug für andere Herausforderungen ist noch nicht abgefahren. Ich bin aber sehr positiv gestimmt, dass ich unter Domenico Tedesco den nächsten Schritt gehen kann.“
„Welche Schlagzeile würde Sie nach der Saison erfreuen?“
„Nach durchwachsener, letzter Saison spielt Schalke wieder international und Fabian Reese ist der Newcomer der Saison (lächelt).“
„Wie viele Tore haben Sie am Saisonende auf Ihrem Konto stehen?“
„Ich hoffe schon, dass ich im Pokal und in der Liga vielleicht mal Tore schieße. Aber ich fange erst einmal ganz bescheiden an und möchte meinen ersten Treffer erzielen.“
Autor:Raphael Wiesweg aus Gelsenkirchen |
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