Alexander Jobst im Interview: „Der BVB wird sein ‚Nein‘ auch überdenken!“

Alexander Jobst hat gut lachen. Der Vorstand Marketing macht seine Hausaufgaben so gut, dass der S04 in seinem Bereich nachweislich auf Champions League-Niveau ist. | Foto: FC Schalke 04
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  • Alexander Jobst hat gut lachen. Der Vorstand Marketing macht seine Hausaufgaben so gut, dass der S04 in seinem Bereich nachweislich auf Champions League-Niveau ist.
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In einer Rubrik ist der FC Schalke 04 weiterhin auf Champions League-Niveau. Seit Alexander Jobst das Ruder bei den Königsblauen 2011 übernahm, purzelt im Marketing-Bereich ein Rekord nach dem anderen. Dass das trotz ausbleibender Spiele auf internationaler Ebene nicht ausbleibt, ist neuen Deals zu verdanken, für die der Vorstand Marketing an der Spitze verantwortlich ist.

Im Interview mit Alexander Jobst werden die Schalke-Aktivitäten in China kritisch hinterfragt, insbesondere vor dem Hintergrund, dass in den vergangenen zwei Jahren zwei asiatische Partner abgesprungen sind. Darüber hinaus verrät Jobst dem Stadtspiegel Gelsenkirchen, worauf er sich am kommenden Montag freut und bezieht Stellung zu der neuen Partnerschaft mit der ortsansässigen Stölting-Gruppe.

Stadtspiegel: „Bei Ihrer Vertragsverlängerung haben Sie vor allem von der gemeinsamen Zielsetzung als ausschlaggebenden Grund gesprochen, Herr Jobst. Welche ist das?“
Alexander Jobst: „Wir wollen auch in den kommenden Jahren sportlich, wirtschaftlich und emotional zu den Top-Klubs Europas zählen. Emotional sind wir das schon, wirtschaftlich zählen wir zu den Top 15 und rückblickend waren wir unter anderem im Achtelfinale der Champions League oder im Viertelfinale der Europa League. Wir möchten an der Zielsetzung festhalten, als eingetragener Verein unabhängig zu bleiben, was aber sehr viel Innovation und Akribie erfordert. Das ist eine sehr spannende und intensive Aufgabe, auch in den nächsten Jahren.“

„Zählt Schalke denn aktuell zu den Top-Klubs Europas?“
„Ich sehe uns zumindest in den Top 20. Es kommt immer darauf an, welchen Zeitraum man berücksichtigt. In der kommenden Saison spielen wir erstmals seit vielen Jahren nicht international, aber man muss so etwas langfristig betrachten und da sehe ich uns unter den Top 20.“

„Sie haben zur Mitgliederversammlung neue Deals und Vertragsverlängerungen verkünden können, die finanziell ohne Frage tolle Neuigkeiten für den Klub waren. Trügt dann nicht der Schein, da der sportliche Erfolg überschaubar war?“
„Das Wichtigste im Erfolgsbestreben unseres Vereins ist natürlich das Kernprodukt: der sportliche Erfolg. Unsere Traditionsmerkmale und Fanbasis können Misserfolg mal auffangen und ausgleichen. Auf lange Sicht hängt die Vermarktung natürlich mit dem Sport zusammen. Ungeachtet dessen konnten wir die Vermarktungserlöse aber auf 90 Millionen Euro steigern. Dennoch hoffe ich, dass es sportlich in der neuen Saison besser laufen wird, dann fällt uns unsere Arbeit auch leichter, die zuletzt schon eine Anstrengung und Herausforderung war.“

„Der vierjährige Vertragsabschluss mit „AllyouneedFresh“ war insbesondere wegen der Chip-Integrierung im Trikot-Ärmel ein wahres Kunststück. Sie wollten für diese innovative Idee Patent anmelden lassen. Wie weit sind Sie damit?“
„Wir sind dabei, nur ist das ein Prozess, der ein paar Monate in Anspruch nimmt. Aber ich würde behaupten, wir sind nicht nur auf einem guten Weg sind, sondern werden es auch umsetzen können.“

„Haben Sie dafür gesorgt, dass genügend Scanner-Geräte angeschafft wurden?“
„(lacht) Ja, die Kassensysteme werden pünktlich zum ersten Heimspiel umgestellt sein. Es gab bereits Probeläufe, um die Funktionalität und Technik den Fans und Partnern gegenüber gewährleisten zu können. Jetzt sind wir gespannt, wie es von den Fans angenommen wird. Neuartige Dinge werden ja häufig mit Skepsis betrachtet. Aber die Bezahlung wird wie mit der „Knappenkarte“ funktionieren. Mit dem Unterschied, dass man das Trikot zum Heimspiel mit Sicherheit nicht zu Hause vergisst (schmunzelt).“

„Wie viel Resonanz haben Sie nach dieser Verkündung erfahren?“
„Die Resonanz war überwältigend und hat auch international eine Diskussionen ausgelöst. Wir freuen uns, dass kein anderer Verein auf diese Idee gekommen ist. Nachdem andere Bundesligisten nun mit ihren Ärmel-Sponsoren nachgezogen sind, zeigt sich die enorme Diskrepanz in der wirtschaftlichen Betrachtung der Ärmelvermarktung.“

„Wie erklären Sie den Familien Müller und Schmidt von der Kurt-Schumacher-Straße, dass Sie trotz der Partner-Absprünge von Huawei 2016 und Hisense in diesem Jahr weiterhin nach China reisen?“
„Zunächst einmal: Es ist ärgerlich und nicht nachvollziehbar, dass Hisense uns nach drei Jahren verlässt - das Unternehmen hat es mit der Strategie im eigenen Sponsoring begründet. Wir müssen diesen Abgang nun kompensieren. Grundsätzlich empfehlen wir jedem Partner, langfristig mit uns zusammenzuarbeiten, dann stellt sich garantiert der Erfolg ein. Vor dem Hintergrund, dass mit dem Hisense-Schriftzug auf dem neuen Video-Würfel ein Referenzobjekt installiert wurde, ist der Rückzug umso weniger verständlich. Stattdessen steigt Hisense für die WM 2018 in ein mehr als fragwürdiges FIFA-Engagement ein. Das sage ich als ehemaliger FIFA-Verantwortlicher, weil Hisense in meiner Wahrnehmung global dazu noch nicht stark genug aufgestellt ist.“

„Dennoch reisen Sie weiterhin nach China.“
„Es ist ein Balance-Akt. Ich glaube, dass uns der Spagat gut gelingt. Einerseits die totale Identifikation mit der Heimat und der Region, indem wir soziale Verantwortung übernehmen oder aus Sichtder „Fanbelange“ handeln. Andererseits wollen wir ein eingetragener Verein bleiben und (internationalen) Erfolg haben. Dafür müssen wir neue Wege gehen, Potentiale schaffen und ausschöpfen. China gehört mit Milliarden von Menschen zu diesen Potentialen. Das Land hat eine enorme Wirtschaftskraft, neue Fans, neue Unternehmen… Da gehört die Präsenz der Mannschaft dazu. Nicht nur, aber auch. In einer Vorbereitung von acht oder neun Wochen steht es jedem großen Klub der Welt gut zu Gesicht, sich eine Woche lang dort aufzuhalten.“

„Fliegen Sie im Sommer 2018 wieder dorthin oder in die USA?“
„Das steht noch nicht fest, wird aber spätestens im Frühjahr 2018 in Abstimmung mit der sportlichen Führung entschieden.“

„Stichwort Identifikation mit der Heimat. Sie haben am Mittwoch die neue Partnerschaft mit der Stölting-Gruppe verkündet.“
„Richtig. Ein Deal, der perfekt zum Stadtspiegel passt, nicht wahr (lacht)? Der Vertrag geht über vier Jahre und Stölting und Schalke 04 sind zwei große Player in Gelsenkirchen. Ich freue mich sehr, wenn ein Abschluss mit einem solchen heimatgebundenen Unternehmen zu Stande kommt. Es wurde Zeit, dass wir zusammenkamen. Wir beobachten das Unternehmen schon seit geraumer Zeit und die vielen Dienstleistungen im Portfolio können für uns relevant werden. Jetzt arbeiten zwei starke Wirtschaftskräfte zusammen!“

„Vor nicht allzu langer Zeit haben Sie in einem Interview gesagt, dass der S04 im europäischen Ranking weit vor Paris stehen würde, weil der Marktwert ein ganz anderer sei. Ist das nach dem Neymar-Deal immer noch so?“
„Zu 100 Prozent. Aus Marketing-Sicht, der Außendarstellung und Internationalisierung, wird die Verpflichtung von Neymar PSG sicherlich einen Schub geben. Allein die Trikot-Absätze werden in den kommenden Jahren natürlich steigen. Aber inwieweit damit das Gesamt-Gefüge in dem Klub durcheinandergewirbelt wird, gilt abzuwarten. Die Summen, die dort gezahlt werden, sind fernab jeglichen Realitätssinns. Wir wollen und müssen einen anderen Weg gehen, weil wir keinen katarischen Investor haben und ihn auch nicht haben wollen. Unser Marktwert beinhaltet mehrere Kriterien, die sich unter anderem aus dem sportlichen Wert und der Strahlkraft der eigentlichen Marke, wie zum Beispiel unserer Tradition und unserer Fans ergibt. Da hat der emotionale Faktor ganz klar einen gewichtigen Anteil und deswegen sehe ich einen großen Vorsprung zu Paris. Den Weg mit dem neureichen Charakter möchten wir nicht einschlagen.“

„In zwei Tagen treten Sie neben 49 weiteren Referenten auf dem „Sportbusiness Kongress“ auf. Thema dieses Jahr ist „Gaming & Media 2017“. Ihr Pendant vom BVB tritt dort auch auf. Kennen Sie den Titel seines Vortrags?
„Ich glaube es geht in die Richtung „Keine Liebe. Warum der BVB nicht in den eSport investiert“!?“

„Ganz genau. Was entgegnen Sie am Montag Ihrem Kollegen?“
„Es ist in unserer Branche spannend zu sehen, dass jeder Verein unterschiedliche Sichten und Herangehensweisen hat. Das finde ich grundsätzlich gut. Wir sehen im Esport effiziente neue Zielgruppen. Ich kann mir übrigens vorstellen, dass der BVB sein ‚Nein‘ zum eSport zu gegebener Zeit überdenkt. Finanziell sind wir mit unserem Esport-Engangement schon gut gestartet. Anders gefragt: Wer hätte vor 15 Jahren gedacht, dass Fußball-Klubs in Online-Suchmaschinen investieren, um auf Kanäle für Merchandising aufmerksam zu machen? Es hat überall ein Umdenken stattgefunden. Der Esport ist ein neuer Sport einer ganz neuen Generation. Natürlich bleibt Fußball unser Kerngeschäft. Trotzdem sehen wir eine neue Zielgruppe und neue Fans, die wir auf unserem Sport aufmerksam machen werden. Ich freue mich schon auf die Diskussion beim Kongress zu diesem Thema.“

Alexander Jobst hat gut lachen. Der Vorstand Marketing macht seine Hausaufgaben so gut, dass der S04 in seinem Bereich nachweislich auf Champions League-Niveau ist. | Foto: FC Schalke 04
Die Verkündung des Deals mit "allyouneedFresh", der eine internationale Bewunderung und Diskussion ausgelöst hat. Im Hintergrund prangert das große Logo auf dem Videowürfel, der zu dem Zeitpunkt noch von "Hisense" beworben wurde. | Foto: FC Schalke 04
Autor:

Raphael Wiesweg aus Gelsenkirchen

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