Wohnungsnot für Senioren?
Mit einer Zukunftswerkstatt zum Thema „Wohnen im Alter“ will der Seniorenbeirat in Gelsenkirchen den Wohnraum zukunftsfähig gestalten für die zunehmende Zahl an Senioren. Die Frage ist leider nur immer wieder: Wer soll das bezahlen? Wer hat so viel Geld?
Von Silke Sobotta
GE. „Der demografische Wandel ist in aller Munde, nur es wird nichts getan, um ihm gerecht zu werden“, bemängelt Ernst Majewski, der Vorsitzende des Beirates für Senioren.
Um das zu ändern, trafen sich nun Architekten, Vertreter von Wohnungsbau-Gesellschaften, der Finanzwelt, der Sozialverbände, Seniorenvertreter und auch Vertreter der Stadtumbaubüros. Gemeinsam möchten sie daran arbeiten, dass Gelsenkirchen schon in naher Zukunft in Sachen seniorengerechtem Wohnen besser aufgestellt sein wird.
Auf der Suche
nach Lösungen
Nach dem die Teilnehmer und Interessierte an der Zukunftswerkstatt im Herbst letzten Jahres über das Bielefelder Modell informiert wurden, das bei Seniorenwohnungen direkt einen Sozialpartner mit ins Boot holt, ging es nun um die Suche nach Möglichkeiten für Gelsenkirchen.
Dazu wurden vier Projektgruppen gebildet, die sich mit den Schwerpunkten Nahversorgung, Finanzierung, preiswertem Wohnraum und Aktivitäten befassten. Am Ende werden die Ergebnisse der Arbeitsgruppen zusammengetragen und aus dem Puzzle soll ein Konzept erarbeitet werden.
Bei der städtischen Beratungsstelle „Pflege, Alter, Demenz, Behinderung, Wohnanpassung“, kurz PFAD, laufen die Anfragen nach seniorengerechten Wohnungen auf. Hier wurde von Januar 2011 bis Januar 2012 ein Nachfragezuwachs von 400 Wohnungen verzeichnet. Das ist für Majewski ein deutliches Zeichen für den erhöhten Bedarf, der noch weiter ansteigen wird, aber auch für die schon heute vorliegende Unterversorgung.
„Dabei kann PFAD nur öffentlich geförderte Wohnungen vermitteln. Wer hier auch nur mit wenigen Euros über der Berechnungsgrenze liegt, fällt aus dem Raster. Wohnungen, die Privatvermieter vielleicht frei haben, sind zum einen nicht bekannt und zum anderen oftmals auf einen Schlag rund 11% teurer als die öffentlich geförderten Wohnungen, das kann sich dann manch einer nicht leisten, auch wenn er für die anderen zu viel Einkommen hat“, klärt Majewski auf.
Hier wäre ein Ansatzpunkt, dass freier Wohnraum gefördert und so verbilligt werden könnte. Das sieht Majewski aber als bundespolitische Pflicht angesichts des viel beredeten demografischen Wandels.
Viele Ideen, die aber nicht kostenlos sind
„Man könnte auch bei Neubauten gleich in den Bebauungsplänen festlegen, dass die Erdgeschosswohnungen seniorengerecht angelegt werden müssen. Also etwa mit breiteren Türen, die auch für Rollstuhlfahrer geeignet sind. Ich weiß, dass das eine spinnerische Idee ist, aber so was kann nur per Gesetz durchgesetzt werden und das müsste vom Bund auf den Weg gebracht werden“, wünscht sich Majewski.
Und der SPD-Ratsherr „spinnt“ gleich weiter: „Was spricht dagegen, dass Alt und Jung tauschen? Eine junge Familie kann sich nicht immer ein Eigenheim leisten. Ein Senior kann es nicht mehr versorgen. Da könnten doch die Jungen in das Haus ziehen und dem Alten eine seniorengerechte Wohnung finanzieren.“
Senioren nicht ins
Abseits stellen
Bei dem ganzen Thema sieht Majewski vor allem das Problem, dass die Senioren am Ende zu einer benachteiligten Gruppe der Gesellschaft werden könnten.
Der Seniorenbeauftragte der Stadt, Dr. Wilfried Reckert, klärt mit einem Lächeln auf: „In Gelsenkirchen gibt es derzeit rund 70.000 Bürger, die über 60 Jahre alt sind. Die sehen sich selbst aber nicht als Senioren. Senioren sind über 80.“
Allerdings sieht auch Reckert, dass die Altersarmut wächst und die gegenseitige Hilfe einen immer höheren Stellenwert bekommen wird. „Die Generationensolidarität ist wichtig. Und ebenso, dass sich Nachbarschaften entwickeln. Es werden einfach immer mehr Kümmerer benötigt.“
Als einen falschen Weg sieht der Seniorenbeauftragte die Entscheidung der Bundesregierung, die KfW-Mittel für den Wohnumbau in altengerechtes Wohnen abzuschaffen. Denn seit diesem Jahr gibt es dafür keine Fördermittel mehr.
Doch Reckert gibt sich nicht kampflos: „Wir wollen aber auch selbst etwas anschieben. Dazu werden wir Aufklärung betreiben und zum Beispiel private Vermieter mit ins Boot holen. Aber wir werden auch alle politischen Wege nutzen, und das weit über Gelsenkirchen hinaus.“
Kontakt:
Die städtische PFAD Beratungsstelle befindet sich in der Vattmannstraße 2-8.
Beratungszeiten sind montags bis donnerstags von 8.30 bis 15.30 Uhr, freitags von 8.30 bis 12.30 Uhr sowie nach Vereinbarung.
Die Sammelrufnummer ist die Tel. 1692560.
Autor:silke sobotta aus Gelsenkirchen |
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