"total ver-rückt" - Demenzkampagne in Gelsenkirchen

Total verrückt? Demenzkranke verlegen oft Alltagsgegenstände - die dann an den ungewöhnlichsten Orten wieder auftauchen. | Foto: Ralf Nattermann
  • Total verrückt? Demenzkranke verlegen oft Alltagsgegenstände - die dann an den ungewöhnlichsten Orten wieder auftauchen.
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Die Vorbereitungen auf die Demenzkampagne vom 1. bis 8. Juni 2013 laufen auf Hochtouren. Auch erste Pläne für Tag eins der Kampagne, der unter dem Titel „total ver-rückt“ steht, gibt es bereits.

Vom 1. bis zum 8. Juni 2013 läuft die Demenzkampagne „GE-meinsam Barrieren abbauen“ in Gelsenkirchen. Am Dienstag, 13. November, fand eine zweite Ideenwerkstatt zur Kampagne statt. „Die Resonanz war sehr gut“, resümiert Pfarrerin Zuzanna Hanussek. „Wir hatten viele neue Gesichter bei der letzten Ideenwerkstatt. Besonders aus der Kunstszene gibt es große Unterstützung.“ Trotzdem wird natürlich weiterhin nach Ideen und Unterstützung aus allen Bereichen gesucht.

Große Auftaktveranstaltung am 1. Juni 2013

Für Samstag, 1. Juni 2013, ist eine große Auftaktveranstaltung in der Innenstadt geplant, bei der sich alle Beteiligten vorstellen und ein kleines Zeltdorf errichtet werden soll, in dem jeder Aktionstag ein Zelt ausfüllen und über das Tehma Demenz informieren wird. „Dort wird dann auch das Programmheft erhältlich sein“, verspricht Pfarrerin Hanussek.

Am Montag, 3. Juni 2013, also dem ersten Aktionstag, dreht sich bei der Demenzkampagne alles um das Thema „total ver-rückt“. „Bei der Demenz geht es nicht ausschließlich um Defizite oder die Beeinträchtigung der kognitiven Fähigkeiten“, erklärt Hanussek. Vor allen Dingen sind es nicht nur Demenzkranke, die die Welt anders wahrnehmen als die Mehrheit: „Besonders im Kunstbereich gab es immer wieder Personen, deren beste Arbeiten nicht mit der ‚gesunden‘ Wahrnehmung zu erklären sind. Im Surrealismus zum Beispiel“, meint Hanussek und ergänzt: „Schließlich gibt es mehr als eine Wahrnehmungsebene unserer Welt. Und nur weil eine von ihnen beeinträchtigt ist, heißt das noch lange nicht, dass Demenzkranke keine wertige Wahrnehmung besitzen.“

Zwei Termine stehen schon fest

Zwei Termine für diesen „ver-rückten“ Tag sind bereits bestätigt, ein weiterer ist in Planung. „Wir freuen uns aber auch jederzeit auf neue Impulse und Freiwillige, die eine passende Idee zum Tag haben oder gerne an den bereits bestätigten Aktionen teilnehmen wollen“, wirbt Hanussek um weitere Beteiligung.

So findet um 19.30 Uhr in der Buchhandlung Junius eine ganz besondere Lesung statt: es werden Werke wie Kafkas „Verwandlung“, also surrealistische Literatur, und Werke des Dadaismus von Kolja Buhlmann vorgelesen. Norbert Labatzki begleitet ihn dabei musikalisch. „Wir wollen einen Dialog zwischen Musik und Lesung herstellen, um gleich mehrere Sinne anzusprechen“, erklärt Hanussek. „Denn viele Demenzkranke reagieren noch stark auf musikalische Reize, auch wenn Worte sie scheinbar nicht mehr erreichen“, erklärt die Pfarrerin.

Darum steht der zweite Termin am ersten Aktionstag auch ganz im Zeichen der Musik; Weltmusik, um genau zu sein. Um 15 Uhr soll im Evangelischen Seniorenstift nämlich ein Konzert mit „Musiken der Welt“ stattfinden. „Ein paar Zusagen haben wir bereits, wir würden uns aber sehr über weitere internationale Künstler freuen, die an diesem Tag auftreten wollen.“
Miteinbezogen in das Geschehen wird auch der bis dahin fertiggestellte Sinnesgarten am Seniorenstift. Hier werden Gehör-, Geruch- und Tastsinn gleichermaßen stimuliert.

Eine dritte Aktion ist mit dem Liebfrauenstift in Planung. Hier soll eine Märchenwelt erschaffen werden, in der Assoziationen zur Kinderzeit der Betroffenen geweckt werden - und Klein und Groß (egal ob betroffen oder nicht) selbstverständlich einfach Spaß miteinander haben können.

Immer her mit neuen Ideen und Projekten!

Wer noch eine Idee für ein Projekt zur Demenzkampagne hat oder schon weiß, wie er oder sie konkret zur Kampagne beisteuern kann, kann sich gerne bei Michaela Lukas unter Tel. 360 21 03 melden. „Schön wäre auch eine Beteiligung der Geschäfte, zum Beispiel mit thematisch dekorierten Schaufenstern,“ überlegt Hanussek.

Da immer mehr Menschen sämtlicher Altergruppen an Demenz erkranken, sind zu den Aktionen selbstverständlich alle Interessierten, Betroffenen und Angehörigen von Betroffenen eingeladen. „Wir wollen Demenz von den rein fürsorglichen Aspekten loslösen. Genau wie jede andere Erkrankung braucht sie Unterstützung, doch das spricht den Demenzkranken nicht jegliche Selbstbestimmung ab“, betont Hanussek und hofft, dass es auch hier in Deutschland bald eine eigene Lobby für Demenzkranke, wie es in Schottland beispielsweise schon der Fall ist, geben wird.

Autor:

Deborrah Triantafyllidis aus Gelsenkirchen

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