In Beckhausen wird der Lanferbach im Zuge des Emscher Umbaus renaturiert
Rund ums Bahnwärterhaus
"Europa ist in Beckhausen und in Sutum…..sichtbar angekommen, wenn man aktuell das Bahnwärterhäuschen besucht. Doch davon ahnt der unbedarfte Passant nichts. Er fragt sich allenfalls, was hinter Bagger, Beton und Bodenbewegungen steckt, die sich dort raumgreifend breitmachen?"
Diese von Jochen Kappler vom Bahnwärterhäuschen an der Horster Straße geäußerte Frage, beschäftigte auch den Stadtspiegel und er versucht nun, diese Frage zu klären. Dabei kam ganz schnell heraus, dass es sich hier um eine Baustelle des Jahrhundertprojektes Emscher Umbau handelt.
Nach der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie darf es nämlich ab 2022 keine mit Schmutzwasser belasteten, offenen Bäche mehr geben. Die Anrainer werden im wahrsten Sinn des Wortes „aufatmen“, wenn die bisherigen No-go-Areas ökologisch verbessert sind und zum Verweilen an neue Orte der Begegnung und Erholung einladen.
Doch bis dahin müssen sie noch einige Einschränkungen hinnehmen, die der Umbau des Emschersystems als Jahrhundertaufgabe mit sich bringt.
"Auf diese derzeitigen Einschränkungen werden wir immer wieder angesprochen, wenn wir am und um das Bahnwärterhäuschen tätig sind. Deshalb konnten wir beim ersten Bauabschnitt die Emschergenossenschaft im vorvergangenen Jahr dafür gewinnen, im
Rahmen unserer dreitägigen „Beckhausener Bürger-Begegnungen am Bahnwärterhäuschen“ umfassende Bürgerinformationen anzubieten", schildert Jochen Kappler.
Inzwischen ist die Baustelle beim zweiten Bauabschnitt angelangt und die Mitarbeiter am Bahnwärterhaus wurden immer wieder mit massiven
Klagen der Anwohner aus der gegenüberliegenden Südfeld-Siedlung konfrontiert, da eine Fortsetzung der Info-Veranstaltungen wegen der lange bestehenden Kontaktbeschränkungen nicht möglich war. Das bedauern die Verantwortlichen der Emschergenossenschaft sehr, weil sie Wert auf ein gedeihliches Zusammenwirken mit den von den Eingriffen Betroffenen legt und bemüht ist, diese so gering wie möglich zu halten.
Der für die Umgestaltung des Lanferbaches zuständige Projektleiter Markus Brzoska hat den Akteuren des Bahnwärterhäuschen, die von Fragen der Anwohner, Benutzer des vorbeiführenden Hugobahn-Radweges und Passanten buchstäblich "GElöchert" werden, mit reichlich Informationen ausgeholfen. Und so konnte Jochen Kappler dem Stadtspiegel vor Ort so manchen Einblick in das Geschehen auf der Baustelle geben.
Die gesamte Baumaßnahme hat eine Länge von rund 4,7 Kilometern bis zum Linnenbrinks Feld, 2,2 davon sind bereits "bearbeitet". Dazu werden Betonrohre mit hydraulischem Druck vorgepresst, die Hälfte davon unterirdisch und der Rest als offener Verbau.
Zuvor muss jeder Abschnitt auf Kampfmittel oder Altlasten überprüft werden, um beim Vorstoßen keine böse Überraschung zu erleben.
Auf diesem Weg wird ein Kanal für das bisher vom Lanferbach transportierte Schmutzwasser geschaffen. Der Bach selbst kann dann im Anschluss renaturiert werden, soweit das möglich ist. Denn es gibt Strecken, etwa an der Rungenberghalde, da muss der Bach in seinem Betonbett bleiben, um ein Abrutschen der Halde zu verhindern.
Die beinahe mannshohen Rohre wiegen rund 13 Tonnen und werden auf Tiefladern nach Beckhausen transportiert. Mittels eines Krans werden sie in die Baugrube gehoben und dort dann mit Vortriebsmaschinen vorgepresst. "Geht dabei ein Rohr kaputt, gibt es nur eine Chance: Weiterdrücken bis es in der Zielgrube geborgen werden kann", schildert Kappler.
Das bedeutet aber auch, dass alle bis dahin bereits verpressten Rohre wieder aus dem Boden gehoben werden müssen, bis das beschädigte "zu Tage" tritt. Nicht gerade eine Kleinigkeit. Eine solche Zielgrube befindet sich auch an der Horster Straße gegenüber des Bahnwärterhäuschens. Hier wurden die Rohre bereits unter der Fahrbahn bis zur Zielgrube verlegt.
"Am Ende kommt ein Deckel auf die Grube, der begrünt werden kann bis nur noch ein etwa ein Meter großer Einstiegsdeckel zu sehen ist. Bis zum Frühjahr 2022 sollen die Abwässer des Lanferbachs dann durch den neuen unterirdischen Kanal fließen. Auf dem Stück von der Horster Straße bis nach Sutum wäre dann auch eine ökologische Verbesserung des Lanferbaches möglich. Dabei könnte das derzeitige Betonbett des Baches zurückgebaut werden, damit dieser sich selbst einen Verlauf suchen kann", verrät "Fachmann" Kappler.
Alles in allem werden hier rund 33 Millionen Euro in Form von riesigen Rohren "verbuddelt". Am Ende sorgt dann er abwasserfreie Lanferbach dafür, dass die Emscher renaturiert und ebenfalls abwasserfrei durch das Emscher-Lippe-Land fließen kann. Die Menschen werden es genießen, denn dann ist die schöne blaue Emscher auch nicht mehr mit unschönen Duftbeiwerken belastet.
Autor:silke sobotta aus Gelsenkirchen |
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