Oberlandesgericht Hamm: Grundwasser- und Trinkwasserschutz dienen der Verbesserung der Agrarstruktur

21.01.2013

Erwirbt der Betreiber eines Wasserwerkes landwirtschaftlich genutzte Grundstücke zum Zwecke des Grundwasser- und Trinkwasserschutzes ist die grundstücksverkehrsrechtliche Genehmigung des Kaufvertrages zu erteilen. Dieser Erwerb dient ebenso wie der Landerwerb durch Vollerwerbslandwirte der Verbesserung der Agrarstruktur und rechtfertigt es nicht, die Genehmigung gem. § 9 Grundstücksverkehrsgesetz (GrdstVG) zu versagen. Das hat der 10. Zivilsenat – Landwirtschaftssenat – des Oberlandesgerichts Hamm mit Beschluss vom 23.10.2012 entschieden und damit die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts – Landwirtschaftsgericht – Borken bestätigt.
Im Rahmen des vorsorgenden Grundwasser- und Trinkwasserschutzes hatten die Stadtwerke Borken mit einem im Juli 2011 abgeschlossenen Kaufvertrag in Borken gelegene landwirtschaftliche Grundstücke in der Schutzzone III a des Wasserschutzgebietes „Im Trier“ erworben, um diese mit der Auflage der Renaturierung und Extensivierung an einen Landwirt zu verpachten. Die nach dem GrdstVG notwendige Genehmigung sollte nach Auffassung der in Münster ansässigen Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen versagt werden, weil es in der Region bereits eine Kooperation zwischen der Landwirtschaft und der Wasserwirtschaft gebe und ein Landwirt der Region die verkauften Flächen dringend zur Aufstockung seines landwirtschaftlichen Betriebes benötige.
Nach der Entscheidung des Landwirtschaftssenats des Oberlandesgerichts Hamm ist die grundstücksverkehrsrechtliche Genehmigung zu erteilen. Neben dem Landerwerb durch Vollerwerbslandwirte sei auch der Landerwerb durch die Stadtwerke zum Zwecke des Grundwasser- und Trinkwasserschutzes eine gleichwertige Maßnahme zur Verbesserung der Agrarstruktur. Die moderne Landwirtschaft habe sich an einem nachhaltigen Umwelt- und Naturschutz zu orientieren. Das verdeutlichten die nach dem Landwirtschaftsgesetz zu erstattenden Agrarberichte der Bundesregierung. Mit dem Landerwerb verfolgten die Stadtwerke ein förderungswürdiges und prüffähiges Konzept, um den Eintrag von Schadstoffen in das Grundwasser, insbesondere die Nitratbelastung, zu verringern. Dieses sei - nicht allein - durch den mit den Landwirten auf freiwilliger Basis abgeschlossenen Kooperationsvertrag (Kooperationskonzept 2020) zu erreichen, sondern bedürfe über die Kooperation hinaus weiterer zusätzlicher Anstrengungen. Als andere Maßnahme zur Verbesserung der Agrarstruktur stehe der beabsichtigte Flächenankauf durch die Stadtwerke damit gleichrangig neben der Förderung der Eigenlandausstattung der Vollerwerbslandwirte. Deswegen sei die Genehmigung zu erteilen. Der Genehmigungsbehörde obliege es nicht, eine Rangfolge für konkurrierende Agrarstrukturmaßnahmen aufzustellen.
Beschluss des 10. Zivilsenats – Landwirtschaftssenat – des Oberlandesgerichts Hamm vom 23.10.2012 (I-10 W 27/12)
Hamm

Autor:

Heinz Kolb (SPD aus Gelsenkirchen

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