Hamburg klatscht, Berlin und Bochum auch - Gelsenkirchen spielt jeden Abend ein Lied
Musik für die Krisenhelden

Michael Cap mit Frau und Tochter freuen sich über den Erfolg der Musikaktion. | Foto: Gerd Kaemper
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  • Michael Cap mit Frau und Tochter freuen sich über den Erfolg der Musikaktion.
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In den sozialen Medien kursieren schon seit einigen Wochen Videos von klatschen Menschen an Fenstern, die sich auf diesem Wege bedanken möchten bei denen, die in Zeiten des Coronavirus wichtige Arbeit für das Gemeinwohl leisten. Seit gut einer Woche beteiligt sich auch ein Straßenzug in der Gelsenkirchener Altstadt an der Aktion, und zwar mit Musik.

Seit mehr als einer Woche, jeden Abend pünktlich um 21 Uhr, schallt ein Lied aus einer Box, die Michael und Jasmin Cap in ihr geöffnetes Küchenfenster an der Wittekindstraße stellen. Und Abend für Abend stellen mehr Nachbarn eine Kerze oder Lampe in ihre Fenster, klatschen am Ende des Liedes und wünschen sich gegenseitig eine gute Nacht.
Entstanden ist die Idee, mit der die Eheleute Cap den wahren Krisenmanagern danken wollen, die dafür sorgen, dass unser Leben trotz Corona weiterläuft, die sich aber auch selbst in Gefahr begeben, weil sie in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, bei der Polizei und Feuerwehr, in Lebensmittelgeschäften und an Tankstellen, als Post- oder Paketboten oder als Lastwagenfahrer für das langersehnte Toilettenpapier und viele andere lebensnotwendigen Dinge sorgen.
Auch im Bekannten-, Freundes- und Familienkreis der Caps gibt es Menschen, die in solchen Berufen tätig sind und sich jetzt zum Wohle der Gesellschaft von ihren sozialen Kontakten zurückgezogen haben, um möglichst lange gesund und im Einsatz bleiben zu können.
Michael Cap kommt als Tankstellenaußendienstmitarbeiter viel herum und erlebt, was auch in dieser Branche in Krisenzeiten geleistet wird. Das brachte das Ehepaar auf die Idee, seine Solidarität öffentlich zu machen.
„Wir hatten im Internet davon gelesen, dass es Orte gab, in denen man sich abends ans Fenster stellte und den Krisenhelfern mit einem Applaus dankte. Also haben wir uns mit unserer Whatsapp-Nachbarschaftsgruppe, in der Anwohner bis hin zur Zeppelinallee aktiv sind, verabredet und uns abends zum Klatschen verabredet. Als wir dann das Video eines italienischen DJs gesehen haben, der mit seiner Musik auf einem Balkon sehr viel mehr Menschen erreichte als wir Deutsche mit unserer Applaus-Aktion. Die Menschen reagieren auf Musik einfach mehr und darum machen auch wir jetzt Musik“, erzählt Michael Cap.
Am ersten Tag spielte er quasi zum Test das Steigerlied, und zwar die ersten vier Strophen. Damit niemand sich beschwert, hatten die Caps bereits über ihre Nachbarschaftsgruppe aber auch Infos in anderen Häusern an der Straße auf die Aktion aufmerksam gemacht. Und siehe da: „Es war einfach unglaublich, wie viele Menschen plötzlich an den Fenstern standen und mitgesungen haben.“
Und so geht es Abend für Abend weiter und die Aktion reißt immer mehr Nachbarn mit. „Wir überlegen uns jetzt immer in der Gruppe, welches Lied wir am nächsten Abend spielen wollen. Dabei gehen wir dann auch schon mal auf Wünsche ein. So war zum Beispiel 'Der ewige Kreis' aus 'König der Löwen' der Wunsch eines Geburtstagskindes, der angesichts von 'Stay Home' seinen Geburtstag allein feiern musste“, schildern Jasmin und Michael Cap.
Wichtig ist ihnen dabei immer, dass das Lied zum Thema passt, so wie etwa Vicky Leandros „Ich liebe das Leben“, Beethovens „Ode an die Freude“, „Halleluja“ von Leonard Cohen oder „You‘ll never walk alone“ von Richard Rodgers. Denn für die Eheleute und ihre Nachbarschaftsgruppe steht im Vordergrund, dass es sich hier nicht um eine Party handeln soll, sondern um den Dank an die Helfer und den Zusammenhalt in der Krisenzeit.
„Wir sind wirklich begeistert über die vielen positiven Rückmeldungen, die wir erhalten. Freunde von uns leben auf Sylt, haben die Aktion als Video miterlebt und waren richtig neidisch, weil hier so etwas Tolles funktioniert. Denn es sind mittlerweile so ziemlich alle Nachbarn mit dabei und sogar Fußgänger bleiben stehen, halten inne, klatschen am Ende des Liedes mit uns und wünschen gemeinsam mit uns allen eine gute Nacht“, berichten Jasmin und Michael Cap mit einem glücklichen Lächeln.
Wenn uns das Coronavirus irgendwann wieder aus seinen Fängen lässt, stellt Michael Cap die Playlist zur Verfügung als schöne Erinnerung daran, wie man gemeinsam durch eine schwere Zeit gekommen ist.

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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