Kinderwunsch mal anders

Nicole und Thomas Christofzyk gehen in ihrer Eltern-Rolle voll auf und sind mit "ihren" drei Kindern einfach nur glücklich. Denn sie haben sich mit ihnen ihren Lebenstraum erfüllt. Foto: Gerd Kaemper
  • Nicole und Thomas Christofzyk gehen in ihrer Eltern-Rolle voll auf und sind mit "ihren" drei Kindern einfach nur glücklich. Denn sie haben sich mit ihnen ihren Lebenstraum erfüllt. Foto: Gerd Kaemper
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Nicole und Thomas Christofzyk hatten wie viele andere Paare auch ihr Leben geplant. Dazu gehörten für sie Jobs, die Spaß machen, ein Haus mit Garten und Kinder, am liebsten drei. Doch die Sache mit den Kindern wollte nicht klappen. Und weil beide gesund und munter sind, könnte man beinahe sagen: Das sollte so sein!

Glücklich mit Pflegekindern

Denn inzwischen sind Nicole und Thomas Eltern und zwar von drei sehr netten, freundlichen und aufgeschlossenen Kindern. Zu verdanken haben sie diese Tatsache ihrer Idee, ein Kind zu adoptieren und der guten Arbeit des Gelsenkirchener Jugendamtes, das sie sanft der Dauerpflegeelternschaft zu führte.
„Wir haben keine leiblichen, aber doch eigene Kinder: Unsere Pflegekinder“, stellt Thomas ganz klar dar und Nicole nickt zustimmend.
„Anfangs haben wir natürlich an eigene Kinder gedacht. Aber das sollte nicht sein, obwohl wir beide gesund sind und kein Grund nachvollziehbar war, warum es einfach nicht klappte. Eine Weile dachten wir dann, dass uns das doppelte Einkommen dafür entschädigen könnte und viele Urlaubsreisen. Doch wir fühlten uns einfach nicht erfüllt“, schildert Thomas die Vorgeschichte.

Dauerpflege statt Adoption

In den Köpfen des Paares entstand die Idee, ein Kind zu adoptieren und sie informierten sich einfach mal ganz unverbindlich beim Gelsenkirchener Jugendamt, wie so etwas geht. „Wir hatten dabei natürlich den Klassiker im Kopf: Neugeborenes und direkt unser Kind“, erklärt Nicole.

Das Jugendamt als toller Berater und Helfer

Das Jugendamt lud das Paar zu einem Seminar ein, in dem Interessierte erfahren, welche Möglichkeiten es gibt, ein Kind in die Familie zu holen, welche Anforderungen an die zukünftigen Eltern gestellt werden und welche Rechte und Pflichten damit einher gehen. Ein Teil des Seminars erläuterte auch den Unterschied zwischen Adoption, Dauerpflege und Kurzzeitpflege.
„Dabei erfuhren wir dann, dass die leiblichen Eltern bis zu einem Jahr nach der Adoption noch die Möglichkeit haben, diese zurückzuziehen. Das hätte bedeutet, dass ‚unser Kind‘ uns wieder weg genommen worden wäre. Die Dauerpflege hingegen ist eine sicherere Variante. Auch wenn es sich hierbei eher nicht um Neugeborene handelt“, erläutert Nicole. Nach diesen Eindrücken hat sich das Paar gar nicht mehr mit Kinderwagen gesehen, sondern eher mit Kindern geplant, die im Kindergartenalter sind.

Gabi, Jörg und Christopher zogen nach und nach ein

Und so kamen zuerst Gabi (die Namen der Kinder sind geändert, Anm. d. Red.) mit fünf Jahren, dann Jörg ebenfalls mit fünf Jahren und schließlich Christopher mit 15 Monaten in die Familie. Gabi lebt inzwischen seit zehn Jahren bei Nicole und Thomas, Jörg seit fünf Jahren und Christopher seit einem Jahr. Gemeinsam fühlen sie sich als Geschwister und für sie sind Nicole und Thomas ‚ihre‘ Eltern.
Die Dauerpflege hat einen komplexen rechtlichen Hintergrund, Da geht es um Sorgerecht, Besuchskontakte mit den leiblichen Eltern und vieles mehr. „Aber das wird alles vom Jugendamt geregelt. Damit haben wir eigentlich nichts zu tun. Außer, dass wir die Besuchskontakte begleiten, aber da sind dann auch Vertreter des Jugendamtes dabei, um auf die Einhalung der Spielregen zu achten“, schildert Thomas.

Besuchskontakte gehören dazu

„Beim ersten Besuchskontakt, den wir mit Gabi erlebten, war ich natürlich noch aufgeregt. Inzwischen weiß man, was passiert und wie so etwas abläuft und ist da ganz relaxt, auch wenn man schon mal mit Herzklopfen aus so einem Termin heraus geht“, berichtet Nicole.
Der kleine Christopher trifft seine Eltern noch etwa alle acht Wochen, die Eltern von Jörg sind verstorben bzw. verschollen und Gabi ist inzwischen in einem Alter, in dem sie entscheiden kann, ob sie noch Kontakte pflegen möchte und sie hat sich dagegen entschieden.

Kinder spüren schnell wo es ihnen gut geht

„Wer jetzt glaubt, dass diese Kontakte jedesmal für Unruhe sorgen, der irrt. Die Kinder spüren schnell zu wem ihre emotionale Bindung besteht. Für sie ist es gut, dass sie vergleichen können zwischen dem was sie bei ihrer Herkunftsfamilie erlebt haben und dem, was sie bei der Pflegefamilie erleben. Auf diese Art entsteht auch keine Glorifizierung der leiblichen Eltern“, ist sich Thomas sicher.
Dass es bei dieser Pflegefamilie so gut klappt, liegt zum ein an der sehr guten Betreuung durch das Jugendamt. „Wir haben auch Kontakte zu Eltern aus anderen Städten, die da ganz andere Erfahrungen gemacht haben“, erklärt Thomas. Zum anderen aber auch an der hohen Akzeptanz der Familie und des Freundeskreises des Paares.

Die drei Kinder sind Teil der Familie

So schildert Thomas: „Meine Großmutter ist 95 Jahre alt und für sie sind die Kinder ihre Urenkel. Nicoles Eltern sehen sich als Großeltern unserer drei Kinder.“
Man spürt schnell, dass sich bei Nicole und Thomas alles um das Wohl der Kinder dreht. So gaben sie Gabi genügend Zeit, in Ruhe anzukommen, ehe sie sich ihren Wunsch nach einem weiteren Kind erfüllten. Außerdem hatte Gabi Mitspracherecht, ob ein zweites Kind in der Familie aufgenommen werden sollte. Und auch ehe Christopher aufgenommen wurde, tagte der Familienrat mit Nicole, Thomas, Gabi und Jörg. „Wir hatten dann schon mal Signale gesetzt, dass wir uns ein drittes Kind vorstellen könnten. Dabei dachten wir wieder an ein Kind im Kindergartenalter. An Kinderwagen und pampern haben wir gar nicht gedacht. Und dann kam Christopher. Wir haben ihn gesehen und es war schnell klar, dass er unser drittes Kind werden sollte“, strahlt Nicole und Thomas nickt mit einem Lächeln.

Und dann kam Christopher dazu

Christopher war mit seinen 15 Monaten ein Notfall und zu der Zeit in einer Kurzzeitpflegefamilie untergebracht. Das Jugendamt war sich sicher, dass der kleine Junge gut in die Familie passt und sollte auch in diesem Fall recht behalten.
„Andere Eltern haben neun Monate Zeit sich auf ein Kind vorzubereiten, bei uns ging es sehr viel schneller. Da musste ein Kinderzimmer mit Spielsachen und allem was dazu gehört hergerichtet werden. Und Gabi und Jörg mussten auch gefragt werden. Aber für Jörg war schnell klar, dass er sich auf einen Bruder freut und Gabi wollte erst abwarten. Aber dann ging es auch bei ihr schnell“, erinnert sich Thomas.
Den Kindern wurde von Nicole und Thomas freigestellt, ob sie in Kindergarten und Schule erzählen, dass die beiden nicht ihre leiblichen Eltern sind oder nicht. Aber aufgrund der Tatsache, dass Gabi und Jörg inzwischen den Familiennamen der beiden tragen, haben sie sich eindeutig dazu bekannt, wen sie als Eltern empfinden.
Im Nachhinein sagt Thomas: „Eigentlich basiert das Ganze auf einem egoistischen Grund: Wir wollten eine Familie. Und auch wenn alle drei Kinder in ihren leiblichen Familien genug erlebt haben, wäre Mitleid auf Dauer die falsche Basis für eine Pflegefamilie. Der starke Wunsch nach einer Familie schweißt uns einfach stark zusammen.“

Jedes Kind hat seinen Rucksack zu tragen

Dabei ist nicht immer alles harmonisch. Wie in jeder anderen Familie auch „gibt es mal Strom in der Tapete“ wie Thomas es ausdrückt. Denn: „Jedes Kind bringt seinen Rucksack mit. Der wird mal geöffnet und dann auch wieder geschlossen, aber er ist immer da. Und wir tragen an dem Rucksack jedes der Kinder mit. Dazu gehört auch viel Herzblut“, ist sich Nicole bewusst.
Zur Lebensplanung des Paares gehört ein Haus mit vier Schlafzimmern, die sind nun besetzt und Christopher soll der letzte Familienzuwachs bleiben. „Wenn er 18 ist, bin ich 63. Wir wollen den Kindern gerecht werden und das könnten wir irgendwann nicht mehr“, erklärt Thomas.
Aber was zählt ist: „Wir sind mit diesen Dreien glücklich!“ Und das merkt man der ganzen Familie an.

Bei Interesse: Der kurze Drah zum Referat Jugend:

Interessierte Pflegeelternbewerber erfahren mehr bei: Melis Özgen. Telefon: 169-9418, mail: melis.oezgen@gelsenkirchen.de oder Marie Siegemund, Telefon 169-9391, mail: marie.siegemund@gelsenkirchen.de.
Melis Özgen und Marie Siegemund bieten nach Terminvereinbarung immer gern ein persönliches Erstinformationsgespräch für die Bewerber an.
Infos gibt es auch auf www.gelsenkirchen.de unter der Rubrik „Familie“. Beratung

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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