Zwei Pfarrerinnen arbeiten in der Trauerbegleitung mit dem AWO-Seniorenzentrum Gelsenkirchen zusammen
Die Trauer der Pflegekräfte

Pfarrerin Andrea Hellmann hofft, bald einen Erinnerungsgottesdienst für die verstorbenen Heimbewohner des AWO-Seniorenzentrums anbieten zu können.  | Foto: Evangelischer Kirchenkreis GE und WAT
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  • Pfarrerin Andrea Hellmann hofft, bald einen Erinnerungsgottesdienst für die verstorbenen Heimbewohner des AWO-Seniorenzentrums anbieten zu können.
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Sterben gehört zum Leben dazu. In Pflegeheimen ist es aber gerade jetzt unter Corona-Bedingungen doppelt schwer, den Sterbenden beizustehen und nahe zu sein. Wie erleben die Mitarbeiter diese besonders belastende Situation? Wie verarbeiten sie selbst ihre Trauer? Und was kann die Evangelische Kirche an Trauerbegleitung in dieser besonderen Situation anbieten?

Achim Schwarz leitet das AWO-Seniorenzentrum Gelsenkirchen-Schalke. Es hat 163 Plätze in fünf Wohnbereichen. 173 Mitarbeitende, die meisten in der Pflege, kümmern sich um die Bewohner. Im Frühjahr 2020 gab es hier kleine Corona-Ausbrüche, die gut bewältigt werden konnten. Anfang Dezember jedoch kam es zu vielen Ansteckungen.
Aus zwei Wohnbereichen wurde eine Isolierstation mit strengen Zugangsregeln gebildet. Dorthin wurden die Corona-Infizierten verlegt. Die Betreuung der Kranken und Sterbenden war auch dadurch erschwert, dass fast 30 Mitarbeitende parallel erkrankt waren.
Die Belastung für die Mitarbeiter stieg ins Unendliche, die Pflegenden waren am Limit, es gab viele Sterbefälle, aber Trauerarbeit war ihnen gar nicht möglich, weil einfach zu viel zu tun war, um die Grundversorgung aufrecht zu erhalten.

Man kennt sich in Schalke


In dieser Situation wandte sich Heimleiter Schwarz an Pfarrerin Andrea Hellmann von der Evangelischen Emmaus-Kirchengemeinde Gelsenkirchen. Sie hält auch, wenn kein Corona ist, im Wechsel mit Pfarrer Andreas Chaikowski regelmäßig Gottesdienste im AWO-Seniorenzentrum und hatte die Mitarbeiterschaft auch schon begleitet, als im Frühjahr 2019 eine noch junge Mitarbeiterin starb. Schwarz wusste, dass Pfarrerin Hellmann in der Gemeinde Trauergesprächsgruppen leitet und so ging er auf sie zu und überlegte mit ihr zusammen, was getan werden könnte, um den Mitarbeitenden beizustehen.
Hellmann brachte das Anliegen im Pfarrkollegium zur Sprache. Daraufhin boten sie und Pfarrerin Kirsten Sowa zwei Gesprächsgruppen für die Mitarbeitenden an. Sie fanden im Katharina-von-Bora-Haus, dem Evangelischen Gemeindehaus an der Königsberger Straße in Schalke, statt. Zunächst gab es dieses Angebot für langjährige Mitarbeiter des Seniorenzentrums.
„Schon der Ortswechsel vom Seniorenzentrum zum Gemeindehaus war für die Mitarbeitenden gut, um ein wenig Abstand zu gewinnen. Wir hatten in beiden Räumen eine Mitte für den Gesprächskreis gestaltet mit einer Kerze,“ schildert Pfarrerin Kirsten Sowa.
Sie war selbst sehr berührt, als eine Teilnehmerin hereinkam, die Kerze sah und gleich weinen musste. „Es war zum ersten Mal ein Ort, ein Zeichen für die Trauer da.“
In den Gesprächen wurde dann deutlich, dass die Trauer zwei Seiten hat. Zum einen werden langjährige Bewohner fast so etwas wie Familienmitglieder. Wenn sie auf einmal nicht mehr da sind, ist das schwer zu bewältigen.
Zum anderen zerbricht förmlich das Selbstverständnis als Altenpfleger, wenn im Krisenmodus nicht mehr die Zeit für das menschliche Miteinander bleibt, die man sich gerne nehmen würde.

Einfach mal erzählen über das Erlebte

In diesen Gesprächen wurde den Pfarrerinnen sehr deutlich, was die Mitarbeiter des Seniorenzentrums in dieser schweren Zeit alles geleistet haben, was deren Arbeit ist und mit welch großem Engagement sie alle dabei sind. Und die Mitarbeiter konnten bei diesen Treffen einfach mal erzählen, was war.
„Es tut einfach gut, Gefühle auszusprechen. Um sie für sich klarer zu fassen, aber auch, wenn man erfährt, dass man damit nicht alleine ist.“ Äußerungen wie diese waren nach den Treffen von den Teilnehmenden häufiger zu hören.
„Zu Beginn gab es eine gewisse Hemmschwelle, an solch einer Gesprächsgruppe teilzunehmen“, berichtet Achim Schwarz, „aber als die erst einmal überwunden war, hat es gut funktioniert.“ Weiterer Bedarf ist bereits angemeldet.
Zu normalen Zeiten gab es im AWO-Zentrum schon gute Trauerarbeit. So wird, wenn ein Bewohner stirbt, an seinem Platz am Esstisch im Wohnbereich ein Engel oder eine Kerze aufgestellt. Normalerweise.
Doch jetzt gibt es so etwas nicht, weil wegen der Pandemie die Mahlzeiten nicht mehr gemeinsam eingenommen werden, sondern alle auf ihren Zimmern essen. Und im Eingangsbereich des Hauses wird ein Kiesel mit dem Namen der oder des Verstorbenen darauf hingelegt.

Ein Abschiedsgottesdienst ist in Planung

Die beiden Pfarrerinnen, Andrea Hellmann und Kirsten Sowa, werden die begonnene Trauerarbeit weiterführen. „Wir stehen als Seelsorgerinnen weiter zur Verfügung und wir überlegen auch, einen Abschiedsgottesdienst für verstorbene Bewohner des Seniorenzentrums zu feiern, wenn das wieder geht“, bekräftigt Pfarrerin Hellmann.
Und wer selbst Angehörige verloren hat, ist herzlich eingeladen, an den Trauergesprächskreisen teilzunehmen, die die Evangelische Emmaus-Kirchengemeinde ab März erneut anbieten möchte.

Autor:

Lokalkompass Gelsenkirchen aus Gelsenkirchen

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