Demenz und Migration

Das Team des Demenz-Servicezentrum NRW für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in Gelsenkirchen mit (von links) Elena Maevskaya, Bedia Torun und Serpil Kilic.Foto: Gerd Kaemper
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„Menschen mit einer Zuwanderungsgeschichte brauchen, wenn es um Demenz geht, eine eigene Beratung. Die Demenz kennt natürlich keine ethnischen Grenzen, aber der Verlust des Kurzzeitgedächtnisses lässt die Menschen in ihren Erinnerungen leben und diese katapultieren sie in ihre Heimat und die Sprache ihrer Heimat zurück“, erläutert Elena Maevskaya, Koordinatorin am Demenz-Servicezentrum NRW für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte im Internationalen Migrantenzentrum der Awo an der Paulstraße 4.

Das Demenz-Servicezentrum für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte

Das Demenz-Servicezentrum für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte entstand als Projekt Demenz & Migration im Jahr 2004. Seit Dezember 2007 ist das Projekt ein Bestandteil der Landesinitiative Demenzservice NRW und firmiert unter Demenz-Servicezentrum für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte. Als solches ist es Mitglied des Forum Demenz und beteiligt sich an der Demenz-Kampagne, die vom 1. bis 8. Juni in Gelsenkirchen stattfinden wird.
Durch das Team des Demenz-Servicezentrums werden aber auch die übrigen Angebote der AWO zur Demenz-Kampagne koordiniert. „Darum organisieren wir nicht nur einen einzelnen Thementag, sondern verschiedene Angebote über die Stadt verteilt, eben an Niederlassungen der AWO. Dabei handelt es sich sowohl um nachhaltige wie auch einzigartige Angebote, die alle unter dem Motto ‚Neue Wege gemeinsam beschreiten‘ stehen“, erläutert Elena Maevskaya.
Die aus der ehemaligen Sowjetunion stammende junge Frau war in ihrer alten Heimat Deutsch-Lehrerin und absolvierte hier ein Studium der Sozialpädagogik. Beides zusammen hilft ihr bei der täglichen Arbeit mit Menschen mit Migrationsgeschichte, wobei sie für die russisch-sprechenden die richtige Ansprechpartnerin ist, während ihre beiden Kolleginnen sich um die größere Gruppe der türkisch-stämmigen Menschen kümmern.

Man muss den Menschen mit fremden Wurzeln die Hand reichen

„Es reicht nicht einen Samowar aufzustellen, wenn man die Menschen mit fremden Wurzeln erreichen möchte“, weiß Elena Maevskaya. „Die Menschen müssen sich angesprochen fühlen, weil gerade bei den Migranten viele eher vereinsamt sind und wenige Kontakte haben. Sie sind nicht wie die deutschen Mitbürger in vielen Gruppen oder Vereinen integriert.“
Bei der Suche nach einer geeigneten Aktion während der Demenzkampagne verfolgte sie darum auch Ideen, die bei den Menschen mit Migrationshintergrund auf Interesse stoßen könnten.

Unterschied: Mit und ohne Migrationshintergrund

„Es gibt ja das ‚Sommerfest wie damals‘. Dabei werden alte deutsche Schlager und ähnliches gespielt. Dazu haben die an Demenz erkrankten Menschen mit Zuwanderungsgeschichte aber keinen Bezug. Sie werden durch die Krankheit auf ihre Muttersprache reduziert und benötigen genau darin Hilfe und Ansprache. Denn genau hier liegt das Problem, weil Sprache und Kultur ein Medium der Verständigung sind. Die Dynamik in einer muttersprachlichen Gruppe ist ganz anders als in einer zweitsprachlichen“, schildert Maevskaya.

Aktionen für die Zugewanderten aus Russland

Darum setzt sie auf einen Beitrag in familiärer Atmosphäre, der mit musikalischer Begleitung aus der russischen Kultur zu einem Erlebnis wird. Dazu lädt das Demenz-Servicezentrum der AWO russisch sprechende Bürger am Samstag, 1. Juni, gemeinsam mit dem Russischen Center zu „Santa Monika wird Russisch“ auf das bekannte Kanalschiff ein.
Am Sonntag, (2.), steht die Kanalfahrt dann unter dem Motto „Ein Schiff der Erinnerungen“ und richtet sich an Mitglieder der Jüdischen Gemeinde in Gelsenkirchen, mit der gemeinsam das Demenz-Servicezentrum der AWO zu der Fahrt einlädt. Die Jüdische Gemeinde bereitet dazu ein eigenes Unterhaltungsprogramm vor.

Eine einmalige Chance um ins Gespräch zu kommen

„Das ist für uns eine einmalige Gelegenheit, so viele Menschen der russischen Sprache zusammen zu bringen. Und die Gemeinsamkeit wird sie stärken und dabei erhalten sie fachliche Erläuterungen zu Unterstützungsangeboten. Unsere russischsprachigen Seniorenvertreter und Nachbarschaftsstifter werden auch mit eingebunden sein und so glaube ich an ein gutes Gelingen“, freut sich Elena Maevskaya. Beide Schifffahrten sind übrigens kostenlos!
Derzeit ist ein Flyer in Arbeit, der die Angebote der AWO auf türkisch, russisch und polnisch beinhaltet.

Aktionen der AWO zur Demenzkampagnen-Woche

Das „Sommerfest wie damals“ findet am Samstag, 8. Juni, im AWO Seniorenzentrum Schalke in Kooperation mit der katholischen Kirchengemeinde St. Joseph und dem Kindergarten St. Agnes statt und bietet ein Fest für alle Sinne, das die Besucher in schöne Erinnerungen eintauchen lässt.

Barrieren abbauen - Zugänge schaffen heißt es im AWO Seniorenzentrum Buer-Erle, wenn am 6. Juni speziell russischsprechende Mitbürger zu einem Rundgang durch die Einrichtung eingeladen sind. Bereits am 5. Juni findet hier der Vortrag „Die Relevanz biografischer Arbeit in der Pflege und Betreuung mit dementen Menschen am Beispiel Zeche“ statt.

Der AWO Betreuungsverein informiert am 4. Juni über „Vorsorgemöglichkeiten im Krankheitsfall“, wie Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht.

Der Film „Das Herz vergisst nicht“ wird in türkischer Sprache mit deutschen Untertiteln am 4. Juni in der Schauburg gezeigt.

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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