Das Arzt Mobil: Mobile medizinische Hilfe und mehr
Wenn am Sonntag, 13. März, um 17 Uhr im Hans-Sachs-Haus die 3. StraßenFeuer-Spendengala steigt, dann freut sich der Verein Arzt Mobil über viele Besucher und ein hoffentlich ausverkauftes Haus. Denn das Arzt Mobil und die Streetworker, die sich in Gelsenkirchen um Wohnungslose kümmern, erhalten für ihre Arbeit den größten Teil des Erlöses aus dem Kartenverkauf zur Spendengala.
Stell-Dich-Ein der Künstler
Wie in den beiden Jahren zuvor treten alle Künstler, wie Fritz Eckenga, Rafael Cortez, Badeken di Kallah und Joachim Gabriel Maaß vom MiR, bei der Spendengala für den guten Zweck auf, die Stadt stellt das Bürgerforum des Hans-Sachs-Haus kostenlos zur Verfügung und die emschertainment und die Technik stellen ihr Knowhow bereit. Dadurch können 80% des Erlöses ohne Abzüge in die Arbeit des Verein Arzt Mobil fließen. Und das ist gut für die Stadt Gelsenkirchen.
Das Arzt Mobil
Im Jahre 1998 entstand die Idee, dass man Wohnungslosen eine mobile medizinische Hilfe zukommen lassen sollte. Vor allem für die Menschen, die keine Krankenversicherung haben, aber auch für die, die schon lange auf der Straße leben und sich von der Gesellschaft ausgeschlossen fühlen. Seit dem Jahr 2000 ist die Ärztin Maria Behling mit der mobilen Arztpraxis, dem Arzt Mobil, in Gelsenkirchen unterwegs und trifft die Menschen, da wo sie sich aufhalten.
Über die medizinische Versorgung hinaus
Dabei bietet der Verein aber mehr als nur die medizinische Grund- oder Erstversorgung. In Zusammenarbeit mit der Drogentherapeutischen Ambulanz wird auch psycho-soziale Betreuung angeboten und seit dem Jahr 2008 sind zwei Streetworkerinnen, die von der Stadt Gelsenkirchen bezahlt und unter der Trägerschaft des Caritas Stadtverband und Arzt Mobil stehen, im Einsatz.
Durch Spenden unterhält der Verein das mobile Sprechzimmer, eine weitere halbe Streetworkerinnen-Stelle und auch die Materialien, die für die Betreuung der Wohnungslosen benötigt werden. Das heißt Verbandsmaterial, Medikamente oder Einwegspritzen für Drogenabhängige.
Streetworkerinnen im Einsatz
Über die Menschen mit denen die Streetworkerinnen und auch die Ärztin zu tun haben, erzählt Diplom-Sozialarbeiterin Cornelia Müller: „Die Bandbreite unserer Klienten ist sehr groß. Das reicht vom Substitutionsbehandelten (Methandon-Behandlung), der im Beruf steht, eine Familie hat und gepflegt erscheint bis hin zum Wohungslosen, der suchtabhängig ist und eine Drogenkriminalitätskarriere aufweist. Der klassische Wohnungslose, dem man auf der Parkbank begegnet, kommt bei uns selten bis gar nicht vor.“
Sucht ist mehr als nur Alkohol oder Drogen
Die Bandbreite der Sucht ist ebenso weit zu fassen: Da geht es um Alkohol, Heroin, Hasch, Beruhigungsmittel, Aufputschmittel.... Und aus Erfahrung weiß Müller, dass es eher selten ist, dass ein Klient nur nach einer Droge süchtig ist.
Der Begriff des Streetworkers lässt vermuten, dass die Sozialarbeiterinnen rund um die Uhr im Einsatz sind, das ist aber nicht so. „Wir arbeiten nach einem festen Wochenplan und sind immer dort zu finden, wo die Klienten anzutreffen sind. Das sind die Wohnungsloseneinrichtungen, wie das Weiße Haus oder das Wilhelm Sternemann-Haus, aber auch einschlägige Plätze“, schildert die Diplom-Sozialarbeiterin Patrizia Vacca.
Bestens ausgerüstet
Die beiden Streetworkerinnen sind bestens bekannt bei ihren Klienten und werden häufig schon erwartet, denn sie haben in ihren Rücksäcken neben Verbandmaterial, Kondomen und Einwegspritzen oft auch kleine „Präsente“ wie Zigaretten oder Hunde- und Katzenfutter dabei. „Unsere Aufgabe besteht darin, einen guten Kontakt zu den Klienten zu pflegen, denn wir arbeiten auch Hand in Hand mit Polizei und Kommunalem Ordnungsdienst und können so Problemen vorbeugen oder sie verhindern. Wir haben oft festgestellt, dass es hilft, wenn wir bei Problemen mit Anwohnern ins Gespräch kommen und erklären, warum unsere Klienten genau an dieser Stelle stehen. Es hilft oft, dem Problem ein Gesicht zu geben und die Leute miteinander bekannt zu machen“, weiß Cornelia Müller.
Fußball-Bundesliga interessiert auch auf der Straße
Um den Kontakt zu pflegen haben die Streetworkerinnen ein Tipp-Spiel ins Leben gerufen. Da es sich bei ihrer Klientel zu 80% um Männer handelt, beim rollenden Sprechzimmer von Maria Behling sogar zu 90%, kommt man mit Fußball immer ins Gespräch. „Jede Woche können unsere Klienten ihre Tipps für die Fußball-Bundesliga abgeben. Und zwar überall da, wo wir sie antreffen, also in den einschlägigen Häusern ebenso wie auf der Straße. Dabei wird ein Pokal ausgespielt, der aber eher eine Meisterschale ist. Eins der Häuser hat ihn drei Mal in Folge gewonnen, darum müssen wir nun einen neuen organisieren, weil der letzte dort fest eingezogen ist“, lacht Cornelia Müller.
Und es geht nicht nur um die Schale, sondern es gibt auch Preise für die ersten fünf Platzierten und Trostpreise für die Nachfolgenden. So hat Schalke hilft! zur letztjährigen Preisverleihung das S04-Maskottchen Erwin vorbei geschickt.
Beim Fußballturnier alles gegeben
Im letzten Jahr gab es im Rahmen der Aktion „100% erleben“ auch ein richtiges Fußballturnier auf der Glückauf-Kampfbahn. Dazu fuhren die Klienten mit den Streetworkerinnen per Caritas-Bulli zur Drogentherapeutischen Ambulanz in Hagen, absolvierten ein regelmäßiges Training und bereiteten sich damit auch auf ein Turnier in Hagen vor. Schalke hilft! und ein Sportgeschäft hatten dazu das Outfit und Fußballschuhe bereit gestellt.
„Das war nicht ganz einfach mit Klienten, die zum Teil Drogen konsumiert hatten. Aber es bringt Normalität in den Alltag, auch wenn die Menschen auf der Straße leben. Und die Fahrten hatten etwas von Klassenfahrten. Wir hatten Butterbrotdosen mit Süßigkeiten, Getränken und guten Worten vorbereitet“, erklärt Vacca.
Erste Hilfe-Training für Drogen-Notfälle
Dazu gehört auch das Erste Hilfe-Training, das sich allerdings ein wenig anders gestaltet als das, was man von der Führerscheinprüfung kennt, denn hier geht es um Erste Hilfe im Drogen-Notfall. „Wir nehmen unsere Erste Hilfe-Puppe dazu mit in den Park, den Bahnhof oder an andere Orte, wo sich unsere Klienten aufhalten und schulen sie im Erste Hilfe-Training“, schildert Vacca.
Alkoholmeßgerät am Morgen kann schon erschrecken
Ab und an nehmen die Streetworkerinnen ein Atemalkoholmeßgerät mit zu den Besuchen bei ihren Klienten: „Wenn wir sie dann morgens pusten lassen, ist der ein oder andere doch schon erschrocken, wie hoch sein Alkoholpegel ist“, erklärt Cornelia Müller, für die solche Reaktionen immer wieder bestätigen, dass ihre Arbeit etwas bewirkt.
Sucht ist eine Krankheit
Wer nun glaubt, die Menschen seien selbst schuld an ihrem Leben, dem gibt Maria Behling zu bedenken: „Sucht ist eine chronische Erkrankung und häufig geht die Wohnungslosigkeit damit einher!“
Cornelia Müller und Patrizia Vacca sind sich einig, wenn sie sagen: „Obdachlose machen gar nicht den Großteil unserer Klienten aus. Wir haben oft mit denen zu tun, die es nicht mehr hinbekommen ihr Leben in geordnete Bahnen zu bekommen. Sie sind eigentlich der Klassiker unserer Arbeit und es gibt viele Gründe dafür.“
Keine Angst vor der Flüchtlingswelle
Und wenn jetzt die Angst umgeht, dass die Wohnungslosen unter der Flüchtlingswelle leiden könnten, beziehen die Streetworkerinnen ebenfalls klar Stellung: „Keiner unserer Klienten muss darunter leiden, dass es Flüchtlinge in der Stadt gibt. Das bereit gestellte Geld steht wie gewohnt bereit. Im schlimmsten Fall könnte es passieren, dass wir mehr Klienten bekommen. Dann heißt es für uns: Wir kümmern uns um Suchtkranke und Wohnungslose und dabei spielt es keine Rolle woher sie kommen!“ Der Rucksack hat einiges zu bieten.
Autor:silke sobotta aus Gelsenkirchen |
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