WM-FIFA-Gaza-Israel - Darf man sich noch freuen?

Ob Deutschland Weltmeister wird oder nicht - ich denke, die folgenden Zeilen könnten auch noch über dieses Event hinaus unsere Gedanken beschäftigen. Wie ich schon in verschiedenen Berichten erwähnte, ist Facebook für mich eine Quelle, in der mir viel über die Menschen, deren Art zu denken und das Bewerten von Geschehnissen und auch ihr Verhalten gezeigt wird. Man kommt oft aus dem Staunen nicht raus, sowohl positiv, als auch negativ.

So beschäftigen mich derzeit Gedanken, wie in der Überschrift angerissen. Im Vorfeld wurden wir über Facebook aber auch Sendeformate wie „Die Anstalt“ oder anderen Quellen informiert, wie die FIFA die WM in Brasilien umgesetzt und dabei nationale- bzw. Menschenrechte einfach ausgehebelt hat. Und es gibt noch immer Menschen, die behaupten, die Medien in Deutschland informieren uns nicht richtig. Da stellt sich die Frage, wieso wir dennoch über dieses Hintergrundwissen verfügen. So weit, so gut oder schlecht.

Auch mir verging die Lust an dem WM-Hype und die ersten Spiele interessierten mich überhaupt nicht. Mein Gewissen regte sich und ich hatte keine Ahnung, wie ich als Fußballfan mit diesem Wissen umgehen sollte. Wie kann man Freude haben mit dem Bewusstsein, dass wegen dieser Freude Menschen ihr Heim verlieren? Und wie vergessen sind ähnliche Aktionen des IOC in Sotschi? Auch hier wurden Menschen enteignet für den Spaß der Sportfans. Es ist wirklich nicht leicht. Die Welt können wir nicht ändern. Aber wir können bewusster mit diesen Themen umgehen, ein Bewusstsein schaffen und auch entsprechend dagegen vorgehen. Welche Ideen und Möglichkeiten bestünden, würde den Rahmen dieses Textes sprengen, könnten aber nachhaltig aus der WM und dem Wissen um die FIFA-Machenschaften hervorgehen. Das liegt allein an jedem, dem es wichtig ist, was verändern zu wollen.

Dennoch: Irgendwie wird doch so einiges durcheinander gewürfelt. Die Menschen bei Facebook neigen gerne zur Verallgemeinerung. Wir alle schauen Fußball und unterstützen bzw. legitimieren die FIFA-Machenschaften. Wir alle schauen weg, wenn es um die schlimme Entwicklung im nahen Osten geht. Und wir alle bekommen ja überhaupt nicht mit, was im Bundestag und Bundesrat für Gesetze durch gewunken werden. Also versuchen wir doch mit dieser Verallgemeinerung mal ein wenig aufzuräumen.

FIFA:

Wie bereits erwähnt, beschäftigt mich die Vorgehensweise der FIFA sehr und natürlich überlege ich, wie man Veränderungen herbeiführen kann. Ein Fernsehboykott interessiert da zunächst niemanden. Aber man muss ja nicht die Merchandise-Artikel kaufen, welche diese mafiösen Prozesse noch unterstützen. Da kann jeder für sich eine Entscheidung herbeiführen und diese mit seinem Gewissen ausmachen. Dennoch muss die Freude an einem Fußballspiel nicht geschmälert werden. Darüber hinaus darf auch hinterfragt werden, wieso sich der Bundesgauckler und die Vermerkelte in Rio zum WM-Finale wiederfinden. So wird doch immer wieder hochgehalten, dass Sport und Politik nicht vermischt werden sollen. Jedoch gibt es ein Selfie mit Podolski und Merkel oder ganz unsensible Fotos mit dem nationalen Militär, Özil und Podolski. Wenn schon politisch, dann bitte nicht diese Griffe ins Klo! Und es bleiben die Fragen offen, wer denn die Freizeitunterhaltung beider Staatsoberhäupter der BRD bezahlt? Kurz gegooglet und schon sieht man: „Gauck als Staatsoberhaupt hatte sich den Termin prophylaktisch schon einmal freigehalten und lud Merkel ein, ihn in einer Regierungsmaschine zu begleiten.“

Die Antwort lautet: Der Steuerzahler. Und wieso kann der Steuerzahler nicht zum Finale reisen? Wenn Sie Fußballfan sind, wird da nicht ihre Empörung geweckt? Nicht mal über Fußball? Oder vielleicht doch? Ein kleines bisschen? Die Recherche, wer die Eintrittskarten für das Finale bezahlt, laufen derzeit noch ins Leere. Mag die FIFA diese Kontingente für Staatsoberhaupte zur Verfügung stellen? Wäre das dann nicht eine Gefahr für Bestechung? Da sollten die Kritiker der FIFA mal hinschauen, die nur meinen, dass ein Boykott was nützen würde.

GAZA – ISRAEL:

Was lese ich auf meiner Facebookstartseite? „Ihr schaut nur zu was im nahen Osten passiert. Ihr macht nichts. Ihr guckt ja nur Fußball.“ Nun Leute, so einfach ist das nicht. Zunächst muss aus dem IHR ein WIR gemacht werden, denn was tut der, der andere verurteilt? Zumeist auch nichts. Was im nahen Osten derzeit passiert, sind geschichtlich gewachsene Konflikte, die nicht gelöst werden, wenn man kein Fußball schaut. Diese Eskalation zeigt, wie labil die Region ist und wie wichtig es ist, dass wir langfristig als Zivilisten für Frieden überall sogen müssen. Alles beginnt auch schon mal mit der Frage, woher die Waffen kommen, wer sie produziert, über welche Zweit- und Drittländer Waffen aus Deutschland die Menschen in der Region töten. Aber was schert den Deutschen denn die Politik im eigenen Land? „Mit Politik will ich nicht zu tun haben“, wie oft höre und lese ich diese Sätze. Und dann wird gemeckert, wenn diejenigen, die sich engagieren, Fußball gucken.

In der Ostukraine werden die Menschen auch täglich angegriffen und getötet. Das hat einen Grund. Die ISIS nimmt im Irak eine Chemiewaffenfabrik ein. Das ist alles mehr als beunruhigend und allmählich verliert der Normalbürger den Überblick, wie er noch diese Gewaltentwicklungen aufhalten kann. Ja, es passiert Schlimmes im nahen Osten und wir müssen gerade auch leider zuschauen. Denn was wäre die Alternative? Zu den Waffen greifen und als, in Kriegsführung unerfahrener Mensch, mal eben ein paar Menschen niedermetzeln? Was denken sich die Menschen, die behaupten, wir schauen nur zu und gucken Fußball? Wer sich grundsätzlich für Politik interessiert, Menschenrechte verteidigt und sich für Frieden stark macht, tut in seinem kleinen Mikrokosmos schon viel. Wir können aber nicht weltweit an allen furchtbaren Prozessen Lösungen herbeiführen. Schön wäre es, wenn das ginge. Dann gibt es Demos, zu denen man eingeladen wird. „Freiheit für Palästina“. Hätte die Demo: „Frieden im nahen Osten“ geheißen, hätte ich mich angesprochen gefühlt.

Ob wir nun Fußball gucken oder nicht, die Konflikte werden wir jetzt nicht lösen können. Wir können nur der Regierung und Wirtschaft auf die Finger gucken und aufpassen, wie die Rüstungsindustrie / -politik funktioniert und einen Riegel vorschieben. Sofern man pazifistisch veranlagt ist, natürlich.

Verabschiedung von Gesetzen während der WM:

Ja, das machen sie gerne, die Entscheider in Berlin, denen die BürgerInnen lästig sind. Deshalb werden Zeiten ausgesucht, in denen die Menschen beschäftigt sind und gar nicht merkeln, was da für Gesetze verabschiedet werden. Doof nur, dass auch in Deutschland die Menschen lernen. Denn bei Facebook ging es informationstechnisch rund, was alles an Entscheidungen geplant war.

Fracking bis 3.000 Meter Tiefe soll verboten bleiben. Da stellt sich nur die Frage, ob das Gift nach 3.000 m ungiftiger ist. Es soll uns wieder vorgeGauckelt werden, dass die Regierung Bürgerinteressen wahrnimmt. Aber verdammt noch mal: Fracking gehört verboten, bei 1 m, 1.000 m und auch wenn die Erde einmal ganz durchgebohrt wird. Das Gift hat in unserer Erde nichts zu suchen! Der Regierung scheint es aber so wie so egal zu sein, denn über TTIP ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass uns Fracking auf´s Auge gedrückt wird.

Merkel zweifelt an Stopp der US-Spionage in Deutschland. Na so langsam kommt´s bei ihr auch. Manche Menschen brauchen halt eben ein wenig länger. Nur wenn es die Bundeskanzlerin ist, scheint die Reaktionsgeschwindigkeit ein wenig unpassend. Die Haltung der Schnellmerkelerin ist ungefähr so, als würde ich sagen: "Lieber Einbrecher, ich habe absolutes Unverständnis, dass Du immer ungefragt in meine Wohnung kommst. Das verstimmt mich gerade zu." Und dann lasse ich die Tür auf und wundere mich, dass der Einbrecher immer wieder kommt und nicht mal Spuren hinterlässt, weil ich nicht auf die Idee komme, die Tür zu schließen. Hömma! Geht´s noch?

Der Präsident von Deutschland gauckelte uns zunächst vor, die Diätenerhöhung der Bundestagsabgeordneten auf Eis zu legen, weil ja noch die Verfassung dahingehend geprüft werden muss. Es soll Menschen gegeben haben, die wirklich dachten, er würde darüber nachdenken. Wie lange hielt dieses Schein-Häppchen von „Ich tu mal so, als würde ich das Gesetz ernsthaft hinterfragen“ vor? Eine Woche? Oder gar zwei? Nun hat er es unterzeichnet. Die Diätenerhöhung darf auch nun gemessen an die allgemeine Lohnentwicklung in Deutschland jährlich angepasst werden. Da werden wir uns doch mal überraschen lassen, auf welche Weise Statistiken positiv gerechnet werden, damit eine positive Lohnentwicklung in diesem Land visualisiert wird.

Fazit: Die Facebookstimmung zeigt eigentlich einen guten Durchschnitt, wie die Menschen in unserem Land so drauf sind. Wir werden verurteilt, verunglimpft aber auch bestärkt und informiert. Alles steckt drin und nie ist alles wirklich gut oder schlecht. Wer differenziert liest, denkt und bewertet, ist auf einer guten Seite. Ob wir nun Weltmeister werden oder nicht. Durch einen WM-Boykott wird keine Brasilianische Familie davon erfahren, ob wir solidarisch sind oder nicht. Wir nehmen uns nur selbst die Freude oder wenigstens die kritische Auseinandersetzung mit diesem Thema. Ob wir Fußball gucken oder nicht: Die Gesetze in Deutschland werden verabschiedet, weil die Verantwortlichen es können. Die repräsentative Demokratie in diesem Land lässt das zu. Und wir lassen diese Politik zu. Nicht nur zur WM. Ob Kriege auf dieser Welt sind oder nicht hat keine Kausalität zu unserer Fußballaffinität. Es stellt sich die Frage, wieso es Menschen gibt, die trotz WM informiert sind? Und ferner sollten wir Menschen uns damit beschäftigen, wie wir uns für die Themen stark machen können, die uns wirklich interessieren. In diesem Sinne: Behalten wir uns dennoch auch eine Freude. Sie darf auch gerne aufgeklärt sein.

Autor:

Sandra Stoffers aus Recklinghausen

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