NS-Dokumentationsstätte "Gelsenkirchen im Nationalsozialismus" virtuell erleben und viel über Stadtgeschichte erfahren
Von Zuhause die Doku-Stätte besuchen

Dr. Daniel Schmidt ist stolz, dass er nach nur fünfmonatiger Projektarbeit zum virtuellen Besuch in die Dokumentationsstätte Gelsenkirchen im Nationalsozialismus einladen kann. Dabei dürfen sich die Besucher auf ein barrierefreies Angebot freuen, das mit vielen Möglichkeiten zur Vertiefung der Thematik aufwartet. | Foto: Gerd Kaemper/Stadt Gelsenkirchen
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  • Dr. Daniel Schmidt ist stolz, dass er nach nur fünfmonatiger Projektarbeit zum virtuellen Besuch in die Dokumentationsstätte Gelsenkirchen im Nationalsozialismus einladen kann. Dabei dürfen sich die Besucher auf ein barrierefreies Angebot freuen, das mit vielen Möglichkeiten zur Vertiefung der Thematik aufwartet.
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Die Gelsenkirchener Geschichte in der Zeit des Nationalsozialismus den Menschen nahe zu bringen, das ist das Anliegen der Dauerausstellung "Gelsenkirchen im Nationalsozialismus", die sich seit 1994 an der Cranger Straße 323 in einem historischen Gebäude befindet. Denn es diente ehemals als Polizeigebäude und war später unter anderem Sitz der NSDAP-Ortsgruppenleitung Buer-Erle. 2015 wurde die Ausstellung komplett überarbeitet und neu gestaltet. Während der Corona-Lockdowns und auch zwischen ihnen, ist die Dokumentationsstätte aber gar nicht oder nur bedingt zugänglich. Doch nun kann man sie von Zuhause oder aus der Schule besuchen.

Ermöglicht durch Fördermittel des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) und mit technischer Hilfe des Redaktionsbüros Dank konzipierten Dr. Daniel Schmidt als Leiter des Institut für Stadtgeschichte und seine Mitarbeiterinnen Birgit Klein und Sarah Gartner einen umfassenden Online-Zugang zu den sieben Ausstellungsräumen.
"Natürlich kann der virtuelle nicht den echten Besuch ersetzen, aber er kann auch vor oder nach einem Besuch als Vor- und Nachbereitung etwa für Schulklassen dienen", schildert Dr. Daniel Schmidt.
Die Idee dazu entstand im Frühjahr 2020 während des ersten Lockdowns, als die Dokumentationsstätte nicht mehr geöffnet werden durfte. Bis zum Herbst hatten Schmidt und seine beiden Projektentwicklerinnen ein Konzept erarbeitet, das sie beim LWL eingereicht haben. Nach der Bewilligung der Förderung wurde in nur fünf Monaten ein Projekt umgesetzt, über das Dr. Daniel Schmidt sagt: "Ich bin stolz, dass so schnell ein Projekt in einer solchen Qualität entstanden ist. Dafür danke ich Birgit Klein und Sarah Gartner."
Die Fördermittel des LWL von 10.000 Euro wurden vom Institut für Stadtgeschichte um weitere 5.000 Euro aufgestockt. Damit konnten die Arbeit der beiden Sprecher und das Redaktionsbüro bezahlt werden. Die vielen Stunden intensiver Arbeit von Klein und Gartner sind nicht mit Geld zu bewerten.
Entstanden sind dabei 250 anwählbare Elemente mit Bildern, Texten und Tonaufnahmen. Denn die Barrierefreiheit stand bei dem Projekt im Vordergrund und darum können die Texte gelesen oder angehört werden, bei den Ansichten können die Kontraste verändert werden und es stehen fünf verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, um sich durch die Ausstellung zu navigieren. "Der Besucher tritt über die Startseite ein, als wenn er die Dokumentationsstätte tatsächlich betreten würde. Die Nutzung ist möglich per Computer, Smartphone oder Tablet und es gibt verschiedene Navigationsmöglichkeiten, je nachdem welches Endgerät genutzt wird", schildert Sarah Gartner.
Neben 180 eingesprochenen Texten gibt es auch historische Rundfunkaufnahmen, Hörstationen mit nachgesprochenen Interviewausschnitten und zehn weitere Tonaufnahmen. In den Fenstern der Dokumentationsstätte findet man 36 Portraits, von denen man sich bei 13 Personen die persönlichen Merkmale und auch die Biografie anschauen und anhören kann. So zum Beispiel bei Carl Böhmer, der zur Zeit des Dritten Reiches Oberbürgermeister Gelsenkirchens war.
Die virtuelle 350-Grad-Ausstellung orientiert sich an dem realen Rundgang durch die Dokumentationsstätte. So erfährt man auch hier im Raum 3 mehr über die Zeit der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft von den Jahren 1933 bis 1939. Ein Einführungstext für die einzelnen Räume ist mit einem "i" gekennzeichnet und der Besucher erfährt eine Zusammenfassung zu dem, was ihn in dem Raum erwartet.
In Raum 3 gibt es dazu eine historische Stadtkarte von Gelsenkirchen aus dem Jahr 1935, die Gelsenkirchen als Stadt der Arbeit und Erholung bezeichnet, denn sie sollte Industrie-Musterstadt werden. "Die Nazis wollten Zugriff haben auf das Leben der Menschen, auf die Arbeit, Freizeit, Schule und Familie. Sie machten Werbung für ihre Idee der Volksgemeinschaft, etwa mit ihrer Kraft durch Freude (KdF). Dazu gehörte ein KdF-Volkswagen, der in Wolfsburg gebaut werden sollte, doch schon 1939 wurde dort nur noch Kriegsmaterial erstellt", erläutert Birgit Klein.
Die Karte von 1935 zeigt auch das monumentale germanische Freilichttheater "Berger Thingplatz", das im heutigen Berger Feld geplant war, aber nie errichtet wurde. Auch der Bau der A2, die auf neun Kilometern durch Gelsenkirchener Stadtgebiet verlief, wird hier thematisiert.
Die Sprecher Markus Kiefer und Semina German bieten auch Einleitungen zu Original-Tonaufnahmen und haben sich vorab mit der Geschichte auseinander gesetzt, um im wahrsten Sinne den richtigen Ton zu finden.
Entstanden ist eine einfach anzuwendende virtuelle Ausstellung für die Dr. Hauke-Hendrik Kutscher vom LWL-Museumsamt lobende Worte findet: "Das ist ein sehr gelungenes Projekt, das als digitale Unterstützung eines reellen Besuches dienen kann, aber gerade in der Pandemie die Geschichte überhaupt nahe bringt. Die Barrierefreiheit ist sehr gut gelungen und gelöst. Dabei wird hier nicht reproduziert, sondern neu konzeptioniert. Damit wird die Erinnerungsarbeit aufbereitet in einer Art, die junge Leute anspricht, die heute in der Regel andere Aufnahmequellen haben. Eine fantastisch gelungene Sache."
Dr. Schmidt erläutert dazu: "Eine Ergänzung des bisher bestehenden Angebotes ist bereits in Arbeit. Später soll es die Texte auch auf englisch geben. Aber zunächst wird als weiterer Punkt in Sachen Barrierefreiheit eine einfache Sprache realisiert."
Birgit Klein verspricht: "Bei dem Projekt handelt es sich nicht um eine abgeschlossene Konzeption. Vielmehr ist auch ein Angebot speziell für Schulklassen geplant."

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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