Neue Clearingstelle in Gelsenkirchen kümmert sich um Krankenversicherung von Zugezogenen
Hoher Besuch am Mittwoch in Gelsenkirchen: NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Bündnis 90/Die Grünen) eröffnete die neue Clearingstelle zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung von zugewanderten EU-Bürgern an der Bronnerstraße 13.
"Die Annahme, dass in Deutschland jeder Zugang zum Gesundheitswesen hat, ist falsch", sagte die Ministerin. So gebe es eine große Anzahl an zugezogenen EU-Bürgern, die weder krankenversichert sind noch über die finanziellen Mittel verfügen, sich selbst zu versichern. Die Folge: Im Notfall wird zwar jeder behandelt, aber die Krankenhäuser bleiben auf den Kosten sitzen. Besteht kein Notfall, werden Menschen ohne Krankenversicherung etwa von niedergelassenen Ärzten immer wieder unbehandelt nach Hause geschickt.
"Der Zugang zum Gesundheitswesen ist ein Menschenrecht", argumentiert die Gesundheitsministerin und hat deshalb im Sommer 2015 einen Aufruf gestartet: Städte konnten sich bewerben, um eine vom Land geförderte Clearingstelle einzurichten, die sich darum kümmert, dass Menschen ohne Krankenversicherung Zugang zum Gesundheitswesen erhalten, sowie Beratungen rund um das Gesundheitssystem anzubieten und auch Krankenhäuser dabei zu unterstützen, für ihre erbrachten Leistungen Gelder zu erhalten.
Bislang stieß die Ministerin mit ihren Forderungen nach einer bundesweiten Lösung auf taube Ohren. "Die Situation wird stillschweigend geduldet mit dem Argument, so etwas gäbe es in Deutschland nicht. Ich möchte das Thema aus dem Schattenbereich des Helfens heraus in die Sichtbarkeit bringen." Deshalb startete sie das auf drei Jahre ausgelegte Projekt mit den Clearingstellen, um verlässliche Zahlen zu generieren. Die sollen nun auch aus Gelsenkirchen kommen: Hier wurde in dieser Woche nach Köln, Duisburg und Dortmund die vierte von landesweit fünf Clearingstellen eröffnet - auch, weil Gelsenkirchen in diesem Bereich ein Brennpunkt ist. "In dieser Stadt leben rund 6.000 Südosteuropäer, von denen circa ein Drittel Hartz IV bezieht und damit krankenversichert ist", sagte der Sozial- und Gesundheitsdezernent Luidger Wolterhoff. Im Umkehrschluss heißt das: Allein in Gelsenkirchen leben EU-Bürger - vorwiegend aus Rumänien und Bulgarien -, die (noch) keinen Zugang zur medizinischen Versorgung haben.
An diesem Punkt setzt die Clearingstelle an, die von der Stadt Gelsenkirchen, dem Diakonischen Werk und der Arbeiterwohlfahrt betrieben wird: Fünf Mitarbeiterinnen, darunter Juristinnen, eine Sozialversicherungsfachangestellte sowie Sprach- und Kulturmittlerinnen, haben die Aufgabe, die Gesundheitsversorgung dieser Menschen zu verbessern. Dazu gilt es, den Versicherungsstatus zu klären. Eine zeitaufwändige Recherche ist oft notwendig. "Es gibt Menschen, die reisen ohne Papiere ein. Oder sie waren in ihrem Heimatland nicht krankenversichert, können also keine Vorversicherung aufweisen", schildert Susanne Winter, Mitarbeiterin der Clearingstelle, nur einige vieler Probleme, mit denen sie konfrontiert wird. Alles Gründe, weshalb deutsche Krankenkassen sie nicht versichern.
Um diese Menschen zu erreichen, setzen AWO und Diakonie auf die sogenannte "aufsuchende Sozialarbeit". "Wenn wir hier an der Bronnerstraße einfach nur die Türen öffnen, können wir lange auf Kundschaft warten", weiß AWO-Geschäftsführerin Gudrun Wischnewski. Deshalb gehen die Mitarbeiterinnen aktiv auf die Menschen zu. "Da wir das seit fast vier Jahren tun, beginnen wir nicht bei Null. Das Netzwerk ist vorhanden", so Wischnewski.
Die Clearingstelle, Bronnerstraße 13, ist bisher telefonisch unter 95660778 oder per Mail an christina.hoffmann@meinediakonie.de erreichbar. Regelmäßige Öffnungszeiten sollen in den kommenden Wochen eingeführt werden.
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.