Lockdown könnte bei weiter steigenden Infektionszahlen in Gelsenkirchen noch verschärft werden
Leben einschränken hilft Leben retten

Luidger Wolterhoff appelliert an die Gelsenkirchen, sich an die Vorgaben zu halten. Foto: Gerd Kaemper
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Aller Zuversicht zum trotz, dass der Lockdown für eine Reduzierung der Infektionszahlen führen wird, widmet sich Gesundheitsdezernent und Krisenstabsleiter Luidger Wolterhoff bereits der befürchteten dritten Welle. Umso mehr appelliert er an die Gelsenkirchener die Vorgaben des Landes zu befolgen: „Es handelt sich um Maßnahmen, die das Leben einschränken, die aber auch Leben retten können.“

In Gelsenkirchen bleibt die Zahl der Neuinfektionen mit dem Corona-Virus auf einem hohen Niveau. Im Durchschnitt liegt er bei 204 oder wie Wolterhoff sagt: „Der Wert springt um die 200“.
Das stellt ein Problem an vielen Stellen dar, „denn als der Inzidenzwert noch bei 35 lag und selbst bei knapp 50 konnte die Zahl der Neuinfektionen pro Tag an zwei Händen abgezählt werden. Inzwischen gibt es aber etwa 75 Neuinfektionen pro Tag, die nachverfolgt, beobachtet und weiter behandelt werden müssen“, erläutert Wolterhoff.
Dementsprechend sind beim Gesundheitsamt inzwischen rund 190 Mitarbeiter mit nichts anderem als dem Thema Corona beschäftigt. Seit dem 1. Dezember wird in drei Teams gearbeitet, die sich um die Infizierten kümmern. Zwei Sonderteams befassen sich mit Coronafällen in Heimeinrichtungen, Schulen und Kindertageseinrichtungen. Weitere kleine Einheiten kümmern sich um die Vorbereitung der Teströhrchen, die Digitalisierung der eingehenden Unterlagen oder die Zustellung von Ordnungsverfügungen.
„Wer am Montagmorgen mit Halskratzen und Kopfschmerzen aufwacht, seinen Hausarzt konsultiert, der ihn vermutlich für den Abend zur Fiebersprechstunde einberufen und einen Abstrich nehmen wird, hat zwei Tage später das Ergebnis des Abstriches vorliegen. Bei einem positiven Befund wird der Betroffene spätestens am Montag darauf den Quarantäne-Bescheid des Gesundheitsamtes in der Post haben“, schildert Luidger Wolterhoff die derzeitigen Abläufe, die eine deutliche Verbesserung darstellen gegenüber der bisherigen Situation. Aber er warnt auch ganz klar: „Auf Dauer kann ein Inzidenzwert von 200 und mehr nicht mehr abgearbeitet werden.“
Die Ergebnisse des aktuellen Lockdown erwartet Wolterhoff erst in etwa drei Wochen, zumal sich zu Weihnachten nur schwer an die Vorgaben zu halten sein wird. Darum wird der Krisenstab auch zwischen den Jahren durcharbeiten und immer einen Blick auf die Inzidenzzahlen der Nachbarstädte haben.
Aber es geht bei den Maßnahmen nicht darum, dass das Gesundheitsamt die Fälle nicht mehr abarbeiten kann, sondern darum Leben zu schützen und zu retten. Bis zum Morgen des 15. Dezember sind in Gelsenkirchen 48 Personen mit oder an Corona verstorben. Obduktionen erfolgen nicht, darum die Umschreibung „mit oder an Corona“. Bisher ist ein Kind im Alter von unter zehn Jahren verstorben, ein Mann zwischen 30 und 39 Jahren, ein weiterer in der Altersgruppe 40 bis 49. Im Alter von 50 bis 59 Jahren sind vier Männer und eine Frau verstorben, zwischen 60 und 69 Jahren neun Männer und drei Frauen. Bei den über 70-Jährigen sind 18 Männer und zehn Frauen verstorben.
Bis zum 15. Dezember wurden 20.933 Corontests in Gelsenkirchen durchgeführt. In 22.673 Fällen wurde Quarantäne angeordnet, am 15. Dezember befanden sich 1798 Personen in Quarantäne.

Die Gefahr der dritten Welle im Blick

Sollte der Lockdown nicht einen deutlichen Rückgang der Zahlen bewirken, befürchtet Wolterhoff eine dritte Welle, die definitiv für verschärfte Einschränkungen über den Lockdown hinaus sorgt.
Ehe am 11. Dezember Ministerpräsident Laschet den Lockdown ins Gespräch brache, stand die Stadt Gelsenkirchen bereits in Absprachen mit dem NRW-Gesundheitsministerium. Dabei ging es um die Schließung von Schulen, die dann durch das Land verhängt wurde.
Zum anderen waren Kontaktbeschränkungen über die fünf Personen im öffentlichen Raum hinaus im Gespräch. Dabei sollten auch die Kapazitäten in Bus und Bahn deutlich eingeschränkt werden. Das hätte bedeutet, dass nur noch die vorhandenen Sitzplätze besetzt werden könnten oder sogar nicht einmal mehr alle von diesen. Was einem Drittel des normalen Fahrgastgeschehens gleichbedeutend wäre.
Im Gespräch waren auch Ausgangsbeschränkungen von X-Uhr am Abend bis Y-Uhr am Morgen; nur noch zu bestimmten Anlässen wie Arztbesuchen, den Weg zur Arbeit oder dringende Einkäufe; oder aber nur noch in einem engen Radius um die Wohnung, wie man es aus Frankreich kennt. „Doch diese Überlegungen wurden durch die neue Coronaschutzverordnung des Landes zum Lockdown überholt“, erklärt Wolterhoff, der die Planungen aber in der Schublade hat für den Fall der Fälle.

Der Lichtblick: Das Impfzentrum

Die Infrastruktur des Impfzentrums, das in der Emscher-Lippe-Halle errichtet wurde, ist seit dem 15. Dezember einsatzbereit. Hier lobte Wolterhoff die hervorragende Zusammenarbeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung-Westfalen Lippe, die für den medizinischen Betrieb des Zentrums verantwortlich ist.
Es sind sechs „Impfstraßen“ geplant, in denen über 1.000 Impfungen am Tag durchgeführt werden können. Sobald der Impfstoff in ausreichender Menge zur Verfügung steht, werden in einem Zwei-Schicht-System 80 Personen dort tätig sein und zwar von Montag bis Sonntag jeweils von 8 bis 20 Uhr.
Die Anmeldungen werden telefonisch und online über die Kassenärztliche Vereinigung laufen. Zunächst werden die über 80-Jährigen geimpft. Die Impfe muss nach drei Wochen wiederholt werden. Zur Betreuung der Bürger werden Mitarbeiter des sozialen Dienstes und Sprachmittler vor Ort sein. Außerdem wird das Impfzentrum rund um die Uhr bewacht, auch wenn dort nie große Mengen des Impfstoffes gelagert werden, der ohnehin erst kurz vor der Impfe einsatzbereit gemacht werden kann.
„Gehen wir davon aus, dass sich 60 Prozent der Gelsenkirchener impfen lassen, wären das 150.000 Personen. Bei zwei nötigen Impfen würden 300.000 Impfdosen benötigt und der Impfprozess wäre nach etwa einem Jahr abgeschlossen“, rechnet Wolterhoff.

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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