Langzeitarbeitslose: Experiment setzt auf den Klebeeffekt
Die Verantwortlichen sind guter Dinge, dass ihr „Experiment“, das Modellprojekt zur Integration Langzeitarbeitsloser, in Gelsenkirchen gelingt. Denn eine Kooperation zwischen einer Kommune und dem Arbeitgeberverband dürfte an dieser Stelle eine einzigartige und erfolgversprechende Idee sein.
Nach den Ansprüchen der neuen Landesregierung ein neues Projekt
Nachdem die neue Landesregierung durch ihren Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales das Projekt der alten Landesregierung zur Schaffung eines Sozialen Arbeitsmarktes direkt nach ihrem Antritt ad acta gelegt hatte, machte man sich in Gelsenkirchen an die Arbeit, ein neues Konzept zu entwickeln, das den neu geschaffenen Richtlinien entspricht.
Eine Arbeitsmarktkonferenz, bei der alle an der Problematik Beteiligten an einem Tisch diskutierten, legte den Grundstein für das neue Konzept, das nun von der Landesregierung als eines von fünf Projekten bewilligt wurde. Damit erhält die Stadt Gelsenkirchen bis Ende 2019 insgesamt 5,3 Millionen Euro für die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt. Die Stadt investiert zusätzlich 1,3 Millionen Euro und mit diesen Mitteln sollen 200 Menschen wieder in Arbeit gebracht werden.
Als Partner hat sich die Stadt nun die Arbeitgeberverbände Emscher-Lippe ins Boot geholt, weil deren Geschäftsführer den Kontakt zu möglichen Arbeitgebern hat. Die 200 Langzeitarbeitslosen sollen auf diesem Wege in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse vermittelt werden.
Voraussetzung ist, dass die Personen mindestens vier Jahre lang arbeitslos sind. Gezahlt werden soll mindestens der Mindestlohn oder der gültige Tarif je nach Branche. Das Ziel ist die langfristige Übernahme der Beschäftigten.
Und so soll es gehen
Angedacht ist, die Langzeitarbeitslosen zum einen bei privaten Arbeitgebern in Beschäftigung zu bringen und zum anderen bei Arbeitsgebern, die im Sinne der Stadtentwicklung tätig sind, wie zum Beispiel Gelsendienste. Dazu wird es eine Ausschreibung geben, auf die sich Unternehmen bewerben können.
Dabei dürfen sich die Arbeitgeber auf eine Unterstützung von 1000 Euro pro Mitarbeiter in einer Vollzeitstelle freuen, bei Teilzeit entsprechend weniger. Arbeitgeber, die sich im Bereich der Stadtentwicklung betätigen, erhalten sogar 1500 Euro monatlich.
Der Geschäftsführer der Arbeitgeberverbände Emscher-Lippe, Michael Grütering, erklärte: „Wir sprechen hier von einem gesellschaftlichen Problem, dem sich der Arbeitgeberverband nicht verschließt.“ Er sieht den Ansatz der alten Landesregierung als falschen Ansatz, weil ihm die Anbindung an den ersten Arbeitsmarkt gefehlt hat. Das neue von der neuen Landesregierung angeregte Projekt hingegen findet seinen Zuspruch und darum fühlt er sich verpflichtet, aktiv zu werden.
"Lohnkostenzuschuss" ist das Schlüsselwort
„Durch den Lohnkostenzuschuss sehe ich eine echte Chance, dass die Arbeitgeber bereit sind, sich zu beteiligen. Ich denke an viele einfachste Tätigkeiten, wie die des Boten, Fegers, Telefonisten, die aus Kostengründen abgeschafft wurden und nun durch die Unterstützung wieder aktiviert werden könnte. Durch die einfach gehaltene Umsetzung sollte man den Versuch starten und sehen ob es funktioniert“, gibt sich Grütering zuverlässig.
Dabei denkt er aber auch daran, dass nur die Hälfte der angestrebten 200 Jobs in diesen einfachen Tätigkeiten münden. „Unter den Langzeitarbeitslosen befinden sich sehr viele hoch qualifizierte Frauen, die zurück in den Beruf geholt werden könnten. Das würde dem Fachkräftemangel entgegen wirken. Und wir könnten diesen Frauen vermitteln: Wir brauchen Euch und Eure Qualifikationen. Damit erfahren diese oft alleinerziehenden Frauen eine Wertschätzung. Und natürlich würden wir versuchen ihnen auch die Hilfen anzubieten, die nötig sind, damit sie wieder berufstätig werden können, etwa Kita-Plätze bereitstellen.“
Am Ende nach zwei Jahren: Neues Spiel - neues Glück
Für den Arbeitgeber-Vertreter ist auch wichtig, dass es nach den zwei Jahren, die das Projekt finanziert wird, keine Übernahmeverpflichtung gibt. Aber er hofft: „Wir setzen auf den Klebeeffekt.“
Die gleiche Hoffnung hat auch Stadtrat Luidger Wolterhoff: „Es gibt in Gelsenkirchen genügend Menschen, die es verdient haben, von diesem Programm zu profitieren. Es ist ein Experiment, aber wir hoffen, dass der ein oder andere hängen bleibt, weil er sich in den zwei Jahren profiliert hat.“ Sein Ziel ist es, dass es am Ende 20 Prozent oder 40 Menschen zurück in den ersten Arbeitsmarkt geschafft haben.
Dabei betont der Sozialdezernent ganz deutlich: „Dieses Projekt hat nichts mit dem Gelsenkirchener Appell zu tun. Es handelt sich dabei um kein Projekt im Sinne des sozialen Arbeitsmarktes. Aber dazu wird die Diskussion weiter fortgesetzt. Im März wird es vermutlich einen neuen Ansatz geben, wie der Gelsenkirchener Appell umgesetzt werden kann. Denn es gibt Langzeitarbeitslose, die so lange aus dem Berufsleben heraus sind, dass Arbeitnehmer sie nicht einmal bei 100 Prozent-Förderung einstellen würden.“
Derzeit spricht das Jobcenter Betroffene an und klärt, ob diese bereit und geeignet sind in das Projekt eingebunden zu werden. Ab Februar wird der Arbeitgeberverband aktiv und spricht seinerseits die Arbeitgeber an.
Nach Ablauf des zweijährigen Projektes wird verglichen, welches der fünf Projekte in den Modell-Kommunen in welchem Maße erfolgreich war. Man darf gespannt sein.
Autor:silke sobotta aus Gelsenkirchen |
3 Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.