Justizminister legt Strafverfolgungsstatistik 2011 vor: Rückläufiger Trend im Bereich der Jugendkriminalität erkennbar

Thomas Kutschaty | Foto: SPD-NRW

Im Jahr 2011 sind in Nordrhein-Westfalen 177.782 Personen wegen Verbrechen oder Vergehen verurteilt worden. Das ist im Vergleich zum Jahr 2010 ein leichter Anstieg um 1,8 Prozent, aber längerfristig betrachtet noch der zweitniedrigste Stand seit 2003. Insoweit gibt es auch keine wesentlichen Abweichungen zu den Ergebnissen der kürzlich veröffentlichten Bundesstatistik, die einen Rückgang der Verurteiltenzahl um knapp 1 Prozent verzeichnet.

Bei den Jugendlichen ist die Zahl der Verurteilungen deutlich um 7,5 Prozent gesunken (von 14.107 in 2010 auf 13.050 in 2011). Bei den Heranwachsenden ist mit einem geringfügigen Zuwachs von 0,3 Prozent (von 17.477 in 2010 auf 17.521 in 2011) hingegen kaum eine Veränderung zu verzeichnen.

An der Spitze aller Deliktgruppen stehen erneut die Betrugstaten mit 27,8 Prozent (49.338 in 2011 gegenüber 45.696 in 2010) aller Verurteilungen. Der Anstieg um etwa 3.600 Verurteilungen in dieser Deliktgruppe ist für den Anstieg der Gesamtbilanz verantwortlich. In der Kategorie der „Betrugsdelikte“ werden auch Fälle von Unterschlagung, Untreue, Urkundenfälschung und Fälle der Leistungserschleichung, also zumeist das sogenannte Schwarzfahren, erfasst.

Der erhebliche Anstieg in dieser Kategorie um 8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr ist durch einen Zuwachs der Verurteilungen wegen Erschleichens von Leistungen um ganz erhebliche 29,6 Prozent bedingt.

Die Zahl der Verurteilungen nach der einschlägigen Strafvorschrift des § 265a StGB (Erschleichung von Leistungen) stieg von gut 12.700 im Jahr 2010 auf fast 16.500 im Jahr 2011. In der Polizeilichen Kriminalstatistik 2011 für NRW ist hier sogar ein Anstieg um 54 Prozent zu registrieren.

Die Gruppe der Diebstahlsdelikte liegt unverändert an der zweiten Stelle und macht 19,2 Prozent (34.064 in 2011) aller Verurteilungen aus.

Sie hatte bereits im Vorjahr erstmals die noch vor Jahren größte Deliktgruppe der Straßenverkehrsdelikte auf den dritten Platz verdrängt. Deren Anteil an den Verurteilungen in Nordrhein-Westfalen beträgt nach einem erneuten Rückgang nun noch 18,7 Prozent (33.300 in 2011).

Die kriminalpolitisch bedeutsame Deliktgruppe "Gewaltkriminalität" weist einen leichten Rückgang auf. Im Vergleich zu 2010 verringerte sich die Zahl der Verurteilungen wegen Gewaltdelikten um 444, das sind 2,1 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Veränderungen betreffen vor allem Fälle der Körperverletzung. Allein hier erfolgten 210 Verurteilungen weniger als noch im Jahr 2010 (Rückgang von 16.018 in 2010 auf 15.808 in 2011). Aber auch bei den Raubdelikten sind im Vergleich zum Vorjahr rund 110 Verurteilungen weniger zu registrieren (von 2.745 in 2010 auf 2.634 in 2011).

Nicht zu verkennen ist auch ein deutlicher Rückgang von rund 11 Prozent bei Gewalttaten mit sexualisiertem Hintergrund (von 932 in 2010 auf 828 in 2011). Insgesamt waren im Deliktbereich der Gewaltkriminalität vergangenes Jahr genau 20.748 Verurteilungen zu verzeichnen. Im Vergleich zu dem Höchststand aus dem Jahre 2007, als noch 22.317 Verurteilungen wegen entsprechender Taten erfolgten, ist damit ein recht deutlicher Rückgang um gut 7 Prozent festzustellen.

"Eine positive Entwicklung gibt es im Bereich der Jugendkriminalität in Nordrhein-Westfalen. Die Daten lassen einen rückläufigen Trend erkennen. Die Verringerung um 7,5 Prozent in Nordrhein-Westfalen ist sogar noch etwas positiver ausgefallen als mit 7,3 Prozent bei bundesweiter Betrachtung", so Justizminister Thomas Kutschaty. Parallel zu den gesunkenen Verurteilungszahlen ist aus der Polizeilichen Kriminalstatistik für das Jahr 2011 eine Verringerung um gut 8 Prozent bei den tatverdächtigen Jugendlichen zu entnehmen. Die Zahl der jungen Mehrfachtatverdächtigen ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Die Zahl der unter 21-jährigen Mehrfachtatverdächtigen ist allein in der 2-Jahres-Bilanz von 2009 auf 2011 landesweit um gut 10 Prozent, konkret von fast 8.000 auf rund 7.200, gesunken.

Thomas Kutschaty:

"Nicht zu verkennen ist, dass die jungen Intensivtäter weiterhin einen ganz erheblichen Anteil der Jugendkriminalität begehen."
Nach statistischen und kriminologischen Erkenntnissen begehen junge Intensivtäter die zwischen 5-10 Prozent aller Täter ausmachen, aber 50 Prozent aller Straftaten ihrer Altersgruppe. Die Verringerung bei den wegen Gewaltdelikten verurteilten Jugendlichen beträgt beachtliche 5,9 Prozent. Der Rückgang betrifft insbesondere Körperverletzungsdelikte. 2011 wurden im Vergleich zum Vorjahr 233 Jugendliche weniger wegen Körperverletzungsdelikten verurteilt. (3447 Verurteilungen im Jahre 2010, 3214 im Jahre 2011).

Bei den Jugendlichen ist die Zahl der angeordneten Fahrverbote beachtlich um 10,6 Prozent (von 255 im Jahre 2010 auf 228 in 2011) zu-rückgegangen, obwohl die absoluten Zahlen der gerichtlich verhängten Fahrverbote leicht um 2 Prozent gestiegen sind (5.828 im Jahre 2010 und 5.947 in 2011, Erhöhung um 119 Fahrverbote). "Augenscheinlich wirken sich die Maßnahmen, die in den letzten Jahren insbesondere für Führerscheinneulinge ergriffen wurden, positiv im Sinne einer Verringerung grober Verkehrsverstöße aus", so Minister Kutschaty.

Kriminologen haben für den zu verzeichnenden Rückgang der Jugendkriminalität verschiedene Erklärungen. Angeführt wird, dass junge Menschen in den vergangenen Jahren selbst weniger familiäre Gewalt erfahren haben. Auch hat sich die Lage auf dem Lehrstellen- und Arbeitsmarkt entspannt - mit der Folge verbesserter Zugangschancen. Überdies zeichnen sich schrittweise Verbesserungen in der Integration von Migranten ab. "Allerdings gibt es auch weiterhin Problemgruppen unter den jungen Straftätern, die unserer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen. Unsere Konzentration muss vor allem den intensiv belasteten und sanktionierten Jugendlichen gelten. Wichtig ist, dass wir dabei die Gestaltungsmöglichkeiten des Jugendstrafrechts konsequent nutzen und eine breite Palette von Maßnahmen zur effektiven Bekämpfung von Jugendkriminalität bereithalten", macht der Justizminister deutlich.

Ein erfolgversprechender Ansatz ist vor diesem Hintergrund eine ortsbezogene Bearbeitungszuständigkeit der Jugendstaatsanwältinnen und Jugendstaatsanwälten, die zugleich deren enge örtliche Vernetzung mit anderen im Jugendbereich tätigen Institutionen ermöglicht.

18.01.2013

Autor:

Heinz Kolb (SPD aus Gelsenkirchen

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