Integrationsbetrieb Hof Holz zahlungsunfähig
Hof Holz an der Braukämperstraße war über Jahre ein wahrer Magnet für kleine und große Besucher, die die gemütliche Atmosphäre auf dem integrativen Bauernhof und seine gute Küche schätzten. Viele Veranstaltungen wie das Oktoberfest, das Weihnachtsspiel oder die Aktionstage zur Inklusion lockten zahlreiche Besucher auch aus den Nachbarstädten nach Beckhausen. Das soll nun vorbei sein, denn der Werkverein Gelsenkirchen e.V. als Träger der integrativen Einrichtung hat nun einen Insolvenzantrag wegen Zahlungsunfähigkeit gestellt. Darüber ist nicht nur der Vorsitzende des Beirat für Menschen mit Behinderung, Udo Brückner, nicht begeistert. Ebenso Sozialdezernentin Karin Welge, die bedauert, dass die integrativen Arbeitsplätze wegfallen. Sie hofft, dass dem Hof Holz ein anderer Integrationsbetrieb folgen wird.
Der Werkverein Gelsenkirchen e. V. informiert
Der Werkverein Gelsenkirchen e. V. wird sich künftig auf seine traditionellen Aktionsfelder in den Gelsenkirchener Werkstätten sowie der Lebenswelt Gabriel konzentrieren. Die Geschäftsführung der 2005 gegründeten Hof Holz gGmbH musste heute beim Amtsgericht Essen wegen Zahlungsunfähigkeit Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens stellen. Die Hof Holz gGmbH betreibt in Gelsenkirchen das Begegnungszentrum Hof Holz und eine Hofgastronomie. Derzeit sind 33 Mitarbeitende auf dem Hof beschäftigt, davon 14 integrativ.
Die Geschichte des Werkvereins
Träger von Hof Holz ist der Werkverein Gelsenkirchen. Dieser besteht seit 1967 und konzentriert sich künftig auf die Gesellschaften Gelsenkirchener Werkstätten für angepaßte Arbeit gGmbH und Lebenswelt Gabriel gGmbH. Ziel des Vereins ist die Rundumversorgung von Menschen mit Behinderung. In den Einrichtungen des Werkvereins arbeiten über 850 Menschen mit und ohne Behinderung. Der Werkverein ist Mitglied der Diakonie Rheinland, Westfalen, Lippe der Evangelischen Kirche.
Der Geschäftsführer zur aktuellen Lage
Karsten Konnert, seit Oktober 2013 Geschäftsführer von Hof Holz, erläutert die aktuelle Situation: „Nach eingehender Analyse und Prüfung der wirtschaftlichen Situation war der Gang zum Insolvenzgericht unausweichlich. Nach Verlusten in 2012 fielen auch im abgelaufenen Geschäftsjahr die Verluste deutlich höher aus als erwartet. Durch den hohen Finanzierungsbedarf kann unser Hof in seiner bisherigen Form zukünftig nicht kostendeckend geführt werden.“ Konnert versichert, er werde den vom Insolvenzgericht bestellten vorläufigen Insolvenzverwalter „bei allen Anliegen nach bestem Wissen und Gewissen unterstützen.“ Welche Sanierungsoptionen es für die Hof Holz gGmbH geben kann, wird in den nächsten Monaten eingehend von der Insolvenzverwaltung überprüft und beurteilt werden. Der Betrieb soll bis auf weiteres fortgesetzt werden; die Gehälter der Mitarbeitenden sind durch das Insolvenzgeld vorerst gesichert.
„Wir haben in den vergangenen Wochen und Monaten unseren gesamten Geschäftsbetrieb auf den Prüfstand gestellt. Demnach arbeiten sowohl die Gelsenkirchener Werkstätten als auch die Lebenswelt Gabriel auf wirtschaftlich solidem Fundament. Auf deren erfolgreichen Geschäftsbetrieb müssen wir uns ab sofort konzentrieren und somit deren 850 Arbeitsplätze erhalten. Allein in den Gelsenkirchen Werkstätten arbeiten 650 Menschen mit Behinderung, deren Arbeitssituation sich nicht verändern wird“, erklärt Sebastian Schwager, seit kurzem Geschäftsführer des Werkverein Gelsenkirchen und der Gelsenkirchener Werkstätten.
Udo Brückner zeigt sich bestürzt
Udo Brückner, Mitglied des Rates der Stadt Gelsenkirchen und Vorsitzender des Beirat für Menschen mit Behinderung schreibt in einer Pressemitteilung:
"Mit Bestürzung habe ich davon Kenntnis erhalten, dass dieser Vorzeigebetrieb für integrative Beschäftigung beim Amtsgericht Essen die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt hat. Außerdem bin ich überrascht über den Zeitpunkt der Meldung, zumal dem Berat für Menschen mit Behinderung keinerlei Hinweise des Werksvereins Gelsenkirchen als Träger, bzw. Betreiber der Einrichtung bekannt waren. Nach meinem derzeitigen Kenntnisstand waren auch Politik und die zuständigen Stellen in der Stadtverwaltung nicht über die finanziellen Schwierigkeiten der Hof Holz gGmbH unterrichtet.
Schon das Insolvenzverfahren des unter der Trägerschaft des Werksvereins Gelsenkirchen stehenden Betriebs der Gewürzmanufaktur Fortkamp &Wiegers hat die Arbeitslosenquote der Menschen mit Behinderung in Gelsenkirchen die Höhe getrieben und einen herben Dämpfer versetzt. In diesem Betrieb waren 50% Menschen mit Behinderung beschäftigt.
Nun würden auf Hof Holz weitere 14 Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung wegfallen. Diesem Abbau von integrativen Arbeitsplätzen muss Einhalt geboten werden.
Hierzu wäre es ratsam, wenn sich alle Verantwortlichen an einem Runden Tisch zusammensetzen und Problemlösungen, nicht nur für Hof Holz, erarbeiten."
Sozialdezernentin Karin Welge bedauert Verlust integrativer Arbeitsplätze
Für die Stadt Gelsenkirchen bedauert Karin Welge, Vorstand für Arbeit und Soziales, Gesundheit und Verbraucherschutz, die Insolvenz des Integrationsbetriebs Hof Holz: „Es ist schade, dass ein im Stadtteil und darüber hinaus sehr gut angenommener Betrieb jetzt offenbar an den finanziellen Möglichkeiten scheitert. Der Hof ist ein gutes Beispiel für gelebte Inklusion. Er hat Menschen mit und ohne Behinderung ein Lern- und Lebensumfeld geschaffen, in dem sie gemeinsam ihre Freizeit verbracht und auch gemeinsam gearbeitet haben. Ich hoffe, dass sich für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch weiterhin geeignete Beschäftigungsmöglichkeiten finden.“
Auch wenn in diesem Fall ein Integrationsbetrieb gescheitert ist, sei dieses Instrument für die Inklusion enorm wichtig und unverzichtbar, so Karin Welge weiter: „Dieser wichtige Prozess in die inklusive Gesellschaft muss auch weiterhin vorangetrieben werden.“
Autor:silke sobotta aus Gelsenkirchen |
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