30 Jahre Demokratische Initiative
Im Einsatz für Menschenrechte

Alljährlich erinnert die Demokratische Initiative am 9. November an die Reichspogrom-Nacht. An Aktualität hat das Thema leider nicht eingebüßt: 2021 kam es zu Ausschreitungen vor der Neuen Synagoge. | Foto: Stadt Gelsenkirchen
  • Alljährlich erinnert die Demokratische Initiative am 9. November an die Reichspogrom-Nacht. An Aktualität hat das Thema leider nicht eingebüßt: 2021 kam es zu Ausschreitungen vor der Neuen Synagoge.
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  • hochgeladen von Stephanie Klinkenbuß

Vor 30 Jahren entschlossen sich engagierte Menschen dazu, ein deutliches Zeichen gegen Diskriminierung und Gewalt zu setzen - das war die Geburtsstunde der Demokratischen Initiative, der heute 29 Verbände, Initiativen, Vereine, Parteien, Kirchen, Gewerkschaften und Einrichtungen als aktive Mitglieder angehören.

Dabei war der Anlass für den Zusammenschluss der demokratischen Kräfte in Gelsenkirchen ein sehr trauriger. Die frühen 1990er Jahre waren geprägt durch zahlreiche rassistische Übergriffe und Gewalttaten. Allein zwischen Januar und November 1992 gab es etwa 1900 Gewalttaten mit rechtsextremem Hintergrund, darunter 606 Brandanschläge und 15 Sprengstoffattentate. Vielen Bürgern sind auch heute noch die Anschläge in Hoyerswerda, Rostock-Lichtenhagen und Mölln in Erinnerung, und auch die insgesamt 13 Todesopfer dieser Gewaltwelle.

Die erschreckenden Entwicklungen erforderten eine demokratische Gegenposition - und so gründete sich auf Initiative des damaligen Oberbürgermeisters Kurt Bartlewski und des Oberstadtdirektors Dr. Klaus Bussfeld am 4. Dezember 1992 die Demokratische Initiative als Zusammenschluss der demokratischen Kräfte. Seither ist sie ein wichtiger Pfeiler im Einsatz für Menschenrechte und Demokratie in der Stadt.

Bereits beim ersten Treffen traf man die Vereinbarung, künftig gemeinsam an jedem 9. November der Novemberpogrome von 1938 zu gedenken und die Gelsenkirchener zu einer breiten Beteiligung aufzurufen. Dies wird seit 30 Jahren konsequent umgesetzt.Seit 2020 ist die Demokratische Initiative zudem maßgeblich an der Organisation und Ausgestaltung der Internationalen Wochen gegen Rassismus beteiligt, die jedes Jahr im März stattfinden. Darüber hinaus wurden die Mitgliedsorganisationen von Beginn an aufgefordert, selbst Aktionen gegen rechte Gewalt durchzuführen.

Zu den Mitakteuren der ersten Stunde sind über die Jahre neue Organisationen und Institutionen hinzugekommen, sodass die Demokratische Initiative heute 29 Mitgliedsorganisationen zählt; der FC Schalke 04 ist seit August 2020 dabei. „Das jüngste Mitglied ist der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V.“, erklärt Dr. Daniel Schmidt.

Institut für Stadtgeschichte

Der Leiter des Instituts für Stadtgeschichte ist Teil der Geschäftsführung der Demokratischen Initiative. „Wir versammeln ein breites Spektrum von Akteurinnen und Akteuren aus dieser Stadt. Hinter der DI stehen viele tausend Menschen mit gemeinsamen Werten und demokratischen Überzeugungen“, so Schmidt, der hinzufügt: „Demokratie ist eine Daueraufgabe. Die Ziele, die sich die Demokratische Initiative vor 30 Jahren gesetzt hat, gelten auch heute noch.“ Die antisemitischen Ausschreitungen vor der Neuen Synagoge im Jahr 2021 machten erneut deutlich, wie wichtig ein starker demokratischer Gegenpol auch heute noch ist.

Auf der Internetseite www.di-gelsenkirchen.de sind die zahlreichen Aktionen der Initiative chronologisch aufgeführt. Dazu zählt etwa die legendäre Gegenveranstaltung zu einer NPD-Demonstration am 10. Juni 2006 vor dem Musiktheater mit Bühnenprogramm. Die Anschläge in Paris vom 7. Januar 2015 sowie die PEGIDA-Bewegung aufgreifend, erlangte das alte DI-Symbol Menschenkette neue Aktualität und wurde unter anderem als Großtransparent für LKW von Gelsendienste sowie als Buttons, Aufkleber und Plakate aufgelegt.

Am Jubiläumstag schaute die Demokratische Initiative in der Schauburg gemeinsam auf die Ereignisse und Initiativen der vergangenen 30 Jahre zurück. Dabei wurde auch an Michael Hannrath-Hanasek gedacht, der sich über 20 Jahre lang für die Initiative, unter anderem in der Geschäftsführung, engagierte und im Januar 2022 verstorben ist. In Erinnerung an die Startphase der Demokratischen Initiative wurde im Kinosaal zunächst eine Dokumentation über die Vorfälle in Rostock-Lichtenhagen im Jahr 1992 gezeigt. Ein Zeitzeugengespräch mit Dr. Klaus Bussfeld schloss sich daran an.

Gesellschaftspolitisches Handeln

Oberbürgermeisterin Karin Welge als Schirmherrin der Demokratischen Initiative unterstreicht: „Die Erinnerung an die vergangenen Jahre ist wichtig. Zugleich wollen und müssen wir nach vorne schauen, denn es ist ja so, weiterhin: Es liegt an uns, aus der Vergangenheit zu lernen und eine bessere Zukunft zu gestalten. Wir tun das, indem wir zum einen Gelsenkirchener Traditionen wie den 9. November bewahren, uns zum anderen aber auch neuen Formaten der politischen Bildung - wie etwa den Internationalen Wochen gegen Rassismus - zuwenden. Das ist eine Herausforderung, in mehrfacher Hinsicht. Weil wir in einer aufwühlenden Zeit leben, und weil wir in einer Stadt leben, deren Vielfalt kollektives gesellschaftspolitisches Handeln nicht unbedingt leichter macht. Diesem Thema werden wir in den bevorstehenden Jahren noch viele Ideen und viel Arbeit widmen.“

Autor:

Lokalkompass Gelsenkirchen aus Gelsenkirchen

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