Bewegende und motivierende Worte von Oberbürgermeister Baranowski beim Neujahrsempfang
Gemeinsam für die Stadt

Ein sichtlich gerührter Frank Baranowski stellte sich nach seiner Rede dem Applaus und den Standing Ovations der Gäste des Neujahrsempfangs. Foto: Gerd Kaemper
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  • Ein sichtlich gerührter Frank Baranowski stellte sich nach seiner Rede dem Applaus und den Standing Ovations der Gäste des Neujahrsempfangs. Foto: Gerd Kaemper
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„Demokratie verlangt Aufmerksamkeit, sie verlangt oft auch Geduld – was bekanntlich unheimlich knappe Güter sind. Aber nur Likes zu verteilen – das ist zu wenig. Denn Demokratie ist kein Konsumgut. Darum möchte ich gerne einen Grundsatz für das neue Jahr und sogar für das neue Jahrzehnt vorschlagen: Wir brauchen in der Tat wieder eine etwas stärkere und selbstbewusstere demokratische Haltung! Wir brauchen diese Haltung, denn unsere Demokratie braucht uns. Wir sind, jeder einzelne von uns, so sagt es die Autorin Juli Zeh sehr treffend, als Bürger das Rückgrat der Demokratie –‘sofern wir denn selbst ein Rückgrat besitzen‘“, diesen Wunsch richtete Oberbürgermeister Frank Baranowski bei seiner letzten Rede in diesem Amt zu einem Neujahrsempfang der Stadt Gelsenkirchen für die 20er Jahre dieses Jahrhunderts an die rund 800 versammelten Gäste.

Und Rückgrat zeigten die Menschen, die beim Neujahrsempfang im Mittelpunkt standen, denn das war kein prominenter Gastredner, sondern Bürger, die sich zum Wohle der Stadtgesellschaft engagieren. Eben ganz entsprechend dem Motto „...weil es unsere Stadt ist!“.
In seiner Rede berichtete Frank Baranowski vom Besuch des Bundespräsidenten in Gelsenkirchen. Baranowski nahm Frank-Walter Steinmeier, den er schon viele Jahre kennt und von dem er weiß, dass er meint, was er sagt, mit auf die Bahnhofstraße und den Weihnachtsmarkt. Der Bundespräsident erklärte: „Ist doch ganz schön hier. Es sieht hier doch ganz anders aus, als die Leute sich das von Berlin aus vorstellen! Viel besser!“
Darum richtete Baranowski sich an die Gelsenkirchener: „Nehmen wir den Eindruck von außen mal an. Sehen wir ruhig mal das Gute in der eigenen Heimat. Und lassen Sie uns mal häufiger trennen: Was an der Entwicklung unserer Stadt ist eigentlich spezifisch Gelsenkirchen? Was typisch Ruhrgebiet? Und was sind allgemeine Entwicklungen, die es überall gibt?“
Am Ende seiner Rede sprach Frank Baranowski Worte des Dankes an all jene, die ihn in seiner Amtszeit unterstützten, ihm zur Seite standen und mit ihm Gelsenkirchen prägten, und auch Worte des Abschieds, denn dies war sein letzter Neujahrsempfang als Oberbürgermeister. Dafür erhielt er von den versammelten Gästen minutenlange stehende Ovationen.
In Filmeinspielern von Frank Bürgin wurden mit Dr. Matthias Eickhoff ein Unternehmer, der sich für Gelsenkirchen als Standort seiner Firma Amevida entschieden hat; mit Peter Plesser ein Langzeitarbeitsloser, der dank des Teilhabechancengesetzes einer Beschäftigung am MiR nachgehen kann, die ihn das Lachen wieder gelehrt hat; und mit Olivier Kruschinski ein Mann, der durch sein Engagement für eine Aufbruchstimmung sorgt, die die ganze Stadt infiziert, gezeigt. So führt er bei seinen Mythostouren durch Schalke zu Sehnsuchtsorten, stellt sich mit #401 gegen sogenannte Umfrageergebnisse und engagiert sich als Geschäftsführer der Stiftung Schalker Markt.
In einem weiteren Filmbeitrag wurden die Ehrenamtler Petra Bec, die durch ihr Engagement bei "Gelsenkirchen packt an! Warm durch die Nacht!" bekannt ist, Norbert Labatzki, der alljährlich zur Straßenfeuer-Spendengala für die Obdachlosenhilfe einlädt, und Norman Dauksch, der bei der SSV Buer eine Jugendabteilung für Spieler mit Handicap ins Leben gerufen hat, vorgestellt.
Moderator Matthias Bongard lud seine Talkrundengäste in die Kulisse der Bar Romantica der Oper „Orlando Paladino“ ein. Er sprach mit der Grundschullehrerin Katharina Menne und dem als Flüchtling nach Gelsenkirchen gekommenen Nabil Ghobrial.
Katharina Menne zog es zum Studium weg aus Gelsenkirchen nach Schwäbisch Gmünd, zum Unterrichten kam sie aber ganz bewusst zurück und unterrichtet heute in der Grundschule an der Kurt-Schumacher-Straße, also mittendrin in Schalke-Nord und damit einem nicht ganz einfachen Stadtteil. Sie erklärte: „Es fällt schwer, hier wegzugehen. Wenn man hier aufgewachsen ist, trägt man Gelsenkirchen im Herzen.“
Der Ägypter Nabil Ghobrial wurde Gelsenkirchen „zugewiesen“ und ist sehr dankbar, dass er in den vergangenen fünf Jahren in Gelsenkirchen eine neue Heimat gefunden hat. „Hier fühlen wir uns sicher, akzeptiert und respektiert“, erklärt der Fremdenführer, der schon bald seinen Dienst als Busfahrer und Stadtführer bei Grafs Reisen antreten wird.
In der zweiten Gesprächsrunde sprach Bongard mit der Kulturpädagogin Marie Angerer, Clara Meyer zu Altenschildesche, die bei der Ehrenamtsagentur Gelsenkirchen für das Projekt Heldenpass zuständig ist und dem Start-up-Unternehmer Markus Hertlein von XignSys. Marie Angerer ist aktiv bei "Tausche Bildung für Wohnung" und bietet mietfreie Plätze in einer WG an der Bochumer Straße gegen Freizeitaktivitäten mit Kindern in Ückendorf an und das mit so großem Erfolg, dass eine zweite WG von der Stadterneuerungsgesellschaft Gelsenkirchen zur Verfügung gestellt wird.
Ebenfalls an der Bochumer Straße ansässig ist das Unternehmen XignSys, das sich an der Westfälischen Hochschule als Start-up gründete und mittlerweile 30 Mitarbeiter beschäftigt. Die Softwareschmiede möchte Amtsgänge vereinfachen und dabei helfen, die Gelsenkirchener Power nach draußen zu transportieren.
Clara Meyer zu Altenschildesche berichtete, dass mit Hilfe des Projekts "Heldenpass" an drei weiterführenden Schulen junge Leute an das Ehrenamt herangeführt werden, aber auch über diese Schulen hinaus junge Leute im Projekt engagiert sind.
Für eine musikalische Einlage sorgten die "Backstage Talents" des MiR mit drei Songs, die keinen Zweifel daran ließen, dass auch die Mitarbeiter, die sonst nicht auf der Bühne stehen, kreatives, musikalisches und stimmliches Potenzial haben.
Die "MiR Dance Company" zeigte Ausschnitte aus ihrem Ballett „Momo“ nach Michael Ende, das am Samstag, 25. Januar, Premiere im kleinen Haus des MiR feiert.
Kabarettist Christoph Siebert zeigte sich solidarisch mit Oberbürgermeister Frank Baranowski und forderte den Einsatz aller für den Erhalt der Demokratie, denn „die Demokratie ermöglicht es uns auch über das zu lachen, worüber wir lachen möchten.“ Bei manch einer seiner Visionen blieb allerdings das Lachen im Halse stecken, weil sie die Tatsachen sehr krass auf den Punkt brachten. Wie etwa diese: „Wer sich selbst immer der nächste ist, der hat am Ende niemanden mehr.“ Sehr schön war auch sein „App, App, App, fertig ist der Depp“, denn damit sensibilisierte er dafür, dass die neuen Medien nicht uneingeschränkt als Informations- und Bildungsquelle genutzt werden sollten.

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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