Gelsenkirchen – ein Steuerparadies?

Des einen Freud, des andern Leid: Würde diese junge Dame ihren Dienst in Dortmund verrichten, müsste sich sich vor dieser Aktion schon für 6 Euro ein Ticket geholt haben, das beweist, dass sie die Sexsteuer entrichtet hat. Foto: Gerd Kaemper
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Jetzt haben wir es schwarz auf weiß: In Gelsenkirchen versteht man mehr Spaß als in Dortmund. Als hätten wir es nicht immer schon gewusst.

Von Silke Sobotta

Hinter dieser Erkenntnis steckt nun die seit September 2010 in Dortmund geltende „Sex-Steuer“. Natürlich trägt das Konstrukt den eher langweiligen Titel „Vergnügungssteuersatzung der Stadt Dortmund für die Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen und das Angebot sexueller Handlungen“, aber was damit gemeint ist, dürfte allen klar sein.
Das führt nun in Dortmund dazu, dass der städtische Ordnungsdienst auch die Prostituierten, die sogenannten „Bordsteinschwalben“ kontrollieren und abkassieren muss. Denn im Amtsblatt der Stadt Dortmund von Freitag, 10. September 2010 heißt es: „Der Besteuerung unterliegen die im Gebiet der Stadt Dortmund veranstalteten nachfolgenden Vergnügungen (Veranstaltungen):
1. die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs sowie ähnlichen Einrichtungen;
2. das Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt in den in Nummer (Nr.) 1 genannten Einrichtungen sowie in Beherbergungsbetrieben, Privatwohnungen, Wohnwagen und Kraftfahrzeugen oder an sonstigen Orten.“
Letzteres lässt auch die freie Natur erahnen. Fakt ist jedenfalls: Überall, wo in Dortmund für Sex gezahlt wird, kassiert die Stadt mit.
Wäre das nicht auch eine nette Einnahmequelle für die Stadt Gelsenkirchen in Zeiten des Nothaushaltes?
Stadtpressesprecher Oliver Schäfer kann darüber nur müde lächeln, denn „in Köln und Dortmund gelten Sonderregelungen.“
Da haben wir es wieder! Warum dürfen die, was wir nicht dürfen? Diese Frage müsste der Innenminister beantworten, und den wollten wir dazu nicht bemühen.
Denn ganz unumstritten ist die Vernügungssteuer ja auch nicht. Das Oberlandesgericht in Münster hatte ihretwegen zwischenzeitlich ein Berufungsverfahren angestrengt. Daraufhin musste das Innenministerium den Gesetzestext überarbeiten und die Steuer neu genehmigen.
„Gelsenkirchen kassiert seit 2003 die Vergnügungssteuer für die etwa 25 Betriebe im Stadtgebiet, die diese Dienste anbieten. Die Höhe richtet sich dabei nach der Größe des Etablissements. Nach einer kurzen Unterbrechung wird seit 2009 die Steuer wieder erhoben. Denn zu diesem Zeitpunkt erhielten die Städte vom Innenministerium wieder grünes Licht dafür. Und weil die Steuer auch rückwirkend erhoben werden kann, ist der Stadt durch die Neuformulierung nichts entgangen“, erklärt Schäfer mit eher trockenen Worten die Angelegenheit aus Sicht der Stadt. Pro Jahr kommen dadurch rund 70.000 Euro ins Stadtsäckel.
Aber nochmal zur Verdeutlichung: In Gelsenkirchen zahlen nur die Betreiber von Clubs und Co die Steuer. Die Damen, die am Straßenrand ihre Dienste feilbieten, zahlen nichts.
In Dortmund zahlen sie 6 Euro pro „Arbeitstag“. Und das liest sich so: „Bei Veranstaltungen nach § 1 Nr. 2 beträgt die Steuer unabhängig
von der tatsächlichen zeitlichen Inanspruchnahme und
der Anzahl der sexuellen Handlungen für jede/n Prostituierte/n 6,00 Euro pro Veranstaltungstag. Es werden für jeden Kalendermonat
25 Veranstaltungstage zu Grunde gelegt. Wird der
Nachweis erbracht, dass weniger als 25 Veranstaltungstage im Kalendermonat stattgefunden haben, wird die Steuer entsprechend der Anzahl der nachgewiesenen Veranstaltungstage festgesetzt.“
Da wird es vielleicht der ein oder andere Mitarbeiter des städtischen Ordnungsdienstes bedauern, dass er nicht in Lüdenscheid-Nord seinen Dienst verrichtet und so manchen davon betroffenen Steuerschuldner wird es schon bald in kommunale Steuerparadiese wie Gelsenkirchen ziehen.

Autor:

silke sobotta aus Gelsenkirchen

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