Fragwürdige Umfrage bei der WAZ

Seit einigen Tagen befindet sich bei der WAZ-Online eine Umfrage auf der Startseite. (Mittlerweile abgeschlossen) Ich war neugierig, wie selbstkritisch dieses Medium mit seiner Arbeit umgehen will. Als ich mich näher mit der Umfrage beschäftigte, wurde ich immer skeptischer.

Einiges passt nicht zusammen und als ich eine aktuell veröffentlichte Dokumentation von ZDF-Info zum Thema „Telefon-Abzocke“ sah, schaute ich mir ein wenig näher die Datenschutzbestimmungen an. Die Sendung verlinke ich im Anschluss.

Was ich lesen musste, ließ mich Folgendes an den Chefredakteur der WAZ schreiben:

"Sehr geehrter Herr Tyrock,
sehr geehrte Damen und Herren,

Ihr Onlineportal waz.de weist auf eine Umfrage hin, in der Sie vorgeben, Ihr Angebot verbessern zu wollen. Dort ist zu lesen:

„Deshalb ist uns wichtig zu verstehen, was Sie an waz.de mögen - oder auch, was Ihnen an unserem Angebot nicht gefällt oder was Ihnen fehlt.“

Danach folgt zunächst eine Abfrage, die nicht in einer wirklichen Verbindung mit einem Verbesserungswillen zu stehen vermag.

1. Zum Einstieg bitten Sie um drei Begriffe, die dem Leser spontan zu Ihrem Online-Portal einfallen. Das sind Methoden aus Psychotests und wirken nicht seriös bei einer Umfrage, die den Anschein erwecken soll, selbstkritisch mit seinem Angebot umgehen zu wollen. Hier wurde ich schon skeptisch.

2. Danach fragen Sie, wie häufig der Leser andere Websites benutzt.

Frage: Welcher Zusammenhang besteht zu dem eigenen Profil und entsprechendem
Verbesserungswillen?

3. Bei der Frage, was Sie bieten müssen, um den Leser als Kunden zu gewinnen, besteht die Option „Anderes“. Nun wäre es Ihre Chance zu erfahren, was dieses „Anderes“ wäre, aber ein entsprechendes Feld sparen Sie aus. Dabei könnten sie an diese Frage gekoppelt konkrete Vorschläge erhalten.

4. Ihre Fragen, welchen Familienstand, welches Alter, welchen Schulabschluss, welches Einkommen der Leser hat, verstehe ich nicht, wenn es darum geht, was der Leser verbessert haben möchte. Auch die Frage nach Kindern erschließt sich in diesem Zusammenhang nicht. Man könnte fast vermuten, dass hier Werbeprofile erstellt werden könnten.

Ein Einkommen sagt nichts über den Intellekt des Lesers aus, nur über seine Solvenz, was die Interessen eines Werbepartners anbelangt.

Ein Schulabschluss sagt nichts darüber aus, wie die Interessen des Lesers gelagert sind. Es gibt Studierte, die sich in ihrem Wissen nicht weiterbewegen und es gibt Hauptschulabsolventen, die sich über die Jahre eine Menge Wissen angeeignet haben. Aber diese Frage ordnet einen Leser einer Zielgruppe zu, welche für Werbezwecke interessant sein könnte.

Die Frage nach der Postleitzahl in Verbindung mit einer Reflektion über Ihr Angebot müssen Sie mir bitte wirklich noch erklären.

Und dann locken Sie mit einem Gewinnspiel, bei dem eine E-Mail-Adresse angegeben werden muss. Dient diese Option vielleicht dazu, entsprechend zugeschnittenes Werbematerial an die Teilnehmer zu senden?

Eingangs lassen Sie den Leser wissen:

„Selbstverständlich sind alle Ergebnisse anonym und werden nicht weitergegeben.“

In Ihrer Datenschutzerklärung steht:

„Wir verwenden Ihre personenbezogenen Daten innerhalb der FUNKE MEDIEN NRW GmbH sowie unseren verbundenen Unternehmen. Diese Unternehmen sowie unsere externen Dienstleister, die in unserem Auftrag eine Datenverarbeitung durchführen, sind i. S. d. § 11 BDSG vertraglich verpflichtet, die personenbezogenen Daten nach den Vorschriften des BDSG zu behandeln.“

Wer jedoch diese verbundenen Unternehmen und externen Dienstleister sind, kann der Leser nicht unmittelbar erkennen. Wer bekommt alles die Möglichkeit, an Informationen dieser Umfrage zu gelangen? Bitte senden Sie mir entsprechende Informationen zu, damit ich sie in meinem Blog veröffentlichen kann.

Indem Sie mit einem Gewinnspiel an eine E-Mail-Adresse gelangen, ist diese Umfrage nicht mehr ganz anonym. Es ist nunmehr ein Leichtes, nach den Informationen, die der Leser im Vertrauen gegeben hat, Werbematerial gezielt an entsprechende E-Mail-Adresse zu versenden.

In der Teilnahmebedingung steht:

„Bei Mehrfachteilnahme oder falschen Angaben bei der Anmeldung kann ein Ausschluss vom Gewinnspiel erfolgen.“

Eine richtige Angabe ist somit personenbezogen und, ich wiederhole mich, nicht mehr anonym.

Der Datenschutz innerhalb der Teilnahmebedingung besagt:

„Es werden keine Daten an Dritte weitergeben.“

Wie geht dieser Datenschutz mit Ihrer grundsätzlichen Datenschutzerklärung konform?
Woher weiß der Leser, welcher Datenschutz auf die Umfrage anzuwenden ist? Welche hat Gewicht?

Und dass es gar nicht notwendig zu sein scheint, Daten an Dritte weiterzugeben, zeigt der Beitrag von ZDF-Info. Hier tritt der Burda Konzern, ebenfalls eine Mediengruppe, in Verbindung mit konzerneigenen Unternehmen auf, welche Daten nicht seriös verwendet.
Meine Skepsis scheint also nicht ungerechtfertigt, aber Sie können mich gerne überzeugen.

Wenn Sie Ihr Format verbessern möchten, kann ich Ihnen als Leser nur empfehlen, investigativer, kritischer und auch mit mehr Wissen zu berichten.

Die Qualität einer solchen Umfrage sollten Sie besser noch einmal überdenken. Meine Anfrage an Sie werde ich öffentlich halten. Gerne werde ich auch die Beantwortung der Fragen später veröffentlichen.

Ich würde mich über die Beantwortung meiner Fragen sehr freuen. Insbesondere die Information über die Auflistung der Partner oder verbundenen Unternehmen, welche Zugriff auf die Daten gemäß Ihrer Datenschutzerklärung erhalten, ist in diesem Zusammenhang sehr interessant.

Mit freundlichen Grüßen
Sandra Stoffers“

Anbei folgende Info zur Sendung "Tatort Telefon".

Das Unternehmen Daydreams, welches ein Gewinnspiel suggerierte, so wie das Inkasso-Unternehmen „Debitor-Inkasso“ sind beides Unternehmen der Mediengruppe Burda.

Und was schrieb die WAZ? „Wir verwenden Ihre personenbezogenen Daten innerhalb der FUNKE MEDIEN NRW GmbH sowie unseren verbundenen Unternehmen“, und werden sie nicht an Dritte weitergeben. Das ist bei solchen Konstrukten daher auch nicht notwendig.

Auch wenn der allgemeine Gedanke von "ich hab doch nichts zu verbergen" gerne noch in den Köpfen vieler Menschen steckt, so sei doch stets Skepsis geboten. Das erspart viel Ärger.

Autor:

Sandra Stoffers aus Recklinghausen

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