Erste Bürgeranfrage im Ausschuss für Arbeit und Soziales - Ja wo isse denn?
Am 10. Juni wurde meine Bürgeranfrage an den Ausschuss für Arbeit und Soziales zum Thema „Senkung der Kosten der Unterkunft“ behandelt. Bereits im Vorfeld gab es Unstimmigkeiten darüber, ob die Fristenregelung der Antragseinreichung für Bürger ebenso, wie für Ausschuss und Ratsmitglieder gilt. Die Rede ist von 16 Tagen. Mir wurde diese Frist nicht zugesprochen, die Bezirksregierung Münster prüft aktuell, ob die Stadt Gelsenkirchen die Gemeindeordnung entsprechend umsetzt.
Denn wäre meine Bürgeranfrage gemäß dieser Frist berücksichtigt worden, hätte ich auch im April an der Sitzung teilnehmen können. Aber alles kam ganz anders und dieser Text wird ihnen aufzeigen, wie kurios in der Stadt Gelsenkirchen Demokratie verstanden und Politik umgesetzt wird. Bleiben Sie dabei, denn es wird unterhaltsam.
Joachim Sombetzki gibt in seinem Bericht zur Ausschusssitzung folgende Stimmung wieder:
„Doch dann passiert das für alle nur schwer Fassbare. Die Inszenierung gerät ins Wanken. Tische, Stühle und Gläser stehen für Gäste bereit. Doch, was ist? Sie scheinen nicht anwesend zu sein.”
Und in der Tat, auch Seitens der Linken wurde ich darauf angesprochen, wieso ich nicht anwesend war. Nun, die Antwort ist so einfach wie logisch: Ich hatte einen Dienstvertrag zu erfüllen. Bei Nichterfüllung hätte es auch keine Geld gegeben. Wohl dem, der eine Arbeit hat und sich bezahlten Urlaub nehmen kann. Wohl dem, der Arbeit hat und Gleitzeit nehmen kann. Dass ein Bürger einfach eine andere Terminplanung hat, als die eines Ausschusses, scheint nicht nachvollziehbar. Noch mal bemerkt: Im April hätte ich dieser Sitzung beiwohnen können. Der Ausschuss ist nicht der Nabel der Welt und das hat er auch demonstriert. Denn es gibt natürlich noch mehr Gründe, wieso ich diesem Ausschuss fern blieb und künftig wohl auch fern bleiben werde.
Grund 1:
Die Studie, welche als Grundlage dafür genutzt wird, die Kosten der Unterkunft bei Neuanträgen im ALG II zu senken, wurde von einem Privatunternehmen ermittelt. Auf der Internetseite der Stadt Gelsenkirchen liest man Folgendes:
„Die Gewinnung, Beschaffung und Bereitstellung statistischer Informationen - kurz: von Daten und Fakten - sind die Hauptaufgaben der Statistikstelle der Stadt Gelsenkirchen. Statistische Datensammlungen werden hier ausgewertet, aufbereitet und gepflegt für Verwaltung, politische Gremien und - nicht zuletzt - für die Öffentlichkeit.“
Wenn es in der Stadtverwaltung eine entsprechende Abteilung gibt, wieso erhalten dann private Dienstleister diesen Auftrag? Nachdem diese Geschäftsbeziehung mit einem Privatunternehmen durchgeführt wurde, stellt sich die Frage, ob es nicht ein Kontrollorgan innerhalb der Stadtpolitik geben müsste, welches diese Geschäftsbeziehung und auch die daraus resultierenden Schlüsse und Umsetzungen prüfen und kontrollieren sollte? Dieser, einzig und allein DIESER Frage gehe ich seit dem hauptsächlich nach. Und auch diese Frage, welche Rolle der Stadtrat spielt, wurde von der Stadtverwaltung nicht beantwortet.
Grund zwei:
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales sollte doch eine Daseinsberechtigung haben, der ich versuche auf den Grund zu gehen. Da passiert in Gelsenkirchen was ganz Entscheidendes: Nachdem die Gebühren, welche die Nebenkosten der Miete erhöhen lassen werden (z. B. Abfall und Abwasser), war mir klar: Die Kosten der Unterkunft müssen erhöht und positiv angepasst werden. Plötzlich passiert das Gegenteil! Und das noch auf der Basis einer Studie, die sich auf einen längst vergangenen Zeitraum bezieht. Und der Ausschuss für Arbeit und Soziales wurde im Januar informiert. Danach passierte nichts! Der Stadtrat tagte – kein Tagesordnungspunkt zu diesem Thema. Der Ausschuss tagte – kein Tagesordnungspunkt zu diesem Thema. Ich schickte dem Ausschuss dann eine Mail, um meine Fragen beantwortet zu bekommen, ob der Rat der Stadt nicht prüfen sollte – keine Antwort zu diesem Thema. Und dieses Ignorieren nicht nur meiner Fragen, sondern des Themas, werte ich als die
Grund drei:
Zwischenzeitlich versuchte ich über die Facebookseite der SPD-Gelsenkirchen herauszufinden, wieso der Stadtrat dieses Thema ignoriert. Sie haben sogar eine eigene Rubrik „auf einen Kaffee mit“, in der aus dem Stadtrat berichtet wird. Genau da setzte ich meine Fragen an. Keine Antwort zu diesem Thema. Bei meinem zweiten Versuch fragte ich sogar gezielt nach, wieso mir überhaupt nicht geantwortet wird? – keine Antwort.
Vierter Grund:
Der Bürgerhaushalt wurde wieder aufgegriffen. Dazu steht auf der Internetseite: „Deshalb gilt: Auch bei Durchführung eines Bürgerhaushaltsverfahrens beschließt nach geltendem Kommunalrecht der Rat der Stadt die Haushaltssatzung und entscheidet damit letztlich über die Verwendung der der Kommune zur Verfügung stehenden Finanzmittel!“
Na Bitte! Auf diesem Weg könnte ich es ja noch mal versuchen, das Thema an den Rat der Stadt heranzuführen. Nach Abschluss der Bewertungsphase stand mein Vorschlag auf Rang 21. Obwohl keine weiteren Bewertungen mehr durchgeführt wurden, liegt er nun auf Rang 38. Da gilt es noch mal bei der Stadtverwaltung nachzufragen, welche Gründe hier vorliegen. Darüber hinaus erschließt sich mir der Grund nicht, wieso die Kosten der Unterkunft bei Neuanträgen gesenkt werden. Denn in folgender Quelle kann man verfassungsrechtliche Vorgaben nachlesen: „Allein der Kostendruck der Kommunen kann kein Kriterium für die Bestimmung der Angemessenheit sein.“ Ich bin schon auf die Reaktion des Stadtrates gespannt.
vierte Verarsche (ist zu erwarten)
Fünfter Grund:
Und nun beziehe ich mich auf meine Anfrage, die im Ausschuss für Arbeit und Soziales eingereicht wurde. Martin Gatzemeier, Stadtrat der Linken, brachte mich über Umwegen dazu, diese Anfrage zu starten. Während meine Anfrage nun schon zwei Monate darauf warten musste, behandelt zu werden, wurde ich in der Zwischenzeit schlauer und kam zu der Erkenntnis, dass hier meine Anfrage gar nicht richtig angebracht war. Dennoch ist es interessant zu wissen, wie sich dieser Ausschuss zum Thema verhält. Sorgt er dafür, dass der Stadtrat sich mit der Senkung der Kosten der Unterkunft im SBG II beschäftigt und die Studie auf ein schlüssiges Konzept hin prüft? Um nichts anderes ging es in meiner Anfrage. Die Stadtverwaltung bzw. Sozialdezernentin Frau Welge, reichte eine Beschlussvorlage zu meiner Anfrage mit dem Ergebnis ein: Die Anregung nach §24 GO NRW wird für erledigt erklärt.
Na, wenn die Angelegenheit für erledigt erklärt wird, brauche ich auch gar nicht mehr zu erscheinen. Denn es gilt eines ganz konkret zu erwähnen: Ich bin nicht in dieser Angelegenheit unterwegs, um eine demokratischen Willensbildung zu erlangen. Hier geht es nicht darum, Überzeugungsarbeit zu leisten und Meinungen zu bilden. Mein ganz konkretes Anliegen liegt daran, politische Organisationseinheiten dazu zu bringen, ihren Job zu machen. Eine Stadtverwaltung setzt nach irgendeinem ungeprüften Geschwurbel eines Privatunternehmens Maßnahmen um, und der Stadtrat kontrolliert nicht? Der Ausschuss rebelliert nicht? Wohin fehlende Kontrolle und nicht angewandte Ausschussarbeit führt, erleben wir gerade im Jugendamt-Skandal.
Alleine diese Beschlussvorlage, die im Umkehrschluss beinhaltet, nicht geprüft werden zu wollen hat sinngemäß das Geschmäckle eines Straftäters, der das eigene Gerichtsverfahren für erledigt erklärt. Dieses Pfofallala-Verhalten ist
Sechster Grund:
Und nun sind wir beim Höhepunkt dieser Veranstaltung angekommen. Um es noch mal zu verdeutlichen, ist meine Hauptfrage (oder eher Aufforderung!)
- Dass der Stadtrat die Empirica-Studie auf ein schlüssiges Konzept hin überprüft. Die Vorzeichen stehen eher auf „nicht schlüssig“.
- Dass der Ausschuss für Arbeit und Soziales tätig wird, in den Parteien und auch beim Stadtrat ein wenig „Dampf“ zu machen.
Und jetzt kommt der absolute Brüller. Die Begründung, wieso meine Anfrage für erledigt erklärt wird lautet:
„Die Fortschreibung der statistischen Daten erfolgt in einem zweijährigen Evaluationsrhythmus und wurde bereits im Wortbeitrag zur Mitteilungsvorlage „Anpassung der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung für Transferleistungsbezieher nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) sowie nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) ab 01.02.2015“ (Drucksachen Nr. 14- 20/918) in der Sitzung des Ausschusses für Soziales und Arbeit am 28.01.2015 durch die Verwaltung angekündigt.“
Aufmerksamen Lesern wird jetzt was auffallen. RÖCHTÖÖÖÖCH! Das ist eine Antwort auf nicht gestellte Fragen. Wären wir bei Jeopardy, würde die richtige Frage dazu lauten:
WANN wird die KdU den Lebenswirklichkeiten der Bezieher entsprechend angepasst?
Diese Frage habe ich jedoch gar nicht gestellt. Und somit ergibt sich
und es geht in diesem Punkt noch weiter!
Der Ausschuss für Arbeit und Soziales stimmt dieser Beschlussvorlage auch noch einstimmig zu.
Da dieser Ausschuss auch noch einer Beschlussvorlage zustimmt, die nicht meinen Fragen entspricht, gesellt sich zu Verarsche Nummer sechs noch die
Fazit:
Nachdem ich dem Ratsinformationssystem entnommen habe, dass meine Bürgeranfrage nicht beantwortet wurde, sondern nur einer Beschlussvorlage der Stadtverwaltung zustimmt, werde ich wohl noch mal eine Anfrage stellen müssen. Zu der ganzen Angelegenheit wird es noch bei der Bezirksregierung Münster eine entsprechende Beschwerde geben. Aber mich interessiert, wieso sich DIE LINKE auch für diese Beschlussvorlage aussprach und ich schrieb sie an. Als Antwort erhielt ich:
„Die Abstimmung ist falsch gezählt worden. Das ist schon, nach Protest von mir beim Schriftführer Herrn Mitschke, nach der Sitzung, korrigiert worden. Man versteht leider zuweilen den Vorsitzenden nur sehr schlecht. So etwas kommt öfter vor, auch bei anderen Parteien und in anderen Ausschüssen,- das ist also keine fiese Intrige gegen Die LINKE, und wird dann auch in der Niederschrift berichtigt.“
An eine fiese Intrige gegen die Linke habe ich nun wirklich nicht gedacht! Wenn so etwas öfter vorkommt, darf man davon ausgehen, dass Abstimmungen nicht immer richtig gezählt werden?
Ferner bat ich DIE LINKE-Ratsfraktion, mir die Frage zu beantworten, wieso sie keinen entsprechenden Antrag zu Prüfung der Empirica-Studie auf ihre Schlüssigkeit, im Stadtrat einreichen? Dazu erhielt ich folgende Antwort:
„Was die Überprüfung der Studie angeht, so können wir das gern überlegen. Ich befürchte nur, dass dies ausgehen wird, wie das Hornberger Schießen.“
Was ist das denn für eine Oppositionsarbeit? Überlegen?! Wäre es nicht deren Aufgabe, Fakten zu schaffen und keine Befürchtungspolitik zu fahren?
Und somit wurde Verarsche Nummer acht vollzogen.
Und wenn Sie denken, dass das Wort Verarsche kein angemessenes Wort für anständige Menschen ist, so möchte ich dazu sagen: Wofür gibt es so ein Wort, wenn es die Situation treffend beschreibt? Einen tollen Beitrag dazu kann man bei Youtube einsehen.: "Entspannt verarscht werden".
So lange in dieser Stadt kein Wille der Stadtpolitik erkennbar ist, den Bürger ernst zu nehmen, wird mein Platz bei Anfragen, etc. im Saal leer bleiben. Eines ist klar: Der Langzeitarbeitslose hat einfach keine Lobby.
Es bleibt spannend. Denn ich habe noch so viele Fragen.
Autor:Sandra Stoffers aus Recklinghausen |
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